Ordnung muss sein - auch bei Hitze
29. Juni 2019Wenn die Autobahn aufplatzt
Autobahnen sind ein Markenzeichen Deutschlands im Ausland. "Freie Fahrt für freie Bürger!" ist seit der gleichnamigen Kampagne des Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) in den 1970er Jahren das Motto schneller Kraftfahrer hierzulande, Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten noch immer vielerorts als verpönt. Die große Hitze kann Tempoliebhabern aber einen Strich durch die Rechnung machen.
Hohe Temperaturen führen zu Spannungen in den Fahrbahndecken, in der Folge können ältere Betonfahrbahnen aufplatzen oder sich aufwölben. Diese Schäden werden "Blow-ups" genannt. Tempolimits sollen helfen, die Unfallgefahr auf den betroffen Strecken zu minimieren. Da nicht vorhersehbar ist, wo solche "Blow-ups" auftreten können, gilt die Vorsichtsmaßnahme immer dann, wenn an zwei aufeinander folgenden Tagen die 30-Grad-Marke überschritten wird.
Sehr deutsche Forderung: Das Waldbetretungsverbot
Eine der liebsten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen ist der Waldspaziergang, gerade im Sommer verspricht der Schatten der Bäume zusätzliche Abkühlung. Schon der Dichter Theodor Fontane beschwor im 19. Jahrhundert in seinem Gedicht "Mittag" die Erholsamkeit: "Am Waldessaume träumt die Föhre, am Himmel weiße Wölkchen nur, es ist so still, dass ich sie höre, die tiefe Stille der Natur …".
Doch mit dieser Art der Freizeitgestaltung könnte bald Schluss sein - wenn es nach dem FDP-Agrarexperten Karlheinz Busen geht. Der Bundestagsabgeordnete fordert angesichts der hohen Brandgefahr, den Zutritt zu Deutschlands Wäldern vorübergehend zu verbieten.
"Mit Ausnahme von Förstern oder Jägern" solle "ein Waldbetretungsverbot verhängt werden - mit empfindlichen Ordnungsgeldern bei Verstößen". Angesichts von rund 1700 Waldbränden im Sommer 2018 geht es dem Agrarexperten nach eigenem Bekunden vor allem "um den Schutz von Menschenleben: Ein einmal ausgebrochener Brand wird bei der aktuellen Trockenheit der Wälder schnell auch zur Falle für Waldspaziergänger."
Kein Recht auf Hitzefrei
Die gute Nachricht vornweg: Viele Schulkinder in Deutschland können das schöne Wetter genießen. Die meisten Schulen entscheiden sich bei den momentanen Temperaturen für hitzefrei. Bei Arbeitnehmern sieht die Sache allerdings schon anders aus. Ein Recht auf Hitzefrei gibt es in der Berufswelt nicht. Allerdings sind Arbeitgeber durch ihre Fürsorgepflicht und die Arbeitsstättenverordnung dazu verpflichtet, für eine "gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur" zu sorgen. Konkret bedeutet das: Im Büro sollte es nicht heißer als 26 Grad sein. Ab 30 Grad muss der Arbeitgeber gegen die Hitze vorgehen.
Dass bei solchen Temperaturen sogar bei staatlichen Autoritäten ab und an ein Auge zugedrückt wird, zeigt das Beispiel Berlin: Zwar müssen die Polizisten in der Hauptstadt auch bei Temperaturen über 30 Grad weiterhin lange Hosen und geschlossene Schuhe tragen. Allerdings können sie vom Mützenzwang befreit werden. Kurze Ärmel sieht die Uniform in Form von Poloshirts bei Bedarf ohnehin schon vor.
Baden im Brunnen verboten
Vor allem in den Innenstädten der Großstädte droht der Sommer noch unangenehmer zu werden: Was wäre da also schöner, als in einem der vielen Brunnen der Republik zu planschen? Doch auch hier ist Vorsicht geboten, wie ein Blick in die Grünanlagensatzungen der Kommunen im ganzen Land zeigt. Exemplarisch für die Republik heißt es in Paragraph 2 Absatz 2 Nr. 7 der Münchener Ausgabe: "Das Baden in Gewässern außer in Freibadegeländen ist verboten".
Wer in Berlin gegen ein ähnlich lautendes Verbot verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße bis 5000 Euro bestraft werden. Auch das Planschen oder ein öffentliches Fußbad sind in den meisten Kommunen übrigens nicht gestattet, da die Brunnen in der Regel zum Anschauen und zur Verschönerung eines Platzes gedacht sind.
Kölner Dom: Abkühlen nur angezogen erlaubt
Dass die Auswirkungen der schnöden irdischen Hitzewelle auch vor himmlischen Gemäuern keinen Halt machen, beweist derzeit die Presseabteilung des Kölner Doms. Eifrig ist man dieser Tage bemüht, darauf hinzuweisen, dass spärlich bekleidete Besucherinnen und Besucher sich in der bekanntesten Kirche des Landes auch an heißen Tagen mit einem Tuch bedecken müssen.
Die Tücher werden von den Domschweizern, den Ordnungshütern im Dom, ausgegeben. Auch (Eis-)Essen und gar (Wasser-)Trinken ist im Dom nicht erlaubt. Völlig legitim ist es aber, den Dom zur Abkühlung aufzusuchen. In der Kathedrale liegt die Temperatur zurzeit bei etwa 21 Grad, wie die eigens für Besucher entwickelte Dom-App zeigt.