Nachhilfe für deutsch-afrikanische Wirtschaftsbeziehungen
8. Februar 2017Die Bundesregierung ist im Afrika-Fieber: Gleich drei Ministerien sind beim deutsch-afrikanischen Wirtschaftsgipfel in Nairobi mit von der Partie. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Entwicklungsminister Gerd Müller nehmen selbst an der Konferenz in Nairobi teil, das Finanzministerium schickt einen parlamentarischen Staatssekretär. Ursprünglich stand auch noch Außenminister Sigmar Gabriel als Redner auf dem Programm. Auch die afrikanische Seite ist hochrangig vertreten: Kenias Präsident Uhuru Kenyatta eröffnet das dreitägige Treffen, Minister aus fünf afrikanischen Staaten sind ebenfalls mit dabei.
Klare Ansagen gab es schon im Vorfeld. "Die deutsche Wirtschaft verschläft hier einen Markt", sagte Entwicklungsminister Müller vor wenigen Wochen im ZDF. Es gibt gleich mehrere Gründe, warum der deutschen Politik mehr deutsches Wirtschaftsengagement in Afrika so wichtig ist.
Da sind zum Einen die hohen Flüchtlingszahlen aus Afrika. Auch die Bundesregierung hat erkannt, dass die Lebensbedingungen in Afrika besser werden müssen, damit weniger Menschen zur Flucht nach Europa gedrängt werden. "Wenn wir die Probleme Afrikas nicht lösen, kommen sie über kurz oder lang zu uns", mahnte Entwicklungsminister Müller vor wenigen Wochen in Berlin.
Zum Anderen geht es der Politik aber auch um Arbeitsplätze in Deutschland. "Viele Politiker sehen, dass Afrika als Investitionsstandort und Markt zunehmend interessant wird", sagt die Entwicklungsexpertin Evita Schmieg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. "Europa war lange Zeit die wichtigste Quelle für afrikanische Importe. Das ist immer noch so, aber es hat erheblich an Bedeutung verloren", so Schmieg zur DW.
China hat die Nase vorn
Das große Geschäft in Afrika machen derzeit andere. Zum Beispiel beim Gipfel-Gastgeber Kenia. Chinesische Unternehmen bauen eine Bahnstrecke zwischen Kenias wichtigstem Seehafen Mombasa und der Hauptstadt Nairobi. Schließlich soll die Bahn weiter bis ins Nachbarland Uganda führen. Kostenpunkt: Fast 14 Milliarden Euro. Auch als Handespartner werden Länder wie China und Indien immer wichtiger. Denn Afrika bietet - wie Regierungsvertreter gebetsmühlenartig wiederholen - auch enorme Chancen. Das gemeinsame Bruttoinlandsprodukt des Kontinents hat sich seit 1990 verfünffacht, es gibt nach wie vor riesige Bodenschätze - und die Bevölkerung nimmt zu.
Deutsche Firmen halten sich dagegen zurück. Nur rund 1000 deutsche Unternehmen sind nach Angaben des Entwicklungsministeriums auf dem Kontinent aktiv. Rund zwei Drittel der Investitionen fließen nach Südafrika. Im deutschen Außenhandel spielt Afrika mit Anteilen von zwei bis drei Prozent bisher kaum eine Rolle. "Auch wenn wir immer wieder von einem Chancenkontinent sprechen, gibt es für die deutsche Wirtschaft enormen Nachholbedarf", sagt Heinz-Walter Große. Er ist der Vorsitzende der Subsahara-Afrika Initiative der deutschen Wirtschaft (SAFRI), die das Treffen organisiert.
Aber immer mehr Firmen nähmen Afrika wahr, betont Große. "Ich glaube, dass sich der afrikanische Kontinent auch in den letzten zwölf Monaten in der Form weiterentwickelt hat, dass er bei deutschen Unternehmen Interesse weckt", sagt der SAFRI-Chef im DW-Interview.
Mehr Sicherheit für deutsche Investitionen
Trotzdem schrecken viele Unternehmen vor Investitionen in Afrika zurück. Viele Firmenchefs scheuen die politische Instabilität in manchen Ländern. Auch die hohen Korruptionsraten sind ein Investitionshindernis. Wirtschaftsverbände drängen daher auf mehr staatliche Garantien, um mögliche Investitionsrisiken abzusichern. Auch Entwicklungsminister Müller schlägt in seinem "Marshallplan mit Afrika" entsprechende Instrumente vor.
Doch das alleine reiche nicht, um deutsche Investitionen in Afrika zu steigern, sagt SWP-Expertin Schmieg. Gerade für mittelständische Unternehmen seien politische Stabilität und eine gute Zahlungsmoral der afrikanischen Partner wichtig: "Langfristig wird es daher absolut zentral sein, wie sich die Rahmenbedingungen in Afrika entwickeln. Mit Wirtschaftsförderungsinstrumenten können wir nur sehr begrenzt daran arbeiten."