1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU muss für Pariser Klimaziele nachlegen

19. Dezember 2017

In der EU wird derzeit über die künftige Klima- und Energiepolitik gerungen. Nach bisherigen Plänen will die EU ihre CO2-Emissionen bis 2030 um 40 Prozent senken. Aber reicht das zur Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels?

https://p.dw.com/p/2pZTH
Eisbär auf kleinen Eisscholle
Bild: picture-alliance/H. Bäsemann

"Ich möchte, dass Europa im Kampf gegen den Klimawandel führend ist", sagte Jean-Claude Junker vor dem EU-Parlament in diesem Jahr und fordert den Schutz des Planeten. Damit stellt sich die EU klar hinter das Klimaabkommen von Paris. Zum Auftakt der UN-Klimakonferenz im November in Bonn sagte der EU-Kommissionspräsident für Energie Miguel Arias Cañete dann, dass es jetzt an der Zeit sei, "den Ehrgeiz in Taten umzusetzen und die Umsetzung zu beschleunigen." Aber wie lautet nun das Vorhaben der EU, wie genau sollen die Pariser Klimaziele umgesetzt werden?

Gut geplant ist halb...?

Vor dem historischen Klimaabkommen von Paris im Dezember 2015 beschloss die EU 2014, ihre klimaschädlichen Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu senken. Damit diese Ziele erreicht werden, soll der Anteil der erneuerbaren Energien auf mindestens 27 Prozent ansteigen - und der gesamte Energieverbrauch durch mehr Energieeffizienz um 30 Prozent sinken.

Im Rahmen eines umfangreichen Gesetzespakets, dem "Clean Energy for All European", wird derzeit über zahlreiche Maßnahmen zwischen EU-Parlament, der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten gerungen, damit die Energie in Europa möglichst sicher und günstig ist und der erforderliche Klimaschutz auch gelingt.

Ende 2018 soll das Gesetzespaket für die neue Energie- und Klimapolitik in der EU stehen. Dieses prägt dann den Umbaupfad der nächsten zehn Jahre.

UN-Klimakonferenz 2017 in Bonn | Claude Turmes, Die Grünen
Schafft die EU die Pariser Klimaziele? EU-Abgeordneter Claude Turmes zeigt auf der Klimakonferenz den Handlungsbedarf. Bild: DW/G. Rueter

Reichen die EU-Pläne für das Zwei-Grad-Ziel?

Im Weltklimavertrag verpflichten sich die Staaten, die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten und alles dafür zu tun, dass die globale Temperatur im Durchschnitt möglichst nicht über 1,5 Grad steigt. Das Ökoinstitut hat nun in einer Studie im Auftrag der Grünen Europafraktion ausgerechnet, was dies für die EU bedeutet.

Um das Zwei-Grad-Ziel mit einer großen Wahrscheinlichkeit zu erreichen, dürfen nach Berechnungen der Wissenschaftler weltweit höchstens noch 890 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre emittiert werden. Um das 1,5 Grad-Ziels zu erreichen, wäre das verbleibende CO2-Budget - das die Atmosphäre noch aufnehmen kann - sogar schon in den nächsten Jahren aufgebraucht.

Die Klimaexperten rechneten in der Studie nun aus, wie viel CO2 die EU noch maximal ausstoßen darf, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen und berücksichtigte dabei eine faire weltweite Verteilung der globalen Emissionen.

Demnach bleibe der EU ab 2015 noch ein Gesamtbudget von maximal 61,5 Milliarden Tonnen CO2. Bei anhaltend gleich hohen Emissionen wie heute wäre das CO2-Budget in der EU innerhalb der nächsten 15 Jahre schon komplett aufgebraucht.

Bleibt die EU nun bei ihrem Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 nur um 40 Prozent zu reduzieren, hieße dies nach Berechnungen des Öko-Institut, dass zur Einhaltung der Pariser Klimaziele, die CO2-Reduktion danach sehr drastisch ausfallen müssten. Die Nutzung von fossilen Energien müsste dann schon bis etwa 2040 in der EU beendet sein.

Um die Ziele im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen noch zu erreichen, empfehlen die Forscher deshalb einen realistischeren Pfad und eine CO2-Minderung um 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990. Dies wäre eine kontinuierliche Emissionsminderung bis 2050 und gäbe allen Sektoren mehr Spielraum und Zeit beim Ausstieg aus der fossilen Energienutzung in der EU.

Infografik CO2 Reduktion Pariser Klimaziel

Werden die Klimaziele in der EU angehoben?

Für Klima-und Energieexperten ist klar, dass die vorgeschlagenen EU-Ziele für die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels nicht ausreichen. Ende November hob deshalb auch der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des EU-Parlaments sein Votum für die Ausbauziele von erneuerbaren Energien deutlich an.

Bis 2030 sollen die Mitgliedsstaaten demnach 35 Prozent ihrer gesamten Energie aus Photovoltaik, Windkraft, Biomasse, Geothermie und Wasserkraft beziehen. Im Verkehrssektor soll 2030 mindestens zwölf Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen stammen. Der Ausschuss des Parlaments votierte damit für deutlich ehrgeizigere Ziele als die Europäischen Kommission, die für den gleichen Zeitraum ein Ziel von 27 Prozent für den Ausbau der erneuerbaren Energien vorgeschlagen hatte.

"Europa muss mehr tun, Europa braucht mehr Ehrgeiz bei den erneuerbaren Energien, um die Verpflichtungen von Paris zu erfüllen", erklärt nach der Abstimmung der spanische EU-Abgeordnete und Sprecher des Industrie- und Energie-Ausschusses, José Blanco Lopez. Das Öko-Institut empfiehlt in seiner Studie, dem "Green Vision Scenario", einen Anteil von erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch von 40 Prozent.

Auch beim Thema Energieeffizienz zeigte sich der Parlamentsausschuss ambitionierter als die EU-Kommission. Die Mitgliedsstaaten sollen demnach bis 2030 ihren Energieverbrauch um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt haben. Die EU-Kommission veranschlagt demgegenüber eine Energieeinsparung von 30 Prozent. Die Forscher vom Öko-Institut empfehlen eine Reduktion um 44 Prozent.

Deutschland Energie Kohlekraftwerk bei Cottbus
Vor allem Kohle-, Chemie- und Autoindustrie wollen ambitionierte Klimaschutzziele in der EU bisher verhindern.Bild: Reuters

Widerstand gegen Klima- und Energieziele

Ende 2018 sollen die neuen Klima- und Energieziele für 2030 verabschiedet werden. In den nächsten zwölf Monaten folgen weitere Abstimmungen zwischen EU-Parlament, EU-Kommission und den EU-Mitgliedsländern. Dabei wird um Ziele, erforderliche Maßnahmen und entsprechende Gesetze gerungen. Der Ausgang dieses Prozesses offen, auch weil es noch Widerstand in vielen und Teilen der Auto-, - und Kohleindustrie gegen ambitionierte Klimavorgaben gibt.

Rueter Gero Kommentarbild App
Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion