Senegal: Regierung löst Partei von Oppositionsführer auf
1. August 2023Der führende Oppositionspolitiker in Haft, seine Partei aufgelöst, Protest und ein erneuter Gewaltausbruch als Folge - so lässt sich die aktuelle Lage im Senegal kurz zusammenfassen. Die Auflösung der Partei PASTEF des populären Präsidentenkandidaten Ousmane Sonko am Montag begründete das Innenministerium in Dakar mit "Ereignissen, die eine schwerwiegende und dauerhafte Verletzung der Verpflichtungen der politischen Parteien darstellen".
Sonkos Partei und deren Anführer hätten ihre Anhänger zu "aufständischen Bewegungen" aufgerufen. Dies habe zu schwerwiegenden Konsequenzen geführt. Es habe viele Todesopfer und Verletzte sowie Plünderungen gegeben, hieß es weiter.
Hintergrund: Im Juni waren gewalttätige Proteste ausgebrochen, nachdem Sonko wegen "Verführung der Jugend" verurteilt worden war. Bei den Unruhen kamen mindestens 15 Menschen ums Leben. Der Oppositionsführer, der auch für die Präsidentenwahl 2024 kandidiert, war am 1. Juni zu zwei Jahren Haft verurteilt worden, weil er eine junge Frau zu unzüchtigem Verhalten angestiftet haben soll. Sonko nannte die Vorwürfe politisch motiviert. Es war auch nicht der erste Prozess gegen ihn.
Vorwurf: Aufruf zum Aufruhr
Am vergangenen Freitag war Sonko verhaftet worden - nun wegen des Vorwurfs, zum Aufruhr aufgerufen zu haben, wie die Nachrichtenagentur AFP von einem seiner Anwälte erfuhr. Am Sonntag dann begann der Oppositionsführer nach eigenen Angaben einen Hungerstreik. "Angesichts von so viel Hass, Lügen, Unterdrückung und Verfolgung habe ich beschlossen, Widerstand zu leisten", schrieb Sonko auf Twitter. Am Montag wurde der Politiker Berichten örtlicher Medien zufolge aufgrund der aktuellen Vorwürfe angeklagt.
Sonkos Verhaftung hat auch erneut zu Protesten in dem westafrikanischen Land geführt. Dabei sind offenbar im Süden Senegals zwei Menschen getötet worden. Wie das Innenministerium mitteilte, wurden "zwei leblose männliche Körper" in der Stadt Ziguinchor gefunden, deren Bürgermeister Sonko ist. Das Ministerium rief die Bevölkerung zu "Ruhe und Gelassenheit" auf und teilte mit, dass "alle Maßnahmen ergriffen wurden, um den Frieden und die Ruhe im Land zu wahren".
Blutige Unruhen befürchtet
Ousmane Sonko gilt als stärkster Herausforderer von Präsident Macky Sall. Dieser kann bei den Wahlen im Februar 2024 voraussichtlich nicht erneut antreten, strebt nach eigenen Angaben auch keine dritte Amtszeit an. Die Vorwürfe gegen den Oppositionsführer haben in dem Land mit 17 Millionen Einwohnern immer wieder zu Protesten geführt.
Nun besteht die Sorge, dass aufgrund Sonkos Verhaftung die gewaltsamen Proteste weiter andauern könnten. Die Behörden kündigten an, wegen "hasserfüllter und subversiver" Botschaften in Onlinemedien den Internetzugang einzuschränken. Bis Montagnachmittag gab es vereinzelte Zwischenfälle in der Hauptstadt Dakar. Bislang gilt der Senegal mit seinem Mehrparteien-System als stabile Demokratie.
AR/sti (dpa, afp, rtr)