Bei den Ärmsten der Armen
27. November 2015Zwar hat Papst Franziskus es nicht bis in die engen Gassen des Kangemi-Slums in Kenia geschafft - dorthin, wo die offenen Abwasserkanäle entlanglaufen, die tief in den Slum führen. Doch für die Bewohner des Slums war das zweitrangig: Sie feierten den Besuch von Papst Franziskus mit frenetischem Jubel und Applaus."Auch wenn er einen echt vollgepackten Zeitplan hat, hat er sich dennoch die Zeit genommen, uns hier zu besuchen", sagte die 42-jährige Felicitas Kyuli. "Das zeigt mir, dass er sich wirklich um die Armen sorgt."
Von seinem Papamobil konnte Papst Franziskus nur die äußeren Ränder des Slums sehen und allenfalls einen kurzen Blick auf das Labyrinth aus grauen und braunen Blechdächern erhaschen. "Die meisten Menschen nennen das hier einen Slum, aber ich nenne es mein Zuhause. Es ist ein sehr guter Ort", sagte der 14-jährige Schüler Peter Nyangu. "Ich bin so froh, dass der Papst kommt."
Bessere Straßen und Licht - dank Papstbesuch
Und weil der Papst hier zu Besuch ist, hat Kenias Regierung dafür gesorgt, dass der Schotterweg aufgebessert wurde, auf dem die päpstliche Entourage wandelt. Inzwischen gibt es sogar elektrisches Licht - davon können die meisten Slumbewohner in Nairobi nur träumen!
Der Papst selbst hätte sicher nichts dagegen gehabt, auch tiefer in den Slum einzutauchen. In Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires besuchte der "Slum-Bischof" - wie der gebürtige Argentiner liebevoll genannt wurde - die ärmsten und gefährlichsten Nachbarschaften der Stadt und feierte dort Messen.
Großes Polizeiaufgebot im Slum
Aber die angespannte Sicherheitslage und die Ratschläge seines Sicherheitsteams haben den Papst wohl davon abgehalten, durch den Slum zu wandern. Bewaffnete Polizisten und Mitglieder des "National Youth Service" hielten die Zuschauer auf Abstand; ein Helikopter überwachte die Gegend aus der Luft.
Eine katholische Kirche in der Nachbarschaft zeigte dem Papst, wie ein typischer afrikanischer Gottesdienst gefeiert wird. Kinder in pinken T-Shirts mit Papstkonterfei sangen und tanzten mit großer Begeisterung. Die Kirchengemeinde stimmte mit ein, die Menschen bewegten ihre Arme zum Rhythmus der Musik.
Einige Gläubige kamen mit klaren Botschaften für den Papst: Er solle der Regierung mitteilen, "dass sie die Serviceleistungen in unseren Slums und die Sicherheitslage verbessern muss", sagte Slumbewohnerin Pamella Akwede dem Papst. Sie berichtete über ihr Leben ohne Zugang zu fließendem Wasser, Strom und vernünftiger Bildung. Sie kämpfe permanent ums Überleben, sagte sie.
Die katholische Nonne Mary Killeen, die seit Jahrzehnten in Nairobis Mukuru-Slums arbeitet, forderte die Kirche auf, mehr zu tun. "Die Kirche ist zwar in den Slums präsent, aber das alleine ist noch nicht genug", sagte sie dem Papst.
Papst Franziskus fühlte sich unterdessen sehr wohl in der bescheidenen Kirche, die lediglich aus einfachen Steinen und einem Wellblechdach besteht. "Ich bin hier, weil ich euch sagen möchte, dass mir all eure Freuden und Hoffnungen, eure Schwierigkeiten und Sorgen nicht egal sind", sagte er zu Beginn seiner warmen und persönlichen Rede. "Wie könnte ich nicht das Unrecht anprangern, das euch widerfährt?"
Papst kritisiert unfaire Verteilung von Land
Der Papst lobte Nairobis Slumbewohner: Trotz der täglichen Not seien sie solidarisch und hätten ihren starken Glauben beibehalten. "Dies sind Wunden, die von Minderheiten verursacht wurden, die sich an Macht und Reichtum festklammern und ihr Geld selbstsüchtig verprassen, während eine wachsende Mehrheit gezwungen ist, in verlassene, schmutzige und heruntergekommene Randgebiete auszuweichen," sagte der Papst.
Er kritisierte auch die ungerechte Verteilung von Land - ein hochbrisantes Thema für Nairobis Slumbewohner, die zwar 60 Prozent der Stadtbevölkerung stellen, aber nur sechs Prozent der Landfläche bewohnen.
Papst Franziskus ließ auch kein gutes Haar an privaten Bauunternehmern, "die Landmassen anhäufen und sogar versuchen, sich die Spielplätze an den Schulen unserer Kinder anzueignen." Er forderte Land, Unterkünfte und Arbeit für alle Bürger.
Gemeindemitglied Clementine Matheka bebte immer noch vor Freude, als sie die Kirche nach dem Papstbesuch verließ. "Ich fühle mich wertgeschätzt, gewürdigt", sagte sie. "Einige reiche Leute, die ihn sehen wollten, haben das nicht geschafft. Aber ich habe ihn mit meinen eigenen Augen gesehen."