Ursachen der Tschad-Krise
5. Februar 2008Die aktuelle Krise im Tschad hat sowohl innen- als auch außenpolitische Hintergründe. Innenpolitisch ist Präsident Idriss Déby geschwächt, seit er 2005 eine Verfassungsänderung durchsetzte, die ihm bei den Wahlen 2006 eine erneute Kandidatur erlaubte. Damit verärgerte er auch einige seiner engsten Unterstützer aus dem eigenen Clan.
"Sammlung der Kräfte für den Wandel" (RFC)
Einer von ihnen, sein Neffe Timan Erdimi, führt jetzt eine der drei miteinander verbündeten Rebellen-Organisationen, die “Sammlung der Kräfte für den Wandel” (RFC). Débys eigener Clan der Zaghawa fürchtet offenbar, dass der Präsident nur noch seine engere Familie an der Macht beteiligen will.
"Union der Kräfte für Demokratie und Entwicklung" (UFDD)
Die zweite große Rebellengruppe, die "Union der Kräfte für Demokratie und Entwicklung" (UFDD), wird ebenfalls von einem früheren Verbündeten Débys geführt. Mahamat Nouri war einst Verteidigungsminister Débys und vor dessen Machtübernahme 1990 ein enger Freund des von Idriss Déby gestürzten Präsidenten Hissène Habré. Nouri und seine UFDD wollen nicht nur Déby aus dem Amt vertreiben, sondern die Macht der Zaghawa insgesamt brechen. Kenner des Tschad gehen deshalb auch davon aus, dass das Zweckbündnis der seit Dezember 2007 vereinten Rebellen-Armeen nicht lange halten dürfte. Die dritte Rebellengruppe ist die UFDD-Fondamentale, eine Splittergruppe der UFDD.
Kampf innerhalb des arabisch-muslimischen Nordens
Der Kampf um die Macht im Tschad ist in den vergangenen Jahren auch deshalb heftiger geworden, weil das einstige Armenhaus Afrikas seit kurzem über eigene Erdölquellen verfügt. Innenpolitisch ist auch der jüngste Konflikt ein Kampf innerhalb des arabisch-muslimischen Nordens. Der schwarzafrikanisch-christlichen Bevölkerung im Süden bleibt wieder einmal nur die Zuschauerrolle.
Hilfe aus dem Sudan gegen den Déby-Clan?
Außenpolitisch deutet vieles darauf hin, dass die Rebellen Hilfe aus dem Sudan bekommen. Die Regierung in Khartoum wirft Idriss Déby schon lange vor, die gegen die Zentralregierung kämpfenden Rebellen in der an den Tschad angrenzenden Region Darfur zu unterstützen.
Der Déby-Clan der Zaghawa lebt auf beiden Seiten der Grenze und bildet die Basis einer der wichtigsten Rebellengruppen in Darfur. Für eine Beteiligung des Sudan spricht auch der Zeitpunkt der Offensive. Der Angriff auf die Hauptstadt erfolgte nur wenige Tage, bevor die Europäische Union ihre Friedenstruppe in den Osten des Tschad an die sudanesische Grenze schicken wollte. Khartoum hat mehrfach deutlich gemacht, dass es weder in Darfur selbst noch an seiner Grenze internationale Truppen wünscht.