Sondierungen: Kurz vor dem Finale
10. Januar 2018Michael Grosse-Brömer, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag gab bei seinem kurzen Pressestatement vor der CDU-Zentrale zu erkennen, dass die "harten Verhandlungen" nun an dem Punkt seien, an dem die Ergebnisse zusammengebracht würden. Dass das nicht einfach sei, liege in der Natur der Sache. Schließlich gehe es jetzt um die verschiedenen "Herzensanliegen der Parteien", für die man auch gewählt worden sei. Am letzten Tag müssten sicherlich noch einige "dicke Brocken" aus dem Weg geräumt werden. Doch er sei in letzter Konsequenz zuversichtlich und optimistisch, sagte der für den heutigen Tag bestimmte "Pressesprecher der Sondierungen".
Regierungsbildung im Verzug
Zugegeben, für Außenstehende oder im Ausland ist das, was in Deutschland gerade unter dem Stichwort Regierungsbildung läuft, wohl nicht auf Anhieb nachvollziehbar. Gewählt wurde am 24. September des vergangenen Jahres. Nun, in dieser zweiten Woche des neuen Jahres, sitzen die Koalitionspartner von SPD, CDU und CSU, die sich schon aus zwei Legislaturperioden unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel kennen, wieder beieinander.
Selbst wenn man sich schon kennt, geredet werden musste trotzdem. Denn die alte Koalition arbeitete nach einem ziemlich umfangreichen und detailreichen Koalitionsvertrag, der in vielen Punkten abgearbeitet ist. Deshalb müssen neue Ziele für eine neue "Große Koalition" (GroKo) formuliert werden.
Drei Partner unter Druck
Der Druck auf die Verhandlungspartner ist immens. Deshalb wird dieser Tage immer wieder gegenseitig an die staatsmännische Verantwortung des anderen appelliert. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich die drei Parteivorsitzenden - Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) - ein Scheitern nicht leisten können, was ihre weitere politische Karriere betrifft. Interessant, dass wohl aus Unionskreisen der auflagenstarken "Bild"-Zeitung gesteckt worden war, dass Schulz angeblich gesagt hat, seine politische Zukunft hänge vom Verhandlungsergebnis ab. Das mögen viele an der GroKo-skeptischen SPD-Basis, die das letzte Wort haben soll, nicht gern oder vielleicht doch gern gehört haben. Es gibt auch jetzt nicht nur GroKo-Freunde.
Doch auch Seehofer steht unter Druck. Jüngst kam er gerade noch mit einem blauen Auge aus einem parteiinternen Machtkampf: Er wird zwar seinen Posten als bayerischer Ministerpräsident los, will aber selbst entscheiden, wann er das Amt als Parteivorsitzender der CSU abgeben will. Der durch ein mieses Bundestagswahlergebnis für die CSU geschwächte Seehofer muss jetzt mit einem ordentlichen Verhandlungsergebnis nach Bayern kommen, wo im Oktober wichtige Wahlen für den Landtag anstehen.
Letztendlich ist aber auch Merkel auf einen Erfolg angewiesen, will sie weiterhin Kanzlerin bleiben. Alle wollen - und müssen - also miteinander. Deshalb gab es auch am vierten von fünf Verhandlungstagen am Ende ein optimistisches Statement.
Mahnung an mehr Disziplin
Was bislang nicht hundertprozentig klappte, war die Kommunikation mit den Medien. Eigentlich wollten die drei Partner tagsüber Stillschweigen bewahren und das Übermitteln des Zwischenergebnisses jeweils nur einer Person überlassen. So mancher Politiker hielt sich nicht an die Regieanweisungen und sagte den wartenden Journalisten doch einen oder mehrere Sätze in die Kameras, als sie in oder aus dem Verhandlungsgebäude kamen.
Darüber hinaus kamen auch so manche angebliche Zwischenstände der Verhandlungen an die Öffentlichkeit. Was Medienberichten zufolge SPD-Chef Schulz zu mahnenden Worten in Richtung Union veranlasst haben soll, die Gespräche durch weitere Durchstechereien nicht weiter zu belasten.
Geld ist eigentlich genug da
Am Donnerstag sollen die Verhandlungen in der SPD-Zentrale zu Ende geführt werden. Wie üblich bei solchen Verhandlungen, sollen die Knackpunkte in einer langen Nacht ausgeräumt werden. Dazu wird auch gehören, die vielen Wünsche an die Realität anzupassen. Es gebe zwar einen Spielraum von immerhin 45 Milliarden Euro für die Zeit bis 2021, heißt es. Aber die Wünsche sollen nach Medienberichten mehr als doppelt so hoch sein.
Dass allerdings überhaupt Geld da ist, was verteilt werden kann, ist die Basslinie unter den Verhandlungen, die eigentlich für Zuversicht sorgen sollte. Passend dazu kam am Mittwoch die Nachricht, dass aus dem Bundeshaushalt des vergangenen Jahres noch rund zehn Milliarden übrig bleiben. An einer solchen soliden Haushaltspolitik, also keinen neuen Schulden, wolle man festhalten, sagte Grosse-Brömer. Darin bestehe immerhin Einigkeit.