Politiker sehen Fall Skripal in neuem Licht
18. Mai 2018Bekannt ist, dass Sergej Skripal und seine Tochter in England mit dem Kampfstoff Nowitschok in Berührung kamen. Dadurch führt eine Spur nach Russland, wie die britische Regierung nicht müde wird zu betonen. Neu ist jedoch, dass sich auch Deutschland in den 1990er Jahren eine Probe des Nervengifts verschafft hat. Und nun sehen einige Bundespolitiker den Fall Skripal im neuen Licht.
Die Argumentationskette, nur die Russen hätten einen derartigen Anschlag mit Nowitschok verüben können, sei "ein Stück weit" erschüttert, sagte etwa der innenpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, der "Mitteldeutschen Zeitung". Gemeinsame Recherchen von "Süddeutscher Zeitung", NDR, WDR und dem Wochenblatt "Die Zeit" hatten ergeben, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst BND Mitte der 90er Jahre durch einen Überläufer aus Russland an den gefährlichen chemischen Kampfstoff gekommen sein soll.
"Ziemlich krass"
"Das ist schon ziemlich krass", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, André Hahn, der "Mitteldeutschen Zeitung". Mit Blick auf die Vorwürfe gegen Russland erklärte er: "Die Aussage der Bundesregierung, es gebe keine andere nachvollziehbare Erklärung, ist vom Tisch. Jetzt gibt es zumindest eine andere ebenfalls plausible Option."
Für den stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Bundestag, Konstantin von Notz, wäre es "gut gewesen, wenn vorher kommuniziert worden wäre, dass westliche Nachrichtendienste über eine Probe und die entsprechende Formel verfügen." Er fügte allerdings hinzu: "Der Tatverdacht, der im Raum steht, ist weitgehend schlüssig."
Der ehemalige russische Doppelagent Skripal und seine Tochter Julia waren Anfang März im südenglischen Salisbury vergiftet worden. Großbritannien geht davon aus, dass dabei ein Stoff aus der Nowitschok-Klasse verwendet wurde, und macht Russland für den Anschlag verantwortlich. Die Kampfstoffe der Nowitschok-Gruppe waren in der Sowjetunion entwickelt worden. Der Kreml weist die Vorwürfe von sich und verweist darauf, dass das Gift, mit dem die Skripals angegriffen wurden, in mehreren Ländern hätte produziert werden können.
rb/cgn (dpa)