UN verurteilen Angriff
4. Februar 2008Der französische UN-Botschafter Jean-Maurice Ripert sagte am Montag (4.2.2008) in New York, die UN-Erklärung fordere Mitgliedstaaten auf, "der rechtmäßigen Regierung des Tschads zu helfen". Er könne aber noch nicht sagen, ob Frankreich militärisch eingreifen werde. Die Kämpfe in N'Djamena dauerten den dritten Tag in Folge an, wie eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks in Genf, Helene Caux, mitteilte. Tausende Menschen flohen aus der Hauptstadt. Am Wochenende wurden nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin auch 50 Deutsche aus dem zentralafrikanischen Land evakuiert. Auch der deutsche Botschafter habe das Land verlassen und sei in die Hauptstadt von Gabun, Libreville, ausgereist, erklärte ein Sprecher.
Unterstützung vom Nachbarn?
Die tschadische Regierung warf dem benachbarten Sudan vor, die Rebellenoffensive zu unterstützen. Auch Frankreich vermutete eine sudanesische Verwicklung. "Warum passiert diese Intervention jetzt?" fragt ein Berater des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, Claude Gucant, im Rundfunksender Europe-1. "Es war der letzte Moment für den Versuch des Sudans, vor der Ankunft der (EU-Schutztruppe) EUFOR das Regime von (Präsident) Idriss Deby zu liquidieren."
Die Rebellen hatten am Freitag von der sudanesischen Grenze kommend N'Djamena erreicht. Am Samstag drangen sie in der Hauptstadt ein. Am Sonntag gingen die Regierungstruppen zum Gegenangriff über. Ein französischer Militärsprecher, Hauptmann Christophe Prazuck, sagte, die Kämpfe seien sehr heftig und es würden schwere Waffen eingesetzt. "Vermutlich wurden sehr viele Menschen getötet und verwundet." Genaue Zahlen gab es nicht. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen teilte mit, sie habe 70 Verletzte behandelt, darunter sei nur einer ein Kämpfer gewesen. Das tschadische Rote Kreuz habe ihr mitgeteilt, Krankenhäuser in der Hauptstadt hätten rund 200 Verwundete aufgenommen.
Gegenseitige Vorwürfe zwischen Sudan und Tschad
Die Rebellen haben erklärt, sie hätten am Sonntag den Grenzort Adre eingenommen, in dem die EUFOR stationiert werden soll. Die tschadische Regierung erklärte, der Angriff sei zurückgeschlagen worden. General Mahamat Ali Abdallah Nassour sagte, sudanesische Soldaten seien bei dem Angriff auf Adre beteiligt gewesen. Dies komme einer Kriegserklärung gleich. Der tschadische Außenminister Amad Alla-Mi sagte: "Sudan will nicht diese (EUFOR-) Truppe, weil diese ein Fenster zum Völkermord in Darfur öffnen würde."
Der sudanesische Außenamtssprecher Ali al Sadek wies eine Beteiligung sudanesischer Truppen bei den Kämpfen im Tschad zurück. "Wir betonen, dass der Sudan keine Seite in irgendeiner Art unterstützt", sagte er am Sonntag. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief alle Staaten in der Region auf, die Unverletzlichkeit internationaler Grenzen zu respektieren. Er sei sehr besorgt über die Entwicklung, die die ohnehin schon schlechte humanitäre Lage von 285.000 Flüchtlingen und 180.000 Binnenvertriebenen im Tschad noch zu verschlimmern drohe.
Erst 200 EUFOR-Soldaten im Tschad
Die EU verschob unterdessen die Stationierung der EUFOR-Truppe im Tschad bis auf weiteres. EUFOR-Sprecher Oberstleutnant Philippe de Cuzac sagte am Montag auf Anfrage, so lange die Lage instabil sei, bleibe der geplante Einsatz auf einen "Standby-Modus" beschränkt. Der Sprecher schloss nicht aus, dass es zu einer Verzögerung bei der geplanten Einsatzbereitschaft der EU-Truppen im März kommen werde. Das hänge aber davon ab, wie sich die Lage im Tschad.
Derzeit befinden sich nach EUFOR-Angaben rund 200 EU-Soldaten im Tschad. Die meisten seien Franzosen. Es seien aber auch Iren, Niederländer und Schweden darunter. Sie hielten sich fast alle in N'Djamena auf. Nach Angaben der slowenischen EU-Präsidentschaft halte die EU an dem Ziel der Stationierung von EU-Friedenstruppen zur Sicherung der Flüchtlingslager fest. Die Soldaten sollten stationiert werden, "sobald die Umstände es erlauben".
Die EU-Außenminister hatten vor einer Woche die Entsendung von rund 3700 Soldaten beschlossen. Ziel der auf zwölf Monate angelegten bislang größten EU-Militärmission ist nach EU-Angaben der Schutz von Flüchtlingen aus dem Sudan und von Vertriebenen aus dem Tschad. Die EU-Soldaten sollen zudem gewährleisten, dass humanitäre Helfer arbeiten können sowie den in der Region stationierten rund 300 UN-Polizisten Schutz bieten und ihre Bewegungsfreiheit sichern. (mg)