Erlebt die Basketball-Bundesliga BBL nach der WM einen Boom?
27. September 2023Deutschland ist Basketball-Weltmeister, das Team von Bundestrainer Gordon Herbert mit seinen Stars Dennis Schröder und Franz Wagner genießt Heldenstatus. Für einen kurzen Moment hatte der Basketball die ungeteilte Aufmerksamkeit. Ganz Deutschland schien sich für den Sport zu begeistern, der sonst eher am Rande stattfindet. Nun startet die Basketball-Bundesliga (BBL) in ihre neue Saison. Kann sie vom Glanz und der Strahlkraft des WM-Teams profitieren?
Wie stark ist die Basketball-Bundesliga?
Die beste deutsche Basketballliga ist im europäischen Vergleich eine gute, aber bei weitem nicht die beste Liga. Die spanische Liga ACB und die türkische Super League sind führend, was sportliche Qualität und finanzielle Ausstattung angeht. Die BBL rangiert gemeinsam mit den Ligen aus Italien und Frankreich darunter. Viele BBL-Standorte sind keine Metropolen, sondern kleinere Städte mit kleineren Hallen, weniger potenten Sponsoren und entsprechend geringeren finanziellen Möglichkeiten. Die BBL ist in den vergangenen Jahren zwar gewachsen, aber - abgesehen von den beiden Ausnahmen ALBA Berlin und FC Bayern Basketball - nach wie vor eher eine Ausbildungsliga. Als Profi kann man in Deutschland auf hohem sportlichem Niveau, bei guten Bedingungen und vernünftiger Bezahlung Erfahrung sammeln. Sportliche Traumziele sind aber neben der NBA die besten Klubs in Spanien, der Türkei oder Italien. Das Nonplusultra in Europas Basketball ist ohnehin keine der nationalen Ligen, sondern die EuroLeague, eine Art Superliga, wie sie auch im Fußball immer wieder mal zur Debatte steht. Hier duellieren sich Europas beste Mannschaften quasi als geschlossene Gesellschaft regelmäßig miteinander. Dort sind mit ALBA und dem FC Bayern auch die beiden besten deutschen Teams vertreten.
Wie groß ist das Leistungsgefälle in der Liga?
Seit 2017 dominieren der FC Bayern und ALBA Berlin die Liga. Davor waren lange Zeit die Brose Baskets Bamberg die Nummer eins, sind es aber nicht mehr, seit der Hauptsponsor sein finanzielles Engagement deutlich zurückgefahren hat. Bamberg war zwischen 2007 und 2017 achtmal deutscher Meister, danach holten zweimal die Bayern den Titel, dann dreimal in Folge Berlin. Einen Ausreißer gab es erst in der vergangenen Saison, als sich im Finale mit Ratiopharm Ulm und Champions-League-Sieger Telekom Baskets Bonn zwei "kleinere Klubs" gegenüberstanden. Ulm gewann erstmals die Meisterschaft und wurde der erste Titelträger seit 14 Jahren, der nicht aus Bamberg, München oder Berlin kam.
Eine Wiederholung des Erfolgs wird aber schwierig. Die Ulmer haben mit den beiden Brasilianern Bruno Caboclo und Yago dos Santos sowie dem US-Amerikaner Josh Hawley ihre drei besten Spieler verloren. Bei Bonn steht sogar ein kompletter Neuaufbau an, weil die gesamte Mannschaft samt Erfolgstrainer Tuomas Iisalo im Sommer den Verein verließ.
Welche Weltmeister spielen überhaupt noch in Deutschland?
Mit Johannes Thiemann von ALBA Berlin und den drei Bayern-Profis Isaac Bonga, Andreas Obst und Niels Giffey sind gerade einmal vier von zwölf Weltmeistern bei Bundesligaklubs unter Vertrag. Mit Maodo Lo, der von ALBA zu Olimpia Mailand wechselte, und David Krämer, der von den Basketball Löwen Braunschweig zu CB Granada ging, haben zwei weitere Mitglieder des WM-Teams die deutsche Liga vor der Saison verlassen. Alle anderen spielen schon länger im Ausland. Dennis Schröder (Toronto Raptors), die Wagner-Brüder Moritz und Franz (Orlando Magic) und Daniel Theis (Indiana Pacers) sind in der NBA unter Vertrag. Johannes Voigtmann (Olimpia Mailand) und Justus Hollatz (Anadolu Efes Istanbul) spielen bei europäischen Top-Mannschaften.
Welche Stars kommen neu in die Weltmeister-Liga?
Hier kann vor allem der FC Bayern Basketball glänzen, der mit geschätztem Saisonetat von rund 25 Millionen Euro aber auch mit Abstand die besten finanziellen Möglichkeiten hat. Berlin stehen als Nummer zwei 13 bis 15 Millionen Euro zur Verfügung, was immer noch rund doppelt so viel ist, wie bei den Titelverteidigern aus Ulm. Die Bayern haben sich auf und neben dem Parkett namhaft verstärkt: Mit Pablo Laso haben sie einen Top-Trainer verpflichtet. Der Spanier arbeitete von 2011 bis 2022 bei Real Madrid und gewann mit den Königlichen insgesamt 22 Titel, darunter zweimal die EuroLeague.
Kurz vor Saisonstart wurde dazu mit Serge Ibaka ein ehemaliger Top-Spieler der NBA unter Vertrag genommen. Der Spanier mit kongolesischen Wurzeln hat über 1000 NBA-Spiele bestritten und war 2019 mit den Toronto Raptors NBA-Champion. "Ich bin total begeistert, dass er jetzt in der Bundesliga arbeitet", sagte Bundestrainer Gordon Herbert in einem Interview der Mediengruppe "Münchner Merkur/tz" über Laso. "Leute wie er und Ibaka werden der Liga sehr nützen." Beide Transfers haben aber sicherlich nichts mit dem WM-Titel zu tun. Laso hatte seinen Vertrag bereits vor der WM unterschrieben. Weil er nun in München Chef ist und er seit über zehn Jahren guten Kontakt zu Ibaka hat, gelang es den 34-jährigen NBA-Veteranen zu verpflichten. Hinzu kommt die Lebensqualität in München und die Möglichkeit, in der EuroLeague auf nächsthöchstem Niveau nach der NBA zu spielen.
Wer ist Favorit auf den Meistertitel?
Da ist eigentlich nur der FC Bayern zu nennen, da neben Ulm und Bonn auch Hauptkonkurrent ALBA wichtiges Personal verloren hat und im Umbruch ist. Neben Weltmeister Lo, haben Berlins langjähriger Top-Spieler Luke Sikma und Jaleen Smith den Klub verlassen. "Es ist im Grunde wieder ein Neustart. Wir brauchen deshalb Geduld", sagte Alba-Geschäftsführer Marco Baldi. Dagegen haben die Bayern neben dem besten Kader auch das klare Ziel, nach vier Jahren Pause wieder Meister zu werden. "Das, was letzte Saison passiert ist - mit allem Respekt und Glückwünsche nochmal an Ulm - das darf und wird uns nicht mehr passieren", meinte Geschäftsführer Marko Pesic. "Ich will alles gewinnen", kündigte auch Ibaka an.
Wie groß ist die mediale Aufmerksamkeit für Basketball in Deutschland?
Wie alle anderen Sportarten hat es auch der Basketball in Deutschland schwer, neben dem Fußball zu bestehen. Entsprechend findet der Basketball, der hinter Fußball, Handball und Eishockey die viertwichtigste Teamsportart in Deutschland ist, auch medial in einer Nische statt. Wer nicht live in der Halle dabei sein kann, benötigt ein Pay-TV-Abonnement, um die Spiele zu verfolgen. Seit dieser Saison ist das neue Streamingportal Dyn Media verantwortlich, bei dem ein Abo 12,50 Euro pro Monat kostet. Allerdings hat Dyn Verträge mit den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF geschlossen, die es möglich machen, dass Highlights und einzelne, wichtige Spiele auch frei empfangbar laufen. Dass Basketball beim deutschen TV-Publikum ankommen kann, bewies das WM-Finale, das als einziges WM-Spiel im frei empfangbaren Fernsehen gezeigt wurde. Über 4,6 Millionen Menschen schalteten ein, was einen Marktanteil von 35 Prozent bedeutete.