Obama: Wusste er oder wusste er nicht?
28. Oktober 2013Das "Wall Street Journal" beruft sich auf US-Regierungsvertreter. Der US-Geheimdienst NSA habe bis vor wenige Wochen die Bundeskanzlerin belauscht. Die Abhöraktion sei nach einer von der Regierung in Washington im Sommer in Auftrag gegebenen internen Untersuchung eingestellt worden, berichtete das Wall Street Journal.
Bei dieser Untersuchung sei herausgekommen, dass die NSA rund 35 internationale Spitzenpolitiker überwache. Als das Weiße Haus davon erfahren habe, seien einige Abhöraktionen gestoppt worden, darunter auch die gegen Merkel, wurde ein hochrangiger Regierungsvertreter zitiert. Dem Bericht zufolge deutet dies darauf hin, dass US-Präsident Barack Obama bis dahin nichts von den Bespitzelungen wusste.
Persönlich informiert?
Das hatte die "Bild am Sonntag" zuvor noch anders dargestellt. Die Zeitung hatte unter Berufung auf einen ranghohen NSA-Mitarbeiter berichtet, Obama sei 2010 persönlich vom NSA-Chef Keith Alexander über die Überwachung Merkels informiert worden. Zudem sei neben dem Handy, das Merkel als CDU-Vorsitzende benutzt, auch ein angeblich abhörsicheres Mobiltelefon angezapft worden, das sie erst im Sommer erhielt. Eine NSA-Sprecherin dementierte den Bericht.
60 Millionen Telefondaten soll der Geheimdienst der Amerikaner innerhalb weniger Wochen gespeichert haben, so der jüngste Bericht des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald für die Madrider Zeitung "El Mundo". Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, fordert als Konsequenz aus der Abhöraffäre um den US-Geheimdienst NSA eine Aussetzung des Swift-Abkommens zum Austausch von Finanzdaten und vergleichbarer Vereinbarungen mit den USA. "Die jetzigen Veröffentlichungen verdeutlichen, dass die Amerikaner durch gutes Zureden nicht dazu zu bewegen sein werden, sich an unser Recht zu halten", sagte Schaar der "Berliner Zeitung". Empörung alleine sei zwar verständlich, werde aber nicht zu einem verbesserten Schutz der Daten führen, sagte Schaar.
Nach den Grünen und den Linken forderte auch die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag. Dies sei "unvermeidlich", sagte Nahles der "Bild"-Zeitung. Dabei könne der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der mit seinen Enthüllungen den Skandal ins Rollen gebracht hatte, ein "wertvoller Zeuge" sein. Nahles sprach sich auch dafür aus, wieder unabhängiger von den Informationen der US-Geheimdienste zu werden.
Union ist skeptisch
Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach äußerte sich dagegen skeptisch über den Nutzen eines Untersuchungsausschusses. Es stelle sich die Frage, "ob wir die US-Ausspähpraxis mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt aufklären können", sagte Bosbach der "Saarbrücker Zeitung".
ml/haz (dpa,afp,rtr)