Streiks in Frankreich: Tausende sitzen fest
24. Dezember 2019Zehntausende Franzosen, die die Feiertage mit ihren Familien verbringen wollen, sitzen wegen ausfallender Züge fest. Lediglich 40 Prozent der TGV-Schnellzüge fahren regelmäßig, wie die Verkehrsgesellschaft SNCF mitteilte. Im Nahverkehr sind sogar nur rund 20 Prozent der Züge im Einsatz. Am Dienstagnachmittag wurde der Nahverkehr von Paris in die Vorstädte komplett eingestellt. In der Hauptstadt fahren nur die beiden automatisch betriebenen Metro-Linien im üblichen Takt. Viele Reisende müssen improvisieren.
"Wir wissen nicht, was wir tun sollen", sagte der 66-jährige Joel Rossignon, der aus dem Osten Frankreichs in die Hauptstadt angereist war, um Weihnachten mit seinem außerhalb von Paris lebenden Sohn zu verbringen. "Wir haben versucht, ein Taxi vorzubestellen - schon gestern, aber es gab keine", fügte er hinzu.
Der 27-jährige Chemiker Juno Dormevil sagte, er habe Verständnis für die Streiks in einigen Sektoren, etwa in der Pflege, "jedoch nicht für die Eisenbahner". Die Belastung durch den Streik bezeichnete er als einen "täglichen Kampf". Für seinen Arbeitsweg brauche er inzwischen drei Stunden statt einer. "Ich habe keine anderen Transportmittel", fügte er hinzu.
Zwar unterstützt noch immer ein Großteil der Franzosen den Streik der Gewerkschaften, doch die Zustimmung sank zuletzt um drei Prozentpunkte auf 51 Prozent, wie eine Umfrage des Instituts Ifop ergab.
400 Millionen Euro Verlust
Der Ausstand kommt die SNCF teuer zu stehen. Es gebe bisher eine Umsatzeinbuße von rund 400 Millionen Euro, das sei "eine beachtliche Summe", sagte deren Chef Jean-Pierre Farandou der Tageszeitung "Le Monde".
Es gebe "keinen Grund", den Streik "plötzlich" einzustellen, betonte der Generalsekretär der Eisenbahnergewerkschaft CGT, Laurent Brun. "Damit die Züge rollen, ist eine positive Nachricht der Regierung nötig", ergänzte Roger Dillenseger von der Gewerkschaft Unsa.
Rasche Verhandlungen zur Lösung des Dauerkonflikts, der insbesondere in Paris Einzelhandel und Tourismus lähmt, sind allerdings nicht in Sicht. Eine erste Runde der Regierung mit den Sozialpartnern soll es am 7. Januar geben.
Die Rentenreform ist das zentrale Reformversprechen von Präsident Emmanuel Macron. Seine Regierung will die Zersplitterung in 42 verschiedene Einzelsysteme beenden und ein Renten-Einheitssystem schaffen. Besonders umstritten ist die faktische Anhebung des Eintrittsalters von derzeit 62 auf künftig 64 Jahre.
ni/wa (afp, dpa)