Kenianer warten gespannt auf den Papst
24. November 2015Papst Franziskus ist bereits hier in Nairobis Kathedrale der Heiligen Familie angekommen - zumindest als Pappaufsteller (siehe Foto oben). Der Papstplatzhalter winkt und lächelt die Gottesdienstbesucher an, die sich in der Kirche zum Mittagsgebet treffen.
"Ich fühle mich innerlich wie entfacht, glücklich und gesegnet", sagt die 31-jährige Kevin Bundi, als sie die Treppenstufen der Kathedrale heraufeilt. Einer aktuellen Meinungsumfrage zufolge sagen 93 Prozent der Kenianer auch über religiöse Grenzen hinweg, dass sie sich auf den päpstlichen Besuch freuen. Mehr als 1,4 Millionen Menschen werden zur öffentlichen Messe am Donnerstag erwartet.
Frieden und Versöhnung haben oberste Priorität
Maurene Okumu verteilt Einladungen für die Papstmesse. "Wir hoffen, dass er für den Frieden in Kenia beten wird. In unserem Land gibt es keinen Frieden", sagt sie.
Diesen Wunsch nach Frieden teilen viele in dem Land, das in den vergangenen Jahren mit terroristischen Angriffen zu kämpfen hatte. Noch immer sind viele Kenianer geschockt darüber, dass im April Milizen der islamistischen Al Schabaab die Universität in Garissa im Osten des Landes stürmten. 148 Menschen starben, fast ausschließlich Studenten, die meisten von ihnen Christen.
Außerdem schwelen unter der Oberfläche ethnische Spannungen im Land. Viele Kenianer fürchten, dass sich ethnische Gewaltausbrüche wie nach den Wahlen 2007 wiederholen könnten. Damals waren mehr als 1.000 Menschen gestorben.
Der Papst hat bereits angedeutet, dass die Themen Frieden und Versöhnung auf seiner fünftägigen Reise oberste Priorität haben werden. "Wir leben in einer Zeit, in der überall Gläubige und gutmütige Menschen dazu aufgerufen sind, Verständnis und Respekt für einander zu fördern und jeden als Teil der einen menschlichen Familie zu unterstützen", sagte er in einer am Sonntag veröffentlichten Videobotschaft.
Dieser päpstliche Aufruf ist in Kenia gut angekommen. "Seine Anwesenheit und seine Anerkennung, dass in diesem Land Menschen unterschiedlichen Glaubens sind, sind ein klares Zeichen dafür, dass der Papst [gute] Beziehungen zwischen den Religionen vorantreiben möchte", sagte Hassan Ole Nado, Vize-Generalsekretär des Obersten Rats der Muslime in Kenia (SUPKEM) der DW. Ungefähr elf Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Am Donnerstag trifft sich Papst Franziskus mit muslimischen Führungspersonen und Vertretern anderer Religionen.
Menschen erwarten päpstliches Urteil gegen Korruption
Die Gottesdienstbesucher in der Kathedrale der Heiligen Familie hoffen auch, dass der Papst die im Land grassierende Korruption anspricht. Anthony Gachuru, einer der Gläubigen, sagt: "Er muss den Menschen sagen, dass sie Korruption vermeiden sollen."
Am vergangenen Sonntag trat Ann Waiguru, Ministerin für Dezentralisierung und Planung, zurück, nachdem öffentliche Gelder verschwunden waren; darunter fast 100 Millionen Euro für den Nationalen Jugenddienst, vergleichbar mit dem Bundesfreiwilligendienst. Kenias Präsident Uhuru Kenyatta hat versprochen, hart gegen Korruption vorzugehen, aber die Öffentlichkeit vertraut der Regierung kaum. "Handeln statt große Reden zu schwingen, das ist der Schlüssel im Krieg gegen Bestechung", schrieb die Zeitung "Daily Nation" über die aktuelle Initiative des Präsidenten.
Der Papst beabsichtigt auch, ein Schlaglicht auf die wuchernde Armut in Afrika zu werfen. Am Freitag wird er das Slumviertel Kangemi am Rand Nairobis besuchen, wo mehr als 200.000 Menschen leben. Mehr als 40 Prozent der Kenianer leben unterhalb der Armutsgrenze.
Die Katholiken warten auch darauf, dass der Papst etwas zur Zukunft ihrer Kirche sagt. Papst Franziskus hat wiederholt eine behutsame Reform der harten Haltung zu Homosexualität und Scheidung vorgeschlagen. Seinen Äußerungen folgte scharfer Widerstand von konservativen Katholiken weltweit, afrikanischen Bischöfen eingeschlossen.
"Er muss eine mutige Haltung einnehmen, wo sich die Kirche hinbewegen wird", sagt Myriam Mwangi, Familienplanerin im Erzbistum Nairobi. Sie wird die Meinung des Papstes respektieren, hat aber selbst einen klaren Standpunkt: "Ich möchte, dass die Kirche traditionell bleibt."
Inzwischen ist der Papst in Nairobi angekommen. Am Abend ist ein Treffen mit dem kenianischen Präsidenten Uhuru Kenyatta geplant. Die erste große Papstmesse wird im Donnerstag in Nairobi gefeiert. Erwartet werden mindestens 500.000 Menschen.
Nach Kenia wird Papst Franziskus am Freitag weiter nach Uganda und anschließend in die Zentralafrikanische Republik reisen. In den Hauptstädten Kampala und Bangui will er öffentliche Papstmessen feiern sowie ein Flüchtlingslager in der Zentralafrikanischen Republik besuchen.
Mitarbeit: James Shimanyula in Nairobi