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Moskau feiert Annexion der Krim

Janina Semenova / Christian F. Trippe18. März 2016

Vor zwei Jahren wurde die Krim offiziell in die Russische Föderation aufgenommen. International anerkannt ist das nicht. Moskau feiert den Jahrestag mit einem Konzert und verschweigt die negativen Folgen der Annexion.

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Moskau Feiern zur Annexion der Krim. Foto:DW/J. Semenova
Bild: DW/J. Semenova

Mit Luftballons, Fahnen und Schildern ziehen die Menschen am Ufer der Moskwa vorbei. Wer noch kein Transparent hat, trifft sich in kleinen Gruppen. "Bekommen wir gleich noch Luftballons?", fragt eine Frau ihre Mitstreiter.

Ihr Ziel an diesem Freitag ist der Platz hinter dem Kreml in Moskau, auf dem das Konzert "my wmeste" (dt.: wir zusammen) stattfindet. Bereits zum zweiten Mal feiert Russland damit den Jahrestag der Aufnahme der Krim in die Russische Föderation. Auch Freunde aus Syrien sind dabei. Eine kleine Gruppe arabischer Zaungäste zeigt syrische Flaggen mit Assad-Fotos.

Zu der offiziellen Veranstaltung haben sich zehntausende Teilnehmer auf dem Platz hinter der Basilius-Kathedrale, dem Wahrzeichen Moskaus, versammelt. Die genaue Zahl zu schätzen ist schwierig. Es herrscht ein großes Chaos. Ständig verlassen Leute mit ihren Schildern und Fahnen den Platz und andere kommen hinzu - als würden sie sich abwechseln. Der russische Sänger Iossif Kobson gehört zu den Stars des Konzerts und tritt als erster auf. Kobson steht seit 2015 auf der Sanktionsliste der EU.

Moskau Jahrestag Annexion der Krim. Foto: DW/J. Semenova
"Putin als Retter der Krim" steht auf einigen Plakaten von Besuchern der FeierBild: DW/J. Semenova

Zwei Jahre nach der Annexion

Auf der Bühne wünschen Stars und Politiker den Russen einen "schönen Feiertag" und rufen "die Krim gehört zu uns" in die Menge. Gennadij Sjuganow, Partei- und Fraktionschef der Kommunisten, erinnert daran, dass beim Anschluss der Krim nicht ein einziger Schuss gefallen sei - obwohl dort 20.000 ukrainische Soldaten unter Waffen gestanden hätten.

Vor zwei Jahren war die Krim offiziell in die Russische Föderation aufgenommen worden. Dem war eine wochenlange Krise voraus gegangen: Nach dem Sturz der pro-russischen Janukowitsch-Regierung in Kiew, nach dem Sieg der pro-europäischen Bewegung auf dem Maidan, tauchten auf der Krim Soldaten ohne Hoheitsabzeichen auf. Die sogenannten "grünen Männchen" besetzten strategisch wichtige Punkte, entwaffneten und vertrieben das ukrainische Militär. Der Kreml leugnete zunächst, dass die Kämpfer russische Soldaten waren. In einem Referendum sprachen sich schließlich fast 97 Prozent der Krim-Bewohner für den Anschluss an Russland aus - nach Angaben der russischen Behörden.

EU beklagt eingeschränkte Freiheitsrechte

Die EU und die USA haben das Referendum nicht anerkannt. Die Krim-Annexion und Russlands anschließende Unterstützung für die Separatisten in der Ost-Ukraine lösten die größte Krise zwischen Russland und dem Westen seit Ende des Kalten Krieges aus. Zum Jahrestag beklagte die EU in einer gemeinsamen Erklärung aller 28 Staats- und Regierungschefs die Lage auf der Krim: Die Bürger und Freiheitsrechte dort seien seit der Annexion eingeschränkt, die Minderheit der Krim-Tataren leide unter politischer Verfolgung.

Auf der Bühne in Moskau werden jegliche negativen Aspekte allerdings ausgelassen. Schon vor Beginn des Konzerts wird mindestens alle zehn Minuten die Rede von Russlands Präsident Wladimir Putin zur Aufnahme der Krim in die Russische Föderation von vor zwei Jahren eingeblendet. Das Orchester auf der Bühne spielt dazu jedes Mal einen Tusch.

Im letzten Jahr war der russische Präsident noch selbst beim Konzert zur Feier des Jahrestags in Moskau dabei. Diesmal wird er zugeschaltet - von der Krim.

Putin auf der Großbild-Leinwand zum Jahrestag Annexion der Krim. Foto: DW/J. Semenova
Unübersehbar während der Feier - Wladimir PutinBild: DW/J. Semenova

Präsident Putin war auf die Krim geflogen und besichtigte dort die Baustelle jener Brücke, die die Halbinsel Krim mit dem russischen Festland verbinden soll. In drei Jahren soll die 19 Kilometer lange Brückenkonstruktion fertig sein. Sie wird dringend benötigt, denn die Versorgung der Krim stellt Russland vor große Herausforderungen. Putin bezeichnete den Bau als "historische Mission". Nach der Annexion der Halbinsel hatte die Ukraine die Strom- und die Gasversorgung gekappt. Seitdem kommt es dort immer wieder zu Engpässen.

In ihrem Leitartikel zum Jahrestag hat die Wirtschaftszeitung "Wedomosti" die Annexion als schweren Fehler bezeichnet, denn Russland werde dadurch wirtschaftlich und außenpolitisch zusehend belastet.

Russen stehen hinter Krim-Aktion

Auch wenn immer mehr Russen die Folgen der tiefen Wirtschaftskrise zu spüren bekommen, stehen acht von zehn Russen voll und ganz hinter dem Anschluss der Krim. Die Krim ist für Moskau ein Kostgänger. Russland will und muss Milliarden in die Infrastruktur investieren und dabei auch die Stützpunkte für sein Militär ausbauen. Kritik an diesem Kurs wird nur ganz selten laut.

Allerdings scheint die Stimmung bei dem Konzert in Moskau längst nicht so gut, wie die Umfragen vermitteln. Der Applaus zu Putins Worten auf den riesigen Bildschirmen kommt größtenteils aus den ersten Reihen vor der Bühne. In den hinteren Reihen stehen die Leute eher nur noch mit ihren Flaggen und Plakaten herum. Auch die Jubelrufe kommen eher von vor der Bühne, wo auch die meisten Partei-Banner geschwenkt werden.

Kurz vor Ende des Konzerts leert sich der Platz bereits. Dann erklingt die russische Nationalhymne, und plötzlich strömen wieder zahlreiche Menschen auf den Platz, halten ihre Plakate in die Luft und singen mit. Doch bevor der Chor auf der Bühne überhaupt zu Ende gesungen hat, werden schon die ersten Plakate eingepackt und Flaggen zusammengerollt.