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Plötzlicher Herzstillstand trifft auch Hobby-Sportler

Gudrun Heise
14. Juni 2021

Sogar bei fitten Menschen kann es zum plötzlichen Herzstillstand kommen. Der Profifußballer Christian Eriksen ist ein Beispiel. Während eines EM-Gruppenspiels brach er zusammen, konnte aber reanimiert werden.

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Christian Eriksen beim Gruppenspiel Dänemark-Finnland
Christian Eriksen war kurz vor seinem Herzstillstand noch topfitBild: Stuart Franklin/AP/picture alliance

Wenn jemand von einem Moment auf den anderen zusammensackt, das Bewusstsein verliert und sein Herz aufhört zu schlagen, lautet die Diagnose: plötzlicher Herzstillstand. Die Zeit direkt danach ist wichtig, um das Schlimmste zu verhindern. "Der Patient muss bei einem Herzstillstand nicht unbedingt sterben", erklärt Thomas Voigtländer. Er ist Kardiologe und ärztlicher Direktor am Cardioangiologischen Centrum Bethanien in Frankfurt. "Der Herzstillstand kann behandelt werden, indem derjenige reanimiert wird. Der Herztod hingegen ist auch ein Herzstillstand, kann aber nicht mehr behandelt werden."

Es betrifft nicht nur Menschen, bei denen bereits eine Herzschwäche diagnostiziert wurde. Auch scheinbar kerngesunde kann es treffen - wie etwa den Fußballprofi Christan Eriksen. Bei dem gerade mal 29-jährigen Eriksen schien alles in Ordnung, dann brach er urplötzlich auf dem Spielfeld zusammen. Ärzte waren sofort bei ihm, Eriksen konnte wiederbelebt werden. Ein eigentlich kaum zu begreifendes Ereignis, schließlich musste sich der Däne als als Profi regelmäßigen Gesundheitskontrollen unterziehen. Aber eben auch junge, scheinbar kerngesunde Menschen sind vor Herzstillstand nicht gefeit.

Foto während des EM-Spiels Schottland-Tschechische Republik
Von Profisportlern wird extreme Fitness verlangtBild: Robert Perry/Pool/Getty Images

Schnelles Handeln ist wichtig

Vor dem plötzlichen Herztod kommt es meist zu einer der schlimmsten Herzrhythmusstörungen, die es gibt, dem Kammerflimmern. Dann pumpt das Herz nicht mehr regelmäßig Blut und damit Sauerstoff. Es flimmert lediglich unbeständig. 

Das Herzflimmern führt zu einem Kreislaufkollaps, der Blutdruck sinkt bis auf Null ab. Innerhalb von etwa acht Sekunden verliert die Person das Bewusstsein. Dann muss alles sehr schnell gehen.

"Im Prinzip haben wir bis zu fünf Minuten Zeit bis zentrale Organe stark geschädigt sind. Innerhalb dieser fünf Minuten besteht eine gute Chance, dass man den Patienten wieder zurückholen kann, das heißt, den Herzkreislauf wiederherstellen kann", erläutert Voigtländer. Der Tod tritt in den meisten Fällen nach circa zehn Minuten ein.

Herztod auch bei Sportlern

Bei einem durchtrainierten Sportler aber, der immer wieder durchgecheckt und dessen Herz regelmäßig untersucht wird, erscheint es den meisten nahezu unmöglich, dass sein Herz wie aus heiterem Himmel stehenbleibt. Aber das ist keinesfalls so. Aber das Phänomen ist nicht so selten wie man denkt. Der plötzliche Herztod bei Sportlern stand in den letzten Jahren im Mittelpunkt zahlreicher Studien.

EKG-Linie mit schematischer Darstellung eines 3D-Herzens
Vieles ist im EKG für den Arzt gar nicht sichtbarBild: Fotolia/Dmytro Tolokonov

Nach Angaben der Deutschen Herzstiftung liegt die Häufigkeit des plötzlichen Herztods je nach Studie bei 0,7 bis 3,0 Todesfällen pro 100.000 Sportreibenden pro Jahr. Dazu zählen nicht nur Profisportler, sondern vor allem Hobbysportler und Menschen, die sich fit halten möchten.

In den meisten Studien werden die Teilnehmer in zwei Gruppen eingeteilt – diejenigen, die jünger als 35 Jahre sind und diejenigen, die älter sind. Bei Letzteren sind die häufigsten Ursachen für einen Herzstillstand oder im schlimmsten Fall Herztod Erkrankungen des Herzmuskels wie etwa eine krankhafte Herzmuskelverdickung, die auch genetisch bedingt sein kann, eine krankhafte Veränderung der Herzklappen oder auch der Hauptschlagader, der Aorta.

Oft nicht erkannt

Tritt ein Herzstillstand bei einem jungen Menschen auf, liegt es nahe, dass er einen angeborenen Herzfehler hat, der bislang nicht entdeckt wurde, weil er keine Beschwerden verursacht hat. Selbst bei regelmäßigen Check-ups können die Ärzte nicht immer alle Erkrankungen eindeutig erkennen.

"Wenn im aktuellen Fall bei dem Fußballer eine Herzuntersuchung vorgenommen wurde und dabei zum Beispiel auch beim Ultraschall und im EKG keine Auffälligkeiten zu sehen waren, dann ist das Risiko [für einen plötzlichen Herzstillstand] sehr, sehr gering, aber es ist eben nicht gleich Null", so der Kardiologe weiter.

Koma und Gehirnschäden

In schlimmen Fällen kann es dazu kommen, dass die Zeit bis zur ersten Behandlung eben doch zu lang war, auch wenn die Situation im ersten Moment vielleicht durchaus vielversprechend aussah. "Es ist gar nicht so selten, dass man den Kreislauf aufrechterhalten kann. Das Herz arbeitet wieder, der Kreislauf wird durch die Pumpleistung wieder bedient, aber das Gehirn als sauerstoffsensitivste Struktur ist schon so geschädigt, dass ein normales Leben dann nicht mehr möglich ist", beschreibt Voigtländer die Situation.

Abdelhak Nouri beim Testspiel Ajax Amsterdam-Werder Bremen
Abdelhak Nouri in Aktion beim Testspiel seines Vereins Ajax Amsterdam gegen Werder Bremen. Wenig später blieb sein Herz stehen.Bild: Getty Images

Das Herz des Patienten schlage dann zwar wieder, aber das Gehirn funktioniere eben nicht mehr. "Das ist dann häufig ein dauerhaftes Koma und dann meistens auch die Ursache dafür, dass der Patient irgendwann verstirbt." Es gibt Patienten, die mehrere Monate oder auch Jahre im Koma liegen, ohne dass sie das Bewusstsein wiedererlangen.

Abdelhak Nouri war so ein Fall. Im Juli 2017 verlor der damals 20-jährige Fußballer von Ajax Amsterdam bei einem Testspiel das Bewusstsein. Die Ärzte vor Ort erkannten den Herzstillstand nicht sofort, ein Defibrillator wurde zu spät eingesetzt. Nouri fiel ins Koma und wachte erst ein Jahr später wieder auf, aber mit einem irreparablen Gehirnschaden. Heute ist er bettlägrig und 24 Stunden am Tag auf seine Familie angewiesen.

Notarzt zum Mitnehmen

Eine gesunde Lebensweise kann dabei helfen, das Herz gut in Schuss zu halten. Aber es gibt auch diejenigen, die alles richtig machen und bei denen es trotzdem zu Herzrhythmusstörungen und Kammerflimmern kommt. Die Lösung sei dann ein permanenter Defibrillator, sagt Voigtländer.

"Dieses Kammerflimmern kann mit einem Defibrillator beendet werden. Den implantieren die Chirurgen dann. Er funktioniert ähnlich wie ein Herzschrittmacher. Tritt Kammerflimmern auf, kann dieses Gerät es mit einem Stromstoß beenden", erklärt Voigtländer. Es sei in etwa so groß wie eine Streichholzschachtel. "Das ist dann so, als hätte der Patient seinen Notarzt immer dabei."

Gefühl der Verwundbarkeit

Selbst wenn ein Herzstillstand überstanden ist, heißt das keineswegs, dass alles wieder so ist wie früher. "Die Patienten, die ich kenne, die so etwas lebensbedrohliches durchgemacht haben und sogar wieder richtig fit sind, brauchen oft mehrere Jahre, um mit dem Ereignis einigermaßen fertig zu werden und es einzuordnen", gibt Voigtländer zu Bedenken. "Es bleibt ja doch das Gefühl der Verwundbarkeit und das Gefühl: Es kann mich jederzeit wieder erwischen."