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Politik

Welche Afrikapolitik verspricht die neue Bundesregierung?

Daniel Pelz
13. März 2018

Mehr Privatinvestitionen, mehr Entwicklungshilfe: Auch die neue Bundesregierung will Afrika zu einem Schwerpunkt machen. Kritiker sagen: Vieles ist nicht neu - und warnen vor leeren Versprechen. Von Daniel Pelz, Berlin.

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Deutschland G20 Afrika Treffen
Der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union, Moussa Faki, mit Angela Merkel in Berlin Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Unwichtig ist Afrika für die neue Bundesregierung nicht: 28 Mal taucht der Kontinent im neuen Koalitionsvertrag auf - nicht selbstverständlich für eine Region, die in der deutschen Politik lange im Schatten stand. "Im Vergleich zu früheren Koalitionsverträge kommt Afrika diesmal wahrscheinlich am häufigsten vor", sagt der Afrika-Experte Andreas Mehler, Direktor des Arnold-Bergstraesser-Instituts in Freiburg, im DW-Interview.

Das Bekenntnis zu Afrika ist eine Folge des vergangenen Jahres. Während ihres G20-Vorsitzes hatte die Bundesregierung mit dem "Compact with Africa"und dem "Marshallplan mit Afrika" gleich zwei ambitionierte Programme für eine neue Zusammenarbeit mit dem Nachbarkontinent präsentiert. Umgesetzt hat sie davon bisher aber nur wenig. Für den CDU-Afrikapolitiker Frank Heinrich sind die 179 Seiten Koalitionsvertrag dennoch der Beweis, dass es die Bundesregierung ernst meint: "Da Afrika im neuen Vertrag sehr stark betont wird, habe ich keine Angst, dass das Thema hinten runter fällt", sagt er zur DW.

Deutschland Unterzeichnung Koalitionsvertrag
Afrika ist im Koalitionsvertrag prominent vertretenBild: picture-alliance/dpa/AA/E. Basay

Entsprechend setzt die Bundesregierung die gleichen Schwerpunkte, die sie bereits im vergangenen Jahr versprochen hatte. Mit einem neuen Entwicklungsinvestitionsgesetz sollen mehr Mittelständler nach Afrika geholt, die Risikoabsicherungen für deutsche Firmen durch Hermes-Bürgschaften verbessert werden. Auch die Entwicklungshilfe soll reformiert werden: "Wir müssen lernen, auch mit unserer Entwicklungspolitik wirtschaftliche Entwicklung in Gang zu bringen", versprach Bundeskanzlerin Merkel unlängst.

Kein Jubel bei Unternehmen und Zivilgesellschaft

Unternehmerverbände fordern das schon lange, brechen aber nicht in Jubel aus. Stefan Liebing, Vorsitzende des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, warnt vielmehr vor den "Umsetzungsdefiziten der Vergangenheit". "Die avisierte neue Afrikapolitik muss jetzt so schnell wie möglich konkretisiert werden", sagt er. Viele Unternehmer sind vorsichtig geworden, weil schon Vorgängerregierungen die Privatwirtschaft nach Afrika locken wollten, viele Pläne aber nicht Realität wurden. 

"Viele alte Rezepte" macht auch Afrika-Experte Mehler im Koalitionsvertrag aus. "Es ist nicht zu erwarten, dass deutsche Unternehmen in Afrika bald Schlange stehen werden", sagt Mehler. Denn eine bessere Absicherung alleine reicht den Unternehmen nicht: "Die Marktchancen in Afrika sind endlich, denn das deutsche Angebot an High-Tech, das viele Unternehmen exportieren möchten, entspricht meist nicht der Nachfrage in Afrika", so Mehler.

Südafrika Volkswagen in Johannesburg
Einige große deutsche Unternehmen wie Volkswagen sehen in Afrika Marktpotenzial - viele andere bleiben skeptischBild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch

Auch Zivilgesellschaft und Opposition sind vorsichtig, obwohl die Bundesregierung auch die Entwicklungshilfe aufstocken will. Denn sie soll künftig an die Erhöhung der Verteidigungsausgaben gekoppelt werden. Zunächst sind für beide Bereiche zwei Milliarden Euro zusätzlich eingeplant. "Eine Erhöhung im Verhältnis eins zu eins hieße, dass die Entwicklungspolitik genauso schnell wachsen würde, wie die Militärausgaben. Daran glaube ich einfach nicht", sagt Uwe Kekeritz, Sprecher für Entwicklungspolitik der Grünen.

Entwicklungsministerium hat wenig Einfluss

Unklar ist auch, ob viele andere Versprechen eingelöst werden können. In weiten Teilen tragen die Afrika-Passagen die Handschrift von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der im Amt bleibt. Müller hat bereits versprochen, dass der von ihm vorgelegte "Marshallplan mit Afrika" Kernstück einer neuen deutschen "Afrika-Offensive" werden soll. Schwerpunkte sollen Förderprogramme für Start-ups und Mittelständler sein, Berufsbildung und erneuerbare Energien. Auch der Handel zwischen Afrika und Deutschland soll fairer gestaltet werden, was Kritiker schon lange fordern. Unklar aber ist, wie viele dieser Versprechen umgesetzt werden.

Bundesentwicklungsminister Müller in Äthiopien
Entwicklungsminister Müller wird sein Amt auch in der neuen Bundesregierung behaltenBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Denn auch wenn Müller als Afrika-Fan gilt: Pläne wie den "Marshallplan" kann er nur gemeinsam mit anderen Ministerien wie dem Wirtschafts- oder dem Umweltministerium umsetzen. Das sieht auch der Koalitionsvertrag vor. "Von Ressortkreisen halte ich sehr viel, aber in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass solche Kreise eher ressortübergreifend gekämpft und gestritten haben", warnt Oppositionspolitiker Kekeritz. Dazu kommt, dass das Müller-Ministerium in der internen Kabinettshierarchie weit unten steht. Bereits in der Vergangenheit haben andere Ministerien Vorschläge aus dem Entwicklungsministerium verzögert oder blockiert.

Kein Wort zum namibischen Völkermord

Außenpolitisch soll der deutsche Schwerpunkt in den kommenden Jahren auf Westafrika liegen. Deutschland will sich stärker in der Sahelregion engagieren, die seit Jahren von islamistischen Extremisten und der organisierten Kriminalität destabilisiert wird. Hier verlaufen auch einige der wichtigsten Transitrouten für Migranten nach Europa.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der deutschen Afrika-Politik wird dagegen nicht erwähnt: Zwar bekennt sich die neue Bundesregierung dazu, die Auswirkungen des Kolonialismus in Afrika gemeinsam mit lokalen Partnern aufarbeiten zu wollen. Allerdings fehlt ein klarer Hinweis auf die geplante Entschuldigung für den Völkermord in der früheren Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Seit 2015 verhandeln beide Regierung ergebnislos darüber. In Namibia wächst der Frust über die Verzögerungen. Gelingt es der neuen Bundesregierung nicht, die Verhandlungen erfolgreich abzuschließen, droht ihr zumindest in der Region ein herber Imageschaden.