Russland auf US-Panzer in Osteuropa vorbereitet
31. März 2016Alexander Gruschko kritisierte am Donnerstag die US-Pläne, eine Panzerbrigade in Osteuropa zu stationieren. Der ständige Vertreter Russlands bei der NATO in Brüssel sprach in einer Stellungnahme gegenüber der DW von einem "weiteren Schritt, der einen Übergang der NATO zu konfrontativen Mustern festschreibt." Seine militärische Bedeutung müsse man im Zusammenhang mit anderen Bemühungen der Allianz betrachten, ihre "östliche Flanke zu festigen". Gruschko erwähnte dabei "ständige Truppenrotationen, Übungen, Air Policing, Verstärkung der Aktivitäten in der Ostsee und im Schwarzen Meer, Aufbau zusätzlicher Stäbe, Modernisierung militärischer Infrastruktur."
Das alles schwäche die europäische Sicherheit, sagte der russische Diplomat. Auch die Lebensfähigkeit der Russland-NATO-Grundakte von 1997 als "eines der letzten wirksamen Säulen" dieser Sicherheit sei dadurch in Zweifel gestellt. Russische Militärexperten würden die US-Ankündigungen analysieren und entsprechende Korrekturen für die russische Militärplanung erarbeiten, sagte Gruschko.
Insgesamt, so scheint es, reagierte Russland jedoch relativ gelassen auf die US-Pläne. Sowohl das Außen- als auch das Verteidigungsministerium in Moskau äußerten sich zunächst nicht. Auch in russischen Medien ist dies kein Top-Thema.
Präsenz nach Rotationsprinzip
Das Pentagon konkretisierte am Mittwoch die früheren russischen Pläne. Demnach soll ab Februar 2017 eine komplette Panzerbrigade mit insgesamt 4200 Soldaten, 250 Panzern und anderem schweren Kriegsgerät an der Ostflanke der NATO stationiert werden. Die Brigade soll nach einem Rotationsprinzip den Standort in diversen osteuropäischen Ländern wechseln. Um welche Länder es sich handelt, ist noch offen. Alle neun Monate sollen Truppen und Material ausgetauscht werden.
"Gespräche darüber, dass die militärischen Aktivitäten der NATO nur Rotations-Charakter haben, können niemanden mehr in die Irre führen", sagt dazu Gruschko. "Kontinuierliche Rotationen unterscheiden sich wenig von einer permanenten militärischen Präsenz im klassischen Sinne." Außerdem sei vorgesehen, das Kriegsgerät ständig in Europa aufzubewahren, so der russische Vertreter.
Washington begründete seine Entscheidung damit, osteuropäische NATO-Staaten "angesichts eines aggressiven Russlands" zu unterstützen. Als Auslöser gilt das russische Vorgehen in der Ukraine.
"Gespräche darüber, wonach die militärischen Aktivitäten der NATO nur Rotations-Charakter haben, können niemanden mehr irreführen", sagt dazu Gruschko. "Kontinuierliche Rotationen unterscheiden sich wenig von einer permanenten militärische Präsenz im klassischen Sinne."Außerdem sei vorgesehen, das Kriegsgerät ständig in Europa aufzubewahren, so der Russe.
Neue Divisionen und Panzerarmee
Dass Moskau bisher relativ gelassen auf diese US-Pläne reagierte, habe eine einfache Erklärung, meint Alexander Golz. "Die Entsendung der Panzerbrigade geschieht im Rahmen der Beschlüsse des NATO-Gipfels in Wales im Jahr 2014", sagt der russische Militärexperte. "Russland hat darauf bereits reagiert."
So habe Moskau angekündigt, neue Divisionen im Westen des Landes zu gründen. Über deren Zahl gab es zuletzt unterschiedliche Angaben. Verteidigungsminister Sergej Schojgu sagte erst vor wenigen Tagen, Russland setze die Aufstellung von zwei neuen Divisionen in seinem westlichen Militärbezirk fort. "Die NATO baut ihr militärisches Potenzial in Europa aus, auch in unmittelbarer Nähe der russischen Grenze", erklärte Schojgu. Russland sei besorgt - und gezwungen zu reagieren. Früher sprach der Verteidigungsminister über drei neue Divisionen in Russlands Westen. Eine dieser Divisionen entsteht auf der Basis einer Brigade im Gebiet Smolensk an der Grenze zu Weißrussland.
Außerdem verkündete das russische Verteidigungsministerium Anfang Februar 2016 den Wiederaufbau der 1. Panzerarmee, die 1998 aufgelöst wurde, im Westen des Landes. Die neue Armee entsteht auf der Grundlage bereits bestehender Divisionen und Brigaden, die neu organisiert und verstärkt werden. Ein solcher Schritt sei "logisch", weil die USA und die NATO eine "immer deutlichere Strategie der Eindämmung Russlands" betreiben, schrieb die staatliche Nachrichtenagentur RIA NOVOSTI. Diese Panzerarmee sei auch Teil der russischen Antwort auf die verstärkte militärische US-Präsenz in Osteuropa, sagt Alexander Golz.
"Keine Konfrontation wie im Kalten Krieg"
Die Aufstockung der militärischen Präsenz der USA in östlichen NATO-Staaten und die russische Truppenverstärkung im Westen des Landes sei aber "keineswegs eine Wiederholung der Konfrontation im früheren Kalten Krieg", meint der Militärexperte. "Damals standen sich Hunderttausende bewaffnete Menschen gegenüber."
Golz sieht in den jüngsten US-Plänen den Wunsch, auf einen möglichen sogenannten "hybriden Krieg" wie im Fall der Annexion der Krim durch Russland vorbereitet zu sein". Die Zahl der Truppen oder Panzer sei dabei nicht so wichtig.
Russlands Vertreter bei der NATO Gruschko sieht die angekündigten Maßnahmen der Allianz als eine weitere Belastung "für die ohnehin komplizierten Beziehungen" seines Landes zur NATO. Einen Einfluss auf die praktische Zusammenarbeit dürften sie jedoch nicht haben. "Es ist schwierig, das zu beeinflussen, was nicht existiert", sagte Russlands Vertreter bei der NATO. Die Allianz habe die gesamte Zusammenarbeit zerrissen.