Neuer AfDB-Präsident nimmt Amtsgeschäfte auf
1. September 2015In der Vergangenheit waren zumeist Vertreter kleinerer Länder an die Spitze der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) gewählt worden. Repräsentanten der größten Ökonomien hatten es traditionell eher schwer. Diese Regel hat diesmal nicht gegriffen: Mit dem 55-jährigen Agrarökonom Akinwumi Adesina stellt ab Dientag (01.09.2015) Afrikas größte Wirtschaftsnation Nigeria den Präsidenten der einflussreichsten Finanzinstitution des Kontinents. Der frühere nigerianische Landwirtschaftsminister Adesina beerbt den Ruander Donald Kaberuka als Präsident der Bank, die ihren Sitz in der ivorischen Metropole Abidjan hat.
Adesina twittert Dankesbekundung
Auf Twitter brachte Nigerias Adesina kurz nach der Wahl Ende Mai seine Dankbarkeit zum Ausdruck: Er sei glücklich, dass er zum achten Präsidenten der wichtigsten Entwicklungsbank Afrikas gewählt worden sei. Und er verspricht: "Ich werde Afrika nicht enttäuschen."
Souverän auf internationalem Parkett
Akinwumi Adesina gilt als eine gute Wahl, als kompetenter und überzeugungsstarker Mann. Hervorgehoben werden vor allem seine rhetorischen Fähigkeiten. Er genießt hohes Ansehen, auch auf internationalem Parkett. Bei der Wahl konnte er 60 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen und sich - deutlicher als von vielen Beobachtern erwartet - gegen seine schärfsten Rivalen, den früheren tschadischen Finanzminister Kordjé Bedoumra und die kapverdische Finanzministerin Cristina Duarte durchsetzen.
Bereits einige Wochen vor seiner Wahl zeigte sich Adesina im Gespräch mit der DW davon überzeugt, dass er der richtige Mann an der Spitze der Bank sei. Zweifel an seiner Wahl zeigte er kaum. Seine Rolle als Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank sei es, die Institution zur "ersten Adresse" bei der Finanzierung von Entwicklungsprojekten in Afrika zu machen: "Keine Bank kennt Afrika besser als diese. Keine hat engere Beziehungen zu den Regierungen in Afrika und deshalb können wir rechtliche Fragen besser lösen. Ich selbst habe die besten Beziehungen zu afrikanischen Regierungen und auch zu europäischen Instanzen. Und ich habe Erfahrungen damit, mit Regierungen auf höchster Ebene zusammenzuarbeiten. Und das ist das Wichtigste."
Fünf Prioritäten für Afrika
Akinwumi Adesina formulierte bei seiner Bewerbung um den Top-Posten immer wieder "fünf strategische Prioritäten für den afrikanischen Kontinent": Integrierte Infrastrukturprojekte; das Wachstum des privaten Sektors; eine Stärkung des Arbeitsmarkts, vor allem für Jugendliche und Frauen; eine Dynamisierung der ländlichen Ökonomie sowie eine bessere Verteilung des Wohlstands durch regionale Integration.
Die Probleme des Kontinents begreife er als große Herausforderung. Es gelte, die Armut, auch und vor allem in den Megastädten Afrikas, durch die Finanzierung von zukunftsweisenden Infrastrukturprojekten zu bekämpfen: "Afrika hat heutzutage ein massives Problem mit der Urbanisierung. Die Städte wachsen chaotisch: Ob in Lagos, Kishasa, in Kairo oder in Nairobi - überall wachsen die Slums. Die wenigen kleinen Inseln des Wohlstands sind in Afrika umgeben von Ozeanen der Armut. In diesen Gegenden brauchen wir nicht bloß Straßen, sondern zum Beispiel auch Abwasser- und Wasserversorgungsnetze und auch öffentliche Verkehrssysteme, die es den Menschen erlauben, ihre Arbeitsplätze in den Stadtzentren zu erreichen. Ich denke, Afrika sollte irgendwann nicht mehr nur mit Slums in Verbindung gebracht werden. Und dafür brauchen wir eine intelligente Infrastruktur."
Landarbeitersohn will Industrialisierung fördern
Adesina ist Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt Landwirtschaft. Seine Ausbildung absolvierte der Sohn und Enkel von Landarbeitern in Nigeria und in den USA. Bevor er 2010 den Posten des Ministers für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung in Nigeria übernahm, war er bei AGRA aktiv, einer US-finanzierten Entwicklungshilfeorganisation, die vor allem kleinbäuerliche Projekte in Afrika unterstützt.
Sein Augenmerk liege aber bei Weitem nicht nur auf der Landwirtschaft, betonte Adesina im DW-Gespräch. Eine seiner größten Aufgaben sehe er darin, die Industrialisierung Afrikas mit klug eingesetzten Krediten aktiv zu unterstützen. Was vielen Verantwortlichen gar nicht klar sei: Afrika sei dabei, sich zu deindustrialisieren. Auch hier könne und müsse die AfDB in Zukunft Abhilfe schaffen: "Der Anteil Afrikas an der globalen industriellen Produktion ist von 1,8 Prozent im Jahre 1989 auf heute nur 1,4 Prozent zurückgegangen. Wenn man im Gegenzug auf Asien schaut, stellt sich ein ganz anderes Bild dar: Im gleichen Zeitraum ist der Anteil Asiens von 8,9 Prozent auf 34,5 Prozent angestiegen. Und das ist unser Problem Afrika deindustrialisiert sich und einer der Hauptgründe dafür ist der fehlende Zugang zu Energie. Energie ist alles! Es ist die Verbindung zwischen Afrika und den globalen Märkten."
AfDB: Wachsende internationale Wahrnehmung
Auch nicht-afrikanische Staaten sind Mitglieder und halten Anteile an der Bank. Viele westeuropäische Länder, so auch Deutschland, sind ihr Anfang der 1980er Jahre beigetreten.
"Die Wahl des neuen Präsidenten der AfDB wird nicht nur in Afrika wahrgenommen", sagt Winfried Polte, Professor am Internationalen Zentrum für Nachhaltige Entwicklung (IZNE), an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Akinwumi Adesina hält er für eine gute Wahl. In den letzten Jahren habe sich eine neue Generation von kompetenten Leuten an der Spitze der AfDB durchgesetzt, so Polte. Das sei nicht immer so gewesen, erinnert sich der Spezialist für Entwicklungspolitik und Entwicklungsfinanzierung, der die Arbeit der Bank seit ihrer Gründung in den 1960er Jahren kritisch begleitet: "Die Afrikanische Entwicklungsbank hatte in den 80er und 90er Jahren ein erhebliches Reputationsproblem. Man sagte, ihre Evaluierungs- und Monitoring-Instrumente entsprächen nicht dem internationalen Standard".
Das habe sich in den letzten Jahren wesentlich verbessert, meint Polte. In den vergangenen Jahren habe sich die Bank ein durchaus gutes Ansehen erworben und werde von anderen internationalen Entwicklungsbanken auch als Partner gesucht.
Mitarbeit: Thomas Mösch