Streiks lähmen Frankreich weiter
25. Dezember 2019Den großen Bahnhöfen in der Hauptstadt droht auch am Freitag teilweiser Stillstand. Fünf Metrolinien bleiben wohl ganz auf der Strecke, mehr als die Hälfte der TGV-Züge soll immerhin fahren, hofft die Bahn. An Heiligabend waren zehntausende Reisende, die zu Weihnachten ihre Familien besuchen wollten, in Paris gestrandet, an den Feiertagen sah es nicht viel besser aus.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft CGT Philippe Martinez sagte am Freitag beim Besuch eines blockierten Bus-Depots bei Paris, die Streikbewegung sei immer noch "stark" und werde von einer Mehrheit der Franzosen unterstützt. Die Ausstände dauerten bereits 23 Tage an und sind damit die längsten seit dem Winter 1995, als der damalige Präsident Jacques Chirac eine Sozialreform unter dem Druck der Straße kassierte.
Die Streiks richten sich gegen das zentrale Reformversprechen von Präsident Emmanuel Macron, der das komplizierte System mit 42 verschiedenen Rentenregelungen vereinheitlichen und das Milliarden-Defizit der Rentenkassen abbauen will. Besonders umstritten ist die faktische Anhebung des Renteneintrittsalters von derzeit 62 auf künftig 64 Jahre.
Der Streik wird vor allem von den Eisenbahner-Gewerkschaften getragen, allerdings beteiligen sich auch weitere Branchen und Einrichtungen an den Protesten, darunter die Pariser Oper. Vor deren Haupteingang hatten etwa 40 Tänzer am Dienstag aus Protest gegen die Reformpläne vor Passanten Ballett-Szenen aus "Schwanensee" aufgeführt. Dazu hielten die Tänzer Banner mit der Aufschrift "Kultur in Gefahr" in die Höhe.
Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und der Regierungen waren vergangene Woche gescheitert. Sie sollen am 7. Januar weitergehen. Die Gewerkschaften haben angekündigt, die Streiks so lange fortzusetzen, bis eine Einigung erzielt ist.
Allerdings geht die Verkehrsgesellschaft SNCF von einer leichten Besserung nach den Feiertagen aus. Am kommenden Wochenende sollen demnach sechs von zehn TGV-Schnellzügen fahren. Vergangenes Wochenende waren es nur fünf von zehn.
Die Streiks machen sich nach SNCF-Angaben auch deutlich bei den Einnahmen bemerkbar. Die Ausfälle beliefen sich mittlerweile auf 400 Millionen Euro, sagte SNCF-Chef Jean-Pierre Farandou der Zeitung "Le Monde". Die Industrieverbände bezifferten ihre Umsatzeinbußen auf 30 bis 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch auch die Streikenden haben nach drei Wochen im Ausstand mit Gehaltseinbußen zu kämpfen.
jj/ar/cw (dpa, afp)