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Politik

Koalitionäre in spe schleifen Klimaziele

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Jens Thurau
9. Januar 2018

Aus den Sondierungsgesprächen ist durchgesickert: Union und SPD geben das Klimaziel für 2020 auf. Ein Offenbarungseid für die deutsche Klimaschutzpolitik, der trotzdem Chancen eröffnet, meint Jens Thurau.

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Deutschland Klimaziele der EU- Schriftzug «CO2» brennt
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Eigentlich hatten sich CDU, CSU und SPD ja hoch und heilig geschworen, aus ihren Sondierungsgesprächen nichts mehr nach draußen dringen zu lassen. Lange hat der Schwur nicht gehalten. Und so ist die Aufregung in Berlin groß über die Absage der möglichen künftigen Regierung, was das Klimaziel bis 2020 angeht. Von Wählertäuschung spricht die Opposition, zu Recht. Denn im Wahlkampf hatten sowohl die Kanzlerin als auch SPD-Chef Martin Schulz versprochen, den Plan, bis 2020 40 Prozent der Klimagase einzusparen, doch noch irgendwie zu erreichen. Etwa 30 Prozent davon sind bislang geschafft, die Zeit bis 2020 ist knapp, und es hätte wohl einer größeren Kraftanstrengung bedurft, die Zielmarke noch irgendwie zu erreichen. Viele ältere und schmutzige Kohlekraftwerke hätten stillgelegt werden müssen, auch im Verkehrs-und Agrarbereich wären energischere Schritte notwendig geworden. Das traut sich die mögliche neue Regierung offenbar nicht zu. Schade.

Wenigstens ehrlich

Auf der anderen Seite: Die Einsicht in die Unerreichbarkeit der Vorgaben ist wenigstens ehrlich. Hinter vorgehaltener Hand war in den Parteien und Ministerien schon lange davon gesprochen worden, dass die Ziele kaum haltbar sind. Und wie immer, wenn ein Vorhaben scheitert, wird die Erfüllung in die Zukunft verschoben. Das Ziel, bis 2030 sogar 55 Prozent der Gase zu vermeiden, wollen die Koalitionäre offenbar beibehalten. Sind ja auch noch zwölf Jahre. Dann wird selbst Angela Merkel nicht mehr im Amt sein.

Das passt zur Klimapolitik der letzten Jahre

Die Aufgabe des Klimaziels ist also irgendwie folgerichtig. Und passt zur deutschen Klimapolitik der letzten Jahre. Nach Atomausstieg und Energiewende mit dem Ausbau von Wind- und Sonnenstrom hat die Politik offenbar mehrheitlich das Gefühl, genug getan zu haben zur Rettung der Welt. So versprach die Kanzlerin zwar, ebenfalls bis 2020, eine Million Elektroautos auf die Straßen zu bringen, beerdigte das Ziel dann aber sang- und klanglos. Ist halt nicht zu schaffen. Anfang 2017 gab es gerade einmal etwas mehr als 30 000 Autos mit E-Antrieb im Lande. Krachend verfehlt ist noch harmlos ausgedrückt.

Notwendig: Ein Gesetz zum Kohleausstieg

Aber zurück zum Klimaziel: Nach dem Motto. Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert, hat der Beschluss, das Klimaziel zu beerdigen, auch etwas Gutes. Immerhin wollen Union und SPD nun einen konkreten Ausstiegsplan für die Kohle erarbeiten und dazu ein verbindliches Gesetz verabschieden. Eine Idee, die die Umweltministerin schon in der letzten Wahlperiode hatte, damit aber am Widerstand ihres Parteifreundes Sigmar Gabriel, damals Wirtschaftsminister, und des Kanzleramtes scheiterte. Das Ende der Kohleverstromung ist die wichtigste klimapolitische Aufgabe der nächsten Jahre. Wenn es jetzt verbindlich beschlossen wird, ist es auch hinnehmbar, damit noch ein paar Jahre zu warten. Besser jedenfalls als weitere vollmundige Versprechen, die dann keiner einhält.

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DW-Hauptstadtkorrespondent Jens Thurau

Deutschland muss jetzt bescheidener auftreten

Aber auf dem internationalen Parkett sollte Deutschland dann künftig etwas weniger großspurig den Klimavorreiter geben. Schon kommen aus Osteuropa, aus der Ukraine etwa, Stimmen, die sich den erhobenen deutschen Zeigefinger beim Abbau der Treibhausgase nicht mehr gefallen lassen wollen. Im Dezember findet in Kattowitz die nächste UN-Klimakonferenz statt, das Kohleland Polen wird sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, den ohnehin unbeliebten Nachbarn Deutschland vorzuführen. Und für die Grünen, die in den Jamaika-Gesprächen ehrgeizige Pläne zur Stilllegung von Kohlekraftwerken ausgehandelt hatten, ist die Aufgabe des Klimaziels ganz zu Beginn der Sondierung der beiden großen Parteien ein Konjunkturprogramm.

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