Papst Franziskus: "Die Synode ist kein Parlament"
5. Oktober 2015In eine blütenweiße Soutane gewandet, von einem Podest herab, so begrüßte Papst Franziskus die rund 400 Teilnehmer, darunter 270 Bischöfe aus aller Welt, in der Synodenaula des Vatikan. Er sprach Italienisch. Mit leiser Stimme, die umso konzentrierter und eindringlicher klang, appellierte er an die Synodalen, ihre Debatten zum Familienbild mit Mut, Offenheit und Demut anzugehen und dabei das Wohl der Kirche und der Familien im Blick zu behalten. "Die Synode ist kein Parlament, wo man für einen Konsens eine gemeinsame Abmachung trifft, Verhandlungen führt, Vergleiche oder Kompromisse schließt", sagte der 78-jährige Argentinier. Die Synode müsse sich vielmehr dem Wirken des Heiligen Geistes öffnen. Der Glaube sei "kein Museum, das man nur anschaut oder bewahrt, sondern eine lebendige Quelle".
Papst Franziskus forderte die Bischöfe auf, freimütig zu reden und miteinander in einen Dialog zu treten. Sie sollten ihre eigenen Gewohnheiten und Vorurteile überwinden, um ihren Brüdern zuzuhören. Während seiner Rede war die Nervosität unter den Bischöfen deutlich zu spüren. Lauernde Blicke schossen durch den Raum. Zu kontrovers war die Debatte zwischen Reformern und Traditionalisten bereits im Vorfeld der Synode verlaufen. Umstritten sind vor allem der Zugang von geschiedenen Wiederverheirateten zur Kommunion sowie der Umgang der Kirche mit Homosexuellen. Ob die Synode in diesen Streitfragen zu Kompromissen finden wird, steht dahin.
Transparenz wird groß geschrieben
So verteidigte etwa der Generalrelator der Versammlung, der Budapester Kardinal Peter Erdö, in seinem Eröffnungsreferat am Montag die geltende Lehre der Kirche. Mit Nachdruck bekräftigte er die Unauflöslichkeit der Ehe. "Die Wiederheirat nach dem Scheitern einer kirchlich geschlossenen Verbindung verstößt gegen die Botschaft Jesu Christi", so Erdö. Das schließe die Betroffenen vom Empfang der Kommunion aus. Die Kirche sei aber gefordert, wiederverheiratete Geschiedene seelsorgerisch und barmherzig zu begleiten. Als Generalrelator ist Erdö der Berichterstatter der Bischofsversammlung und hat wichtigen Einfluss auf die Formulierung der Synodenergebnisse.
Erdö hatte auch die vorbereitende Synode im letzten Hebst geleitet. Doch anders als vor einem Jahr gibt es dieses Mal keinen Zwischenbericht. Die Synodalen diskutieren jetzt in kleineren Sprachgruppen. Deren Ergebnisse sollen veröffentlicht werden und in ein Abschlussdokument einfließen, das dem Papst vorgelegt wird. Transparenz wird dieses Mal großgeschrieben im Vatikan.
Regionalisierung könnte Lösung sein
Ob sie hilft, die tiefen theologischen Gräben zwischen den Bischöfen zu überwinden? Das gilt als unwahrscheinlich. Kompromisslinien zeichnen sich bisher einzig beim Thema der wiederverheirateten Geschiedenen ab. Würde man die Autonomie der nationalen Bischofskonferenzen stärken, raunen manche, könnten diese in eigener Verantwortung entscheiden. Das Zauberwort hieße "Regionalisierung". Beim Umgang der Katholischen Kirche mit gleichgeschlechtlichen Paaren hingegen dürfte mit einer Einigung kaum zu rechnen sein. Zu groß sind die Vorbehalte besonders unter den konservativen Bischöfen aus Afrika und Osteuropa. Entsprechend erbost reagierte der Vatikan, als sich am Wochenende ein ranghoher Mitarbeiter der Römischen Glaubenskongregation öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Er wurde postwendend suspendiert.
Bei der Live-Übertragung der Synodeneröffnung richtete sich die Kamera auch einmal auf die aus Deutschland angereisten Teilnehmer. Die Deutsche Bischofskonferenz hat ihren Vorsitzenden, Kardinal Reinhard Marx aus München, den Berliner Erzbischof Heiner Koch und Bischof Franz-Josef Bode nach Rom entsandt. Auch ihnen war die Spannung anzusehen. Sie werden in der deutschen Sprachgruppe diskutieren, die zu den aufregendsten Runden der Synode zählen dürfte. Denn am Tisch sitzen herausragende Köpfe der zerstrittenen Fraktionen: Der eher reformorientierte frühere Kurienkardinal Walter Kasper und der Präfekt der Römischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Mitten durch die Runde geht der moralisch-ideologische Riss, der auch die Weltbischofssynode spaltet: Wie sehr kann, wie sehr muss Kirche ihre Lehre der Lebenswirklichkeit anpassen?