Selenskyj und Poroschenko wohl in der Stichwahl
31. März 2019Der Politneuling und Comedy-Star Wolodymyr Selenskyj, der amtierende Staatschef Präsident Petro Poroschenko und die frühere Ministerpräsidentin Julia Tymoschenko, das waren zuletzt die einzigen drei aus dem Feld der 39 Kandidaten, denen reelle Chancen auf einen Einzug in die Stichwahl am 21. April eingeräumt wurden.
Wie die Wahlkommission nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen bekanntgab, kam der 41-jährige Kabarettist in der ersten Wahlrunde mit 30,2 Prozent der Stimmen auf Platz eins, gefolgt von Amtsinhaber Poroschenko mit 16,7 Prozent.
Das Teilergebnis bestätigt die ersten Prognosen auf Grundlage von Nachwahlbefragungen, die Selenskyj ebenfalls mit gut 30 Prozent in Führung gesehen hatten. Die frühere Ministerpräsidentin Julia Tymoschenko kommt laut Wahlkommission mit 13,7 Prozent auf Platz drei. Tymoschenko hatte nach der Veröffentlichung der Wahlprognosen am Sonntagabend das Ergebnis angezweifelt und von Manipulationen gesprochen.
Bis erste aussagekräftige Auszählungsergebnisse vorliegen, dürfte es aber noch dauern. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht die Wahl und die Auszählung mit Hunderten Beobachtern.
Schokozar gegen Komiker
Die führenden Bewerber gelten als proeuropäisch. Der 53-jährige Poroschenko regiert die Ukraine seit den Maidan-Protesten im Jahr 2014. Nach dem Sturz seines kremltreuen Vorgängers Viktor Janukowitsch versprach er, das Land stärker am Westen auszurichten, gegen Korruption vorzugehen und den bewaffneten Konflikt im Osten zu beenden. Der Konflikt schwelt jedoch weiter, die Korruption ist allgegenwärtig. Aus Sicht vieler Ukrainer hat er die Erwartungen nicht erfüllt. Zwar ermöglichte er das visafreie Reisen in die EU. Aber vielen fehlt dafür das Geld.
Der Schauspieler, TV-Komiker und gelernte Jurist Wladimir Selenskyj, der gute Witze über seine Konkurrenten, aber kein Programm zu bieten hatte, gilt dennoch vielen jungen Ukrainern als Hoffnungsträger. Kritiker sehen die Kanidatur des 41-Jährigen als ein Projekt des Exil-Oligarchen Igor Kolomojski, der mit Poroschenko verfeindet ist. Zudem werfen sie ihm politische Unerfahrenheit, Planlosigkeit und Populismus vor. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP hatte Selenskyj zuletzt gesagt, er lerne bereits für seine mögliche neue Aufgabe: "Schließlich will ich nicht wie ein Idiot aussehen."
Einig sind sich Poroschenko und Selenskyj in einer Sache. Beide erklärten vorab, sie wollten die territoriale Unversehrtheit der Ukraine wiederherstellen. Neben den selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk wollen sie auch die von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim wieder unter ukrainische Hoheit stellen.
Abgeschlagen
Julia Tymoschenko, Veteranin der ukrainischen Politik, wollte es im dritten Anlauf endlich an die Staatsspitze schaffen. Die 58-Jährige legte das umfassendste Programm der Bewerber für eine mögliche Präsidentschaft vor. Sie versprach unter anderem eine Senkung der Gaspreise und kündigte eine Rentenerhöhung an.
Der überlange Stimmzettel bereitete Probleme
Rund 30 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, auf dem 80 Zentimeter langen Stimmzettel ein Kreuz zu machen. Die von Russland unterstützten abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk im Kriegsgebiet Donbass im Osten nahmen nicht an der Wahl teil. Die Sicherheitsvorkehrungen in der Ukraine waren hoch. Zehntausende Einsatzkräfte waren abgestellt, um Zwischenfälle zu verhindern.
qu/kle (dpa, afp, rtr, ape)