Smartphones & Co: schlechte Recycling-Noten
21. November 2019Tief drinnen in Handys, Tablets, Laptops oder sogar in Fernsehern finden sich eine Fülle wertvoller Materialien. Wenn das Gerät kaputt geht, bleiben diese Schätze meistens wo sie sind - liegen vergessen in einer Schublade oder verrotten auf der Mülldeponie.
Der britische Dienstleister Electrical Waste Recycling Group holt dagegen so viel wie möglich aus den alten Elektrogeräten heraus. Die Firma sammelt sie bei Händlern, auf Müllhalden oder bei den Unternehmen ein, die sich neue Produkte angeschafft haben.
Vor dem Werk, das in einer ehemaligen Textilfabrik in der nordenglischen Stadt Huddersfield untergebracht ist, kommen Lastwagen an, vollgepackt mit entsorgter Elektronik. Drinnen wird der Elektronikschrott sortiert: Riesige, scheppernde Maschinen schälen Drähte aus den Isolierhüllen und zerstampfen Metalle.
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Materialien wie Kupfer werden in kleine Partikel zerkleinert, eingeschmolzen und an Metallhändler verkauft. Sie werden zu neuen Produkten verarbeitet.
Arbeiter sortieren Batterien aus und trennen sie vom restlichen Schrott, damit es keinen Kurzschluss gibt und sie in Brand geraten. Andere bauen alte Fernseher auseinander. Jane Richardson, Compliance-Beauftragte bei der Electrical Waste Recycling Group, schätzt, dass jeder Arbeiter täglich etwa 80 Fernsehgeräte zerlegt.
"Wenn wir Schulführungen machen", berichtet sie der DW, "sagen viele Kinder, dass sie noch nie so einen alten Fernseher gesehen haben."
Die Schülerinnen und Schüler kennen sich mit den neueren Flachbildschirmen aus. Diese gibt es auch in dem Werk, in Körben sortiert neben den anderen Geräten und Teilen. Die Verwunderung der Kinder über die älteren Modelle zeigt auch, wie schnell ältere Technologie durch neue ersetzt wird.
Von neuen Geräten besessen
Obwohl Unterhaltungselektronik so viele wertvolle Materialien enthält, gelten die Geräte im Wesentlichen als Einwegprodukte. "Im Moment haben die meisten Elektrogeräte statt einer zirkulären, eine lineare Lebensdauer", sagt Elizabeth Jardim von Greenpeace gegenüber der DW. "Geräte werden genutzt, und dann, ein paar Jahre später, sind die meisten Müll."
Die Anlage in Huddersfield bearbeitet jährlich rund 8000 Tonnen Elektroschrott. Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, verglichen mit den mehr als 44 Millionen Tonnen, die nach Schätzungen der Vereinten Nationen jedes Jahr weltweit entstehen.
Und die Geräte, die wir wohl schneller als alle anderen ersetzen, gibt es sehr selten im Werk in Huddersfield.
"[Smartphones] sind tatsächlich sehr schwer zu recyceln und letztlich suchen die Hersteller nicht den Kontakt zur Recyclingbranche", sagt Shaun Donaghy, Betriebsleiter bei der Electrical Waste Recycling Group, gegenüber der DW. "Wenn das Produkt sein Lebensende erreicht, haben sie kein Interesse mehr daran."
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Laut eines Berichts von Greenpeace aus dem Jahr 2017 stieg der jährliche Energieverbrauch in der Smartphone-Produktion von 75 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2012 auf rund 250 TWh im Jahr 2016.
Smartphones enthalten auch Seltene Erden - für deren Gewinnung muss in mehrfacher Hinsicht ein hoher Preis bezahlt werden.
Nach einem aktuellen Bericht des Berufsverbandes British Royal Society of Chemistry (RSC) enthält ein durchschnittliches Smartphone 30 verschiedene chemische Elemente. Andere Schätzungen kommen, zumindest für einige Premium-Modelle, auf bis zu 75 Elemente. Tantal, Yttrium, Gallium, Indium und Arsen gehören zu den Hauptbestandteilen. Innerhalb von 100 Jahren könnten sie zur Neige gehen.
Indium zum Beispiel ist sowohl für Touchscreens als auch für Solarpanels unverzichtbar.
"Es ist durchsichtig, haftet auf Glas und wir haben nicht wirklich eine Alternative gefunden, die dasselbe leistet", erklärt Elisabeth Ratcliffe von der RSC. "Es ist eines der seltensten Elemente der Erde - ein Nebenprodukt des Zinkabbaus. Um ein paar Milligramm Indium zu bekommen, muss man ein Kilogramm Zink schürfen."
Diese Bodenschätze sind schwer zu finden. Entsprechend kostspielig und energieintensiv ist ihre Gewinnung - und sie hinterlassen giftige Rückstände. Der Großteil der Seltenen Erden wird in China abgebaut. Die Gewässer in den Provinzen Jiangxi und Shandong oder in der autonomen Region Innere Mongolei bleiben verunreinigt zurück.
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Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 unterschiedlichen Metallen. So wie andere technische Bestandteile, zum Beispiel Kobalt, Zinn, Wolfram, Tantal und Gold, werden sie mit ausbeuterischen Praktiken in Verbindung gebracht. Es geht um Kinderarbeit, um Atemwegserkrankungen bei Bergleuten und Konflikte ums Geld.
Recycling des Materials
Die Firma Electrical Waste Recycling kann Materialien wie Kupfer, Aluminium, Blei, Glas und Kunststoff aus Smartphones recyceln. Das ist schon eine Herausforderung, denn die Verwendung von starken Klebstoffen, statt Schrauben, erschwert die Demontage.
Reine, wiederverwendbare Seltene Erden zu gewinnen, ist nochmal eine ganz andere Angelegenheit: Komplexe und teure chemische Prozesse sind dafür nötig. Das übersteigt die Möglichkeiten der Huddersfield-Anlage.
Wissenschaftler arbeiten an besseren Methoden, diese wertvollen Materialien zu recyceln. Nur schätzungsweise 1% der Seltenen Erden werden derzeit wiederverwendet. Und auf dem Weg in eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe, die immer mehr Elektronik vorsieht, ist immer mehr davon nötig.
"Da sich die Wirtschaft weltweit zunehmend elektrifiziert, steigt die Nachfrage nach Batterien", sagt Josh Lepawsky gegenüber der DW. Der Forscher von der University of Newfoundland in Kanada erfasst die Bestandteile von Elektroschrott. "Es gibt viele offene Fragen, wie die Umstellung auf eine kohlenstofffreie, elektrifizierte Wirtschaft mit den Umweltschäden bei der Rohstoffgewinnung in Einklang gebracht werden kann."
Für Verbraucher gibt es Alternativen zu den großen Smartphone-Marken. Fairphone zum Beispiel versucht, nachhaltigere Materialien einzusetzen und Produkte mit längerer Lebensdauer zu entwickeln, die auch leichter zu reparieren sind.
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Doch die Kunden haben sich an modernste Designs und Touchscreens gewöhnt und die führenden Unternehmen konzentrieren sich bisher nur auf immer komplexere Geräte mit immer mehr Anwendungen. Deshalb müssten die Apples und Samsungs dieser Welt mehr tun, sagt Lepawsky.
"Wir können zwar in einem Laden aus einer Reihe von Modellen wählen, aber die zugrunde liegende Chemie dieser Modelle ist sehr ähnlich", sagt Lepawsky. "Es sind nur die Hersteller, die an dieser Chemie etwas ändern können. Deshalb ist die Idee eines Wandels, der von den Verbrauchern vorangetriebenen wird, ein fast sinnloses Konzept."