NBA-Playoffs ohne Basketball-Weltmeister aus Deutschland
6. Mai 2024"Es ist zum Kotzen, eine Saison auf diese Art und Weise zu beenden", sagte ein völlig niedergeschlagener Franz Wagner nach dem Aus seiner Orlando Magic gegen die Cleveland Cavaliers in der ersten Runde der NBA-Playoffs.
Der Basketball-Weltmeister hatte im entscheidenden siebten Spiel der Serie eine ungewohnt schwache Leistung gezeigt und war weit unter seinen Möglichkeiten geblieben. "Ich habe mehr von mir erwartet. Ich habe das Gefühl, dass ich mein Team ein wenig im Stich gelassen habe", sagte Wagner, der nur einen seiner 15 Wurfversuche traf.
Mit nur sechs erzielten Punkten trug er wenig dazu bei, die 94:106-Niederlage seiner Mannschaft zu verhindern. Wagners Saisondurchschnitt liegt bei 19,7 Zählern.
"Ich bin einfach nicht in die Schusspositionen gekommen und war teilweise vielleicht etwas überhastet", meint der 22-Jährige, für den mit der Niederlage die dritte NBA-Saison seiner Karriere zu Ende ging. "Naja - und einige Würfe sind einfach nicht reingegangen."
Sein älterer Bruder Moritz, der bei den Magic keine so tragende Rolle spielt wie der fünf Jahre jüngere Franz, hatte immerhin eine Wurfquote von 50 Prozent. Allerdings stand er nur elfeinhalb Minuten auf dem Feld und nahm insgesamt nur zwei Würfe.
Einen Dreier versenkte er, das war's. Mit nur drei Zählern blieb auch Moritz Wagner weit unter seinem Saisondurchschnitt von 10,9 Punkten pro Spiel.
Schröder und Theis außen vor
Mit den Wagner-Brüdern sind damit die letzten beiden deutschen Basketball-Weltmeister aus den Playoffs der nordamerikanischen Profiliga, die als beste Liga der Welt gilt, ausgeschieden. Dennis Schröder, der die deutsche Nationalmannschaft im vergangenen September als Kapitän und bester Spieler zum WM-Titel geführt hatte, war in den Playoffs gar nicht dabei.
Für den 30-jährigen Veteranen war sein zehntes Jahr in der NBA nicht sein bestes: Er startete die Saison mit großen Erwartungen bei den Toronto Raptors, wo er einen Zweijahresvertrag unterschrieben hatte.
Allerdings blieb er nur vier Monate und wurde in der Mitte der Spielzeit an die Brooklyn Nets abgegeben, mit denen er die Playoffs verpasste. Die Nets sind seit 2020 der sechste NBA-Klub, für den Schröder aufläuft - richtig Fuß fassen konnte er nirgendwo.
"Ich hoffe, er bleibt in Brooklyn. Ich glaube, er hat dort ein Zuhause gefunden mit dem Team und der Organisation", sagte Bundestrainer Gordon Herbert Ende April im Interview mit dem Fernsehsender Sport1.
NBA-Spieler haben in der Regel keinen Einfluss darauf, bei welcher Mannschaft sie spielen. Sie haben einen Vertrag bei einem der 30 Teams, die allesamt Lizenznehmer der NBA sind, und können zwischen den Franchises innerhalb der Liga getauscht werden. Ihren Vertrag nehmen sie normalerweise zum neuen Klub mit. Schröder weiß daher zwar, dass er in der Saison 2024/25 13 Millionen US-Dollar verdienen wird, in welchem Trikot, muss sich aber erst noch zeigen.
Auch für Schröders besten Freund und Nationalmannschaftskollegen Daniel Theis ist die Saison beendet. Der Center hatte genau wie Schröder in der laufenden Spielzeit das Team gewechselt und war von den Indiana Pacers zu den Los Angeles Clippers getauscht worden.
Nach gutem Start in der neuen Mannschaft setzte sein Coach in der K.o.-Phase der Saison aber nicht mehr auf den Deutschen. Theis stand in der gesamten Serie der Clippers, die mit 2:4 gegen die Dallas Mavericks verloren ging, nur in einer Partie für viereinhalb Minuten auf dem Feld.
Klebers Saison nach Schulterverletzung wohl beendet
Deutlich mehr Spielanteile hatte bei den Mavericks der Deutsche Maxi Kleber. Allerdings war Kleber bei der WM nicht dabei, nachdem es einen öffentlichen Streit mit Dennis Schröder gegeben hatte.
Schröder hatte ihm im Basketball-Podcast "Got Nexxt" vorgeworfen, seine eigenen Interessen über die der Nationalmannschaft zu stellen. So sei Kleber der EM 2022 ferngeblieben, um Knieprobleme auszukurieren und anschließend individuell zu trainieren. Schröder benutzte dafür die Formulierung, er arbeite "an seinem Game".
"Maxi war letztes Jahr nicht da", beklagte Schröder vor der WM. Daher habe er auch ein Jahr später kein Anrecht auf einen Platz im Kader. Zudem machte er sich über Klebers mangelnde Fähigkeiten lustig, die Kleber angeblich im Training verbessern wollte. "Maxi, sorry, aber du hast kein Game." Kleber verzichtete daraufhin auf einen WM-Start.
Zwar ist Klebers Team nach dem Sieg gegen die Clippers eine Runde weiter und trifft nun auf die Oklahoma City Thunder, allerdings muss er befürchten, selbst kein Spiel mehr bestreiten zu können. Der 2,08 Meter große Power Forward hat sich eine Schulterverletzung zugezogen und fällt auf unbestimmte Zeit aus.
Hartenstein: Titelchancen und Vaterfreuden
Somit ist Isaiah Hartenstein von den New York Knicks die letzte deutsche Hoffnung in den NBA-Playoffs. Der 2,13 Meter große Center ist zwar kein Superstar des Teams, spielt aber eine wichtige Rolle und steht regelmäßig in der Startaufstellung. In der ersten Playoff-Runde gegen die Philadelphia 76ers um NBA-Superstar Joel Embiid aus Kamerun, machte Hartenstein eine gute Figur, erzielte wichtige Punkte und war vor allem in der Defensive als Rebounder und Shotblocker stark.
Auch Hartenstein ist 2023 nicht mit Deutschland Weltmeister geworden. Obwohl er derzeit Deutschlands bester und formstärkster Center ist, wird es wohl auch im Sommer für den ehemaligen Nationalspieler keine Rückkehr ins deutsche Team geben.
Das liegt allerdings nicht an Differenzen mit Dennis Schröder, sondern daran, dass Hartenstein erstmals Vater wird. "Im Juni oder Juli", so der deutsche Basketballprofi, bekommen er und seine Frau einen Sohn.
Zwar sei er "bereit, für Deutschland zu spielen - wenn es passt", jedoch müsste ihn Bundestrainer Herbert erst einmal kontaktieren und fragen, ob er bei Olympia dabei sein möchte.
Allerdings: "Ich will mich nicht da hereinzwängen. Dort spielt jetzt eine Mannschaft, die Weltmeister geworden ist", sagte Hartenstein. "Dazu kommt noch, dass ich im Sommer Vater werde. Natürlich willst du als Sportler bei Olympia dabei sein, aber zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich es als sehr unwahrscheinlich."
Da ist es wahrscheinlicher, dass Hartenstein und die Knicks in der NBA noch eine Runde weiter kommen. Nächster Gegner sind die Indiana Pacers. Sollten Hartenstein und New York, die die reguläre Saison als zweitbestes Team im Osten beendet haben, auch hier bestehen, stünde der Klub erstmals seit dem Jahr 2000 wieder im Eastern Conference Finale, also dem K.o.-Spiel der beiden besten Mannschaften aus dem Osten der Liga. Wer hier gewinnt, kämpft im NBA-Endspiel um die Meisterschaft.
Spätestens dann sollte sich Hartenstein öfter mal mit seiner Frau sowie deren Ärzten und der Hebamme kurzschließen. Die NBA-Finals sind in diesem Jahr vom 6. bis 23. Juni angesetzt. Da könnte es knapp werden, bis zur Geburt fertig zu sein. Und für die Nationalmannschaft hat Isaiah Hartenstein in den kommenden Jahren immer noch Zeit. Schließlich ist er gerade erst 26 Jahre alt geworden.