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"Deutsche Wirtschaft hat enormen Nachholbedarf"

Daniel Pelz
8. Februar 2017

In Nairobi findet gerade das zweite Deutsch-Afrikanische Wirtschaftsforum statt. Die DW sprach mit dem Veranstalter Heinz-Walter Große von der Subsahara-Afrika-Initiative der deutschen Wirtschaft.

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Eritrea Bisha Mine bei Asmara
Bild: Reuters/T. Mukoya

DW: Herr Große, was hat sich seit dem ersten "German–African Business Summit" Ende 2015 in den deutsch-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen getan?

Heinz-Walter Große: Ich glaube, dass sich der afrikanische Kontinent auch in den letzten zwölf Monaten in der Form weiterentwickelt hat, dass er bei deutschen Unternehmen Interesse weckt. Das ist in den einzelnen Regionen und Ländern sehr unterschiedlich, aber der bilaterale Handel nimmt zu. Das zeigen auch die Entwicklungszahlen. 2015 hat sich beispielsweise der deutsche Handel mit Afrika auf nahezu 26 Milliarden Euro ausgeweitet.

Warum sind dann trotzdem nur rund 1000 deutsche Firmen in Afrika aktiv?

Das muss man in der Tat kritisch sehen. Afrika macht nur eineinhalb bis zwei Prozent des gesamten deutschen Handels aus. Das gilt auch für die einzelnen Firmen, die in Afrika Handel treiben. Es gibt kaum ein Unternehmen, das mehr als zwei Prozent seines Umsatzes in Afrika erzielt. Auch wenn wir immer wieder von einem Chancenkontinent sprechen, gibt es für die deutsche Wirtschaft enormen Nachholbedarf.

Warum sind die Firmen denn noch so zurückhaltend?

Wenn ich einmal die B. Braun Melsungen AG als Beispiel nehme (die Firma, dessen Vorstandsvorsitzender Heinz-Walter Große ist, Anm.d.Red.): Wir erreichen heute einen Umsatz von 6,5 Milliarden Euro. Davon erzielen wir 100 Millionen Euro Umsatz in Afrika, das sind eineinhalb Prozent. Zunächst haben wir uns auf unseren Aufbau in Europa konzentriert und wir sind früh nach Asien gegangen. Parallel haben wir aber auch immer geschäftliche Beziehungen zu Afrika gepflegt. Es ist sicherlich weiterhin so, dass sich der Fokus vieler Unternehmen sehr stark auf Asien richtet, aber weniger stark auf Afrika.

Chinesische Firmen bauen in Afrika Häfen, Bahnlinien, auch Straßen. Glauben Sie, dass deutsche Firmen diesen Vorsprung in der Zukunft überhaupt noch einholen können?

Portraitfoto von Heinz-Walter Große, SAFRI-Vorsitzender.
Heinz-Walter Große ist Vorsitzender der SAFRI. Bild: B. Braun Melsungen AG

Ich glaube, dass es in Afrika genügend Chancen und genügend Großprojekte gibt, an denen sich deutsche Unternehmen beteiligen können. Es ist leider so, dass es beispielsweise im Infrastrukturbereich im Moment kaum große Projekte gibt, bei denen deutsche Unternehmen die Führung haben. Es gibt eine große Anzahl von Projekten, in denen chinesische Firmen führend sind. Sie leiten diese Projekte und stellen auch die Finanzierung sicher. Auch hier hat die deutsche Wirtschaft Aufholbedarf. Wenn man sich den afrikanischen Kontinent anschaut, wird es hier aber noch genügend Möglichkeiten für deutsche Firmen geben.

Wie bewerten Sie die aktuellen öffentlichen Fördermaßnahmen für deutsche Firmen, die sich in Afrika engagieren?

Finanzierungsmöglichkeiten und Absicherungen sollten gerade in Großprojekten auch weiterhin sichergestellt werden. Schauen Sie sich beispielsweise die Export- und Investitionsabsicherungen durch Hermes-Bürgschaften an. Es war durchaus gut, dass es in der Deckungspolitik in den letzten Jahren Erweiterungen gegeben hat. Allerdings glaube ich, dass wir noch weiter daran arbeiten müssen. Nicht nur, um den Handel abzusichern. Sondern auch, um weitere Anreize und Instrumente für Investitionen, insbesondere für kleine Unternehmen, zu schaffen.

Was halten Sie von Vorschlägen wie dem "Marshallplan mit Afrika", mit dem die deutsche Politik Privatinvestitionen fördern will?

Der Marshallplan mit Afrika kommt aus dem Entwicklungsministerium. Ich denke, dass er die Themenfelder schon sehr strukturiert zusammenfasst, die wir im Bezug auf Afrika abzuarbeiten haben. Aber er soll ja weiterentwickelt werden - und wir müssen in den einzelnen Punkten zu konkreten Maßnahmen kommen. Entwicklungsminister Müller ist hier meiner Meinung nach sehr aktiv.

Was ist die deutsche Wirtschaft bereit, zu leisten, damit Menschen in Afrika von deutschen Investitionen profitieren und zum Beispiel gut bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden?

Das ist in der Tat ein Thema. Minister Müller legt großen Wert auf fairen Handel und zeigt beispielhaft immer wieder auf, wo es an der einen oder anderen Stelle auch zu nicht so fairen Bedingungen kommt. Aber wenn deutsche Unternehmen in Afrika tätig sind, wird das auch dazu führen, dass verantwortungsvolle Arbeitsplätze entstehen. Da bin ich mir ganz sicher. Wir als Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI) wollen mehr deutsche Firmen motivieren, in Afrika aktiv zu werden. Es geht dabei um Arbeitsplätze, es geht um Wertschöpfung, und es geht darum, die gesamte Wertschöpfungskette nach Afrika zu bringen. Wir müssen den gegenseitigen Handel fördern, um aus dem reinen Rohstoffexport herauszukommen.

Heinz-Walter Große ist der Vorsitzende der Subsahara-Afrika Initiative der deutschen Wirtschaft (SAFRI). Die Initiative wird vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Bundesverband für Groß-, Außenhandel und Dienstleistungen (BGA) und dem Afrika-Verein der Deutschen Wirtschaft getragen. Zudem ist Groß Vorsitzender der B. Braun Melsungen AG. SAFRI ist Veranstalter des zweiten Deutsch-Afrikanischen Wirtschaftsforums (German Africa Business Summit), das vom 8. bis 10. Februar in der kenianischen Hauptstadt Nairobi stattfindet.

Das Interview führte Daniel Pelz.