Papst Franziskus begeistert in Kenia
26. November 2015Peter Nyagia ist einer der wenigen Glücklichen, die es geschafft haben. Drei Stunden hat er im Regen angestanden, um auf den Campus der Universität von Nairobi zu kommen. "Seit drei Uhr morgens warte ich hier", sagt Nyagia. Der heftige Regen hat die grünen Wiesen der Universität in eine Matschlandschaft verwandelt.
Wie viele andere Kenianer hat der 35-jährige Buchhalter in kilometerlangen Schlangen ausgeharrt, um einen guten Platz bei der Papstmesse zu ergattern. Unzufrieden ist Nyaga mit den Sicherheitsleuten. Sie seien mit der Besuchermasse überfordert, die aufs Gelände drängt. "Sie haben keinerlei Respekt", bemängelt Nyagia. "Ich habe sogar gesehen, wie sie Leute in der Schlange geschlagen haben."
Hinter ihm werden Sicherheitsleute laut und halten drohend ihre Schlagstöcke in die Luft. Rettungskräfte tragen eine bewusstlose Frau in das nächstgelegene Erste-Hilfe-Zelt.
Traditionelle Tänze und Gesänge für den Papst
Kurz vor Ankunft des Papstes gegen 10 Uhr beruhigt sich die Situation wieder - der Regen jedoch prasselt weiter auf die Wartenden nieder. Hunderttausende Kenianer stehen dichtgedrängt unter bunten Regenschirmen und begrüßen den Papst mit Gesang, Tanzeinlagen und Kisuaheli-Rufen.
Junge Männer in feinen Anzügen, ältere Frauen in bunter Kleidung und Kopftüchern sowie Massai-Tänzer in traditioneller Kluft sind gekommen, um den Papst sprechen zu hören. Insgesamt sind es rund 300.000 Menschen - deutlich weniger als die zuvor erwarteten 1,4 Millionen.
Aus Angst vor Terroranschlägen sind die Sicherheitsvorkehrungen hoch - der Papst fährt in seinem offenen Papamobil recht zügig durch die Menge und stoppt auch nicht wie sonst, um die Hände von Gläubigen zu schütteln oder Babys zu segnen.
Keine kontroversen Themen
Papst Franziskus, der für seine scharfe Kritik an Armut und sozialer Ungerechtigkeit bekannt ist, scheut in seiner Predigt vor kontroversen Themen zurück. Dafür appelliert er an die Kenianer, ihre traditionellen Familienwerte hochzuhalten.
"Kenias Gesellschaft ist schon lange mit einem starken Familienleben, einem tiefen Respekt vor der Weisheit der Älteren und der Liebe zu Kindern gesegnet", sagt er. Die Gesundheit jeder Nation sei von dem Zustand der Familien abhängig.
Er fordert die Menge außerdem auf, sich "Praktiken zu widersetzen, die die Arroganz unter Männern begünstigen, die Frauen verletzen oder verachten und das Leben der unschuldigen Ungeborenen bedrohen." Die jüngeren Bürger Kenias sollten sich von den guten Werten afrikanischer Traditionen leiten lassen, so sein Appell.
Seine Worte kommen bei den Besuchern der Messe gut an. Familien spielen eine wichtige Rolle in der kenianischen Gesellschaft und sind für viele das einzige soziale Sicherheitsnetz. "Ich bin sehr glücklich über die Botschaft des Papstes", sagt Christine Denoon auf dem Campus-Gelände. "Wir sind letzten Endes Familienmenschen. Alles hier dreht sich um die Familie."
"Die Botschaft, die der Papst uns über Familien mitgegeben hat, ist wunderschön. In dieser modernen Zeit sind die Menschen oft zu beschäftigt. Die Familie nimmt einen niedrigeren Stellenwert ein", sagt die 38-jährige Josephine Kibunja.
Die katholische Kirche in Afrika ist konservativ
Die Predigt von Papst Franziskus mit dem Fokus auf traditionellen Werte könnte auch dazu beitragen, die Spaltungen in der katholischen Kirche etwas abzumildern. Der Papst hatte in der Vergangenheit wiederholt zu einer offeneren Haltung gegenüber getrennt lebenden oder wiederverheirateten Katholiken aufgerufen. Das wiederum ist in Afrika nicht auf viel Gegenliebe gestoßen - hier ist die katholische Kirche extrem konservativ. Afrikanische Bischöfe gelten als die strengsten Kritiker in Bezug auf kirchlichen Wandel.
"Ich denke, diese Predigt wird bei konservativen Christen gut ankommen", sagt Daniel Dodory, ein katholischer Priester, der an der Papstmesse teilgenommen hat.
Der Papst wird Kenia am Freitag verlassen und nach Uganda weiterreisen. Vorher besucht er noch einen Slum in Nairobi und trifft junge Kenianer in Nairobis größtem Sportstadion.