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Sorge um Hongkongs Pressefreiheit

Christoph Ricking, Xiegong Fischer31. Januar 2015

Am Sonntag wird in Hongkong wieder für mehr Demokratie demonstriert. Der chinesischen Regierung ist die Berichterstattung über die Proteste ein Dorn im Auge. Journalisten beklagen zunehmenden Druck aus Peking.

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Journalisten Protest Hongkong
Bild: Reuters

Während kritische Journalisten in Peking, Shanghai oder Guangzhou um ihre Freiheit fürchten müssen, haben ihre Kollegen in Hongkong ein relativ sicheres Arbeitsleben. Denn die Millionenmetropole am Perlflussdelta genießt seit der Übergabe der Briten an die Volksrepublik China im Jahr 1997 weitgehende Autonomie und damit verbunden Grundrechte wie Meinungs-, Versammlungs- oder Pressefreiheit.

Pressefreiheit am "Wendepunkt"

Doch die Pressefreiheit in Hongkong ist in akuter Gefahr, wie die Internationale Journalistenvereinigung (IJF) in einem aktuellen Bericht warnt. Darin zitiert die Organisation drei Journalisten, die jedoch aus Sorge vor Repressionen anonym bleiben wollen. Die Pressefreiheit in der Stadt stehe an einem "Wendepunkt", es herrsche ein Mangel an redaktioneller Unabhängigkeit, beklagen die Journalisten in dem Bericht. Die Einflussnahme aus Peking sei "rau und unverhüllt".

"Einige Hongkonger Journalisten haben direkte und indirekte Drohungen erhalten, von Personen aus Festland-China", sagt Serenade Woo von der IJF. Besonders seit den Occupy-Protesten für Demokratie, die Hongkong im vergangenen Herbst in Atem hielten, sei die Situation der Medien in Hongkong besorgniserregend. Für Sonntag (01.02.2015) ist nach einer längeren Pause eine neue Großkundgebung angekündigt.

Zum "Teetrinken" mit der Staatssicherheit

Journalisten berichteten von Drohanrufen, sagt Woo. Manche Reporter seien zum "Teetrinken" eingeladen worden – ein freundlicher Begriff für eine Vorladung bei den chinesischen Sicherheitsbehörden. "Die Journalisten wurden gebeten, nicht oder weniger über die Occupy-Bewegung zu berichten. Oder sie wurden gefragt, was für Berichterstattung sie planten. Manche wurden gebeten, mehr über die Anti-Occupy-Bewegung, also die Pro-Peking-Bewegung zu berichten", so Woo.

Zudem beobachtet die IJF, dass Peking-kritische Medien wirtschaftlich unter Druck gesetzt werden. Besonders kleine Zeitungen und Medienunternehmen seien betroffen, sagt Serenade Woo. "Ihnen sind plötzlich wichtige Werbekunden abgesprungen. Das könnte damit zusammenhängen, dass diese unabhängigen Medien nicht der 'Richtlinie' aus Peking folgen wollten."

China Hongkong Regenschirmrevolution Demonstration mit Regenschirmen Platz
Seit den Occupy-Protesten hat sich die Situation von Journalisten verschärftBild: picture-alliance/dpa/A. Hofford

Einschüchterungen wirken

Die Hongkonger Journalistin Annie Cheung ist selbst schon zum "Teetrinken" eingeladen worden. Sicherheitsbeamte vom Festland kämen dafür extra nach Hongkong, sagt Cheung. "In der Regel drohen sie mit allem, was Journalisten wichtig ist, wie beispielsweise, dass sie keine Einreisegenehmigung bekommen, oder die Medienunternehmer keine Geschäfte mehr mit Partnern vom Festland abschließen können."

Und die chinesischen Behörden haben mit ihren Einschüchterungen offenbar Erfolg. "Die Berichterstattung über die Occupy-Bewegung im vergangenen Jahr ist das beste Beispiel dafür, wie unkritisch und unfrei Hongkongs Presse geworden ist", sagt Cheung. "Für mich ist diese einseitige Berichterstattung, sprich, Anti-Occupy-Bewegung, das eindeutige Ergebnis von Pekings Einfluss." Es gebe nur noch sehr wenige Medien die es wagen würden, die Occupy-Bewegung zu unterstützen.

Messerattacke auf Journalisten

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen lag die ehemalige britische Kronkolonie im Jahr 2002 noch auf Rang 18 – damals nur einen Platz hinter den USA. 2014 lag Hongkong auf Platz 61 in direkter Nachbarschaft zu Mauretanien und dem Senegal. Und schon vor Beginn der Occupy-Proteste gab es Übergriffe auf Journalisten. Im Februar letzten Jahres sorgte ein Messerangriff auf den Journalisten Kevin Lau für einen Schock in Hongkong. Der Chefredakteur der liberalen Zeitung "Ming Pao", die in ihrer Berichterstattung auch Peking nicht schont, wurde dabei schwer verletzt. Die Täter konnten fliehen. Viele sehen in der Attacke auf Lau einen Angriff auf die Pressefreiheit. "Er galt und gilt unter uns Journalisten in Hongkong als jemand, der kein Blatt vor den Mund nimmt und sich keiner Medienzensur beugt", sagt Woo. "Das kann kein Zufall gewesen sein."

Zustand der Pressefreiheit in der Volksrepublik "beklagenswert"

Angela Köckritz
Die Journalistin Angela Köckritz verließ China Hals über KopfBild: Stefanie Schweiger

Und auch in Festland-China ist die Presse in den vergangenen Jahren noch stärker unter Druck geraten. "Seit Xi Jinping 2013 Präsident von China wurde, hat sich die Lage beständig verschlechtert", schreibt die IJF in ihrem Bericht. Die Presse- und Meinungsfreiheit sei in einem "beklagenswerten" Zustand. Auch versuchten chinesische Behörden, Einfluss auf Heimatredaktionen internationaler Medien zu nehmen. Das hat die deutsche Journalistin Angela Köckritz am eigenen Leib erfahren. Nachdem die China-Korrespondentin der Wochenzeitung "Die Zeit" über die Proteste in Hongkong berichtet hatte, wurde ihre chinesische Assistentin Zhang Miao festgenommen. Anschließend wurde Köckritz von den Behörden so stark bedroht, dass sie China Hals über Kopf verließ. Zhang Miao sitzt immer noch in Haft.

Vor einigen Tagen starteten die Zensurbehörden offenbar eine neue Kampagne: In der Volksrepublik sind nun auch so genannte Virtual Private Network-Verbindungen (VPN) massiv gestört. Viele Chinesen nutzten bislang diese Dienste, um die "Great Firewall", wie die Mauer um Chinas Internet genannt wird, zu umgehen. So ist es für Internetnutzer nun fast unmöglich, Facebook, Twitter und andere in China gesperrte Webseiten aufzurufen.