USA gegen Obergefreiten Manning
3. Juni 2013Die Anklage wirft dem heute 25-jährigen US-Obergefreiten vor, der Enthüllungsplattform Wikileaks mehr als 700.000 geheime Dokumente zugespielt zu haben, die die amerikanische Außenpolitik und vor allem die Einsätze der US-Armee in Irak und Afghanistan betreffen. Damit habe der im März 2010 im Irak verhaftete Angeklagte die nationale Sicherheit der USA und Menschenleben gefährdet. Jetzt drohen ihm 20 Jahre Gefängnis. Über die wichtigsten Vorwürfe, Kollaboration mit dem Feind und Spionage, soll von diesem Montag an im Prozess vor dem Militärgericht in Fort Meade bei Washington entschieden werden. Rund 150 Zeugen sollen befragt werden, ein Urteil wird für September erwartet.
Obergefreiter stellt Weltmacht bloß
Für die Regierung in Washington und das Verteidigungsministerium war die Verbreitung der Informationen über die Internetplattform Wikileaks eine Katastrophe. Vor allem ein Video, das die Bordkamera eines US-Kampfhubschraubers 2007 über Bagdad aufgenommen hatte, löste weltweit Entsetzen aus. Darin ist zu sehen, wie der Helikopter das Feuer auf eine Gruppe von Menschen eröffnet. Bei dem Angriff starben zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters und einige irakische Zivilisten, weitere Menschen wurden verletzt, darunter zwei Kinder. Während des Angriffs verhöhnten die US-Soldaten ihre Opfer.
Teilgeständnis zu minderschweren Vorwürfen
Bradley Manning war nur ein einfacher US-Obergefreiter, doch als Spezialist für die Auswertung von Depeschen hatte er im Irak-Einsatz Zugang zu einer mächtigen Waffe - Informationen, und die hat er herausgeschmuggelt und an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergeleitet. Bei Voranhörungen hat der Beschuldigte bereits eingeräumt, zwischen November 2009 und Mai 2010 tausende von US-Geheimdokumenten der Öffentlichkeit zugespielt zu haben. Allerdings will er sich in dem Prozess nur in zehn weniger gravierenden der 22 Anklagepunkte schuldig bekennen. Den zentralen Vorwurf der Unterstützung des Feindes weist er zurück.
Der Prozess findet nach einer Entscheidung der Richterin Oberst Denise Lind teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Damit soll verhindert werden, dass weiteres geheimes Material veröffentlicht wird. Bürgerrechtler haben der US-Militärgerichtsbarkeit Geheimniskrämerei vorgeworfen, was potenzielle Informanten abschrecken solle. Das sei eine Bedrohung für die Presse- und Meinungsfreiheit.
Die US-Medien haben versucht, Mannings Lebenweg aus der Provinz im Mittleren Westen in die Zelle eines Militärgefängnisses nachzuzeichnen. Sie erzählen die Geschichte eines Außenseiters, der als Computerfreak in der Schule und als Homosexueller in der Armee Zurückweisung erfahren habe. Auch im Prozess wird es auch um die Psyche des Angeklagten gehen, die zum Teil als ausgesprochen labil geschildert wurde. In der Haft soll er im Schlaf an den Gittern der Zelle geleckt und sich weinend mit den Händen auf den Kopf geschlagen haben.
qu/kle (rtr, dpa, afp)