Diomaye Faye: Hoffnung auf Wandel im Senegal?
27. März 2024Der "Neue" an der Spitze des Staates hat vor allem bei der jungen Wählerschaft Hoffnungen auf Veränderungen im Senegal geweckt: Im Wahlkampf bezeichnete sich Bassirou Diomaye Faye als "Kandidat für den Systemwechsel" und als Vertreter eines "linken Panafrikanismus".
Mit seinen Vorschlägen für währungspolitische Reformen und die Neuverhandlung von Öl-, Gas- und Bergbauverträgen begeisterte er seine Anhänger. "Ich verpflichte mich, mit Bescheidenheit und Transparenz zu regieren", sagte Faye in seiner ersten Rede nach der Wahl zum Präsidenten des Landes.
Die "Souveränität Senegals" müsse wieder gestärkt werden. Analysten sehen darin die Absicht Fayes, den Senegal von den westlichen Mächten, insbesondere dem ehemaligen Kolonialherren Frankreich, zu distanzieren. Dazu gehört auch die Abschaffung des CFA-Franc, der streng von der französischen Zentralbank kontrolliert wird und an den Euro gekoppelt ist.
"Die erste Veränderung, die bereits stattfindet, ist die Abkehr von der politischen Klasse, die rücksichtslos, sehr hart und gewalttätig mit unseren Bürgern und Institutionen umgegangen ist", sagte Hawa Ba, Abteilungsleiterin bei Open Society-Africa im Senegal, im DW-Interview.
Laut Ba ist die Wiederherstellung der demokratischen Institutionen die wichtigste Aufgabe, die jetzt von Faye erwartet wird. "Die Macht des Präsidenten zu beschneiden und die Bürger an die Spitze der Regierungsprozesse zu stellen."
"Ohne Sonko kein Diomaye"
Oppositionsführer Ousmane Sonko, der Fayes Kandidatur unterstützt hat, fordert entsprechende Reformen schon lange. Der 44-jährige Faye scheint seine politische Linie fortzusetzen. Wahlplakate mit dem Slogan "Diomaye ist Sonko" zeigen Sonko und Faye Seite an Seite. Beide Politiker waren die führenden "Köpfe" der senegalesischen Oppositionsbewegung.
Bei den Präsidentschaftswahlen am 24. März durfte jedoch nur einer kandidieren - Sonko war wegen einer Verurteilung in einem Verleumdungsprozess ausgeschlossen worden. Bassirou Diomaye Faye trat als unabhängiger Kandidat an, nachdem er sich mit dem charismatischen Oppositionsführer zusammengetan hatte. Sie war von den senegalesischen Behörden aufgelöst worden.
Nach dem vorläufigen Endergebnis hat Faye 54,28 Prozent der Stimmen erhalten. Sein Hauptkonkurrent, der 62-jährige Amadou Ba, konnte 35,79 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, eine deutliche Niederlage für die Regierungspartei "Allianz für die Republik". Der bisherige Premierminister Ba war mit Unterstützung des noch amtierenden Präsidenten Macky Sall angetreten.
Für die Analystin Hawa Ba - die mit dem Wahlverlierer nicht verwandt ist - war Ousmane Sonko ein wichtiger Teil dieses Puzzles, denn er sei der Kopf hinter dem Erfolg der Opposition: "Seine Vision, Führungsstärke und unerschütterliche Unterstützung für Präsident Faye in den letzten zehn Tagen des Wahlkampfes haben zum Wahlsieg geführt. Ohne Sonko gibt es keinen Diomaye."
Sonko, der Königsmacher
Auch für Ismaila Diack, Jurist und Projektleiter bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Dakar, ist die Wahl des Oppositionskandidaten vor allem auf Sonko zurückzuführen: Junge Senegalesen verehrten ihn als Kritiker elitärer Politiker und als Verfechter der Korruptionsbekämpfung, sagt er. "Das Volk hat offiziell für Bassirou Diomaye Faye gestimmt, aber das geschah mit der Garantie von Ousmane Sonko", sagte Diack der DW. Sonko habe die Kampagne wirklich getragen und das gesamte politische Projekt unterstützt.
Sonko wurde im Juni 2023 wegen Verleumdung verurteilt - aus seiner Sicht ein Komplott, um ihn von den Präsidentschaftswahlen auszuschließen. Bereits zuvor lieferte er sich seit 2021 einen erbitterten Machtkampf mit Präsident Macky Sall, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte. Sall hatte aber den für den 25. Februar gesetzten Wahltermin kurzfristig verschoben. Der Verfassungsrat lehnte diesen Schritt jedoch ab und forderte einen zeitnahen Termin. Die Amtsübergabe findet somit wie vorgesehen am 2. April statt.
Vom Gefängnis in den Präsidentenpalast
Sonko ist Gründer und Vorsitzender der PASTEF-Partei. Faye, der bei der Gründung 2014 zunächst als Gast dabei war, stieg schnell zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten der Partei auf. Als Absolvent der Ecole Nationale d'administration arbeitete er in der Generaldirektion für Steuern und Immobilien.
Dort lernte er Sonko kennen. Doch der wurde 2016 aus dem Staatsdienst entlassen, nachdem er Präsident Sall und seine "Entourage" der Unterschlagung bei der Verwaltung der natürlichen Ressourcen des Landes beschuldigt hatte.
Nach Sonkos Verhaftung wurde Faye Generalsekretär der "Partei Afrikanische Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlichkeit" (PASTEF) und Ersatzkandidat für Sonko. Nach der Ungewissheit über eine mögliche Kandidatur Sonkos bei den Präsidentschaftswahlen 2024 unterstützte PASTEF Faye als ihren Kandidaten im November 2023, obwohl auch er seit April 2023 inhaftiert war - wegen Missachtung des Gerichts, Verleumdung und Gefährdung des öffentlichen Friedens.
Sonko und Faye konnten das Gefängnis erst zehn Tage vor der Wahl im Rahmen einer von Präsident Sall nach politischen Unruhen gewährten Amnestie verlassen. Obwohl Faye nicht annähernd über die Erfahrung und das Charisma seines Mentors Sonko verfügt, konnte er auf eine breite Unterstützung zählen.
Könnte Sonko Faye in den Schatten stellen?
Man müsse damit rechnen, dass der charismatische Sonko Faye eines Tages übertrumpfen könnte, analysiert Ismaila Diack von der FES in Dakar. "Aber sie haben den Senegalesen versprochen, dass sie zusammenarbeiten wollen, um die Probleme des Landes zu lösen - indem sie ein soziales Konzept für die Gesellschaft entwerfen."
Sonko könnte aktiv an der nächsten Regierung beteiligt sein, glaubt Hawa Ba. Entweder als Premierminister oder in einer ähnlichen Position mit Einfluss auf die Tagespolitik. "Allerdings ist nicht auszuschließen, dass er im Hintergrund bleibt."
Mitarbeit: Marco Wolter, Carole Assignon, George Okach