1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikBelarus

Bleiben die Wagner-Söldner in Belarus?

Veröffentlicht 25. August 2023Zuletzt aktualisiert 27. August 2023

Nach der gescheiterten Meuterei gegen die russische Militärführung im Juni wurde die Wagner-Söldnertruppe von Jewgenij Prigoschin nach Belarus verbannt. Nun ist dieser tot. Was erwartet die Truppe in Belarus?

https://p.dw.com/p/4VaPY
Wagner-Söldner als Ausbilder belarussischer Soldaten
Wagner-Söldner bei der Ausbildung belarussischer Soldaten (Archiv)Bild: Voen Tv/Belarusian Defence Ministry/Handout/REUTERS

Auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg waren am Mittwoch die Anführer der berüchtigten russischen Wagner-Söldnertruppe, Jewgenij Prigoschin und Dmitrij Utkin, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Auch Tage nach der Katastrophe gibt es immer noch keine Klarheit über die Hintergründe, wobei kaum jemand an einen Unfall glaubt. Auch wenn Dmitrij Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten, jegliche Spekulationen über einen Auftrag aus dem Kreml am Freitag als "Lüge" zurückwies.  

Für Russlands engen Verbündeten Belarus stellt sich nun die Frage: Was passiert mit dem Teil der Kämpfer, die nach der gescheiterten Meuterei gegen die russische Armeeführung Ende Juni dorthin verbannt wurde? Es geht um 4000 bis 5000 bewaffnete Soldaten, die für ihre brutale Kriegsführung berüchtigt sind und nun in Belarus als "Ausbilder" eingesetzt werden sollten.  

Ein kleiner Teil könnte in Belarus bleiben…

Die bisherige Geschichte von Prigoschins Privatarmee sei zu Ende, meint Alexander Friedman, Osteuropa-Historiker an der Universität Düsseldorf. "Die Wagner-Kämpfer bleiben jedoch in Afrika oder in Belarus." Die Truppe werde bestehen bleiben, glaubt Friedman, "vielleicht unter dem gleichen Namen. Sie wird aber dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt." 

Satellitenbild des Wagner-Lagers in Belarus, 30. Juni 2023
Satellitenbild des Wagner-Lagers in Belarus, 30. Juni 2023Bild: Planet Labs PBC via AP/picture alliance

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko würde einen Teil der Kämpfer gerne behalten und in seine Machtstrukturen integrieren, sagt Friedman. "Er hätte genug Geld für bis zu 3000 Kämpfer, das letzte Wort aber hat Moskau."

Ein kompletter Abzug der Wagner-Truppe aus Belarus sei nicht im Interesse Russlands. Das würde zu einer Deeskalation an der Grenze zu Polen und Litauen führen, wo die Wagner-Söldner stationiert sind und in benachbarten EU-Ländern als Bedrohung wahrgenommen werden. Ein Großteil der Wagner-Truppe werde aber nach Russland oder Afrika geschickt, glaubt Friedman. 

Anders sieht die Lage Aleksander Klaskowskij, Analytiker des unabhängigen belarussischen Medienprojektes "Posirk". Lukaschenko habe kein Interesse an der Wagner-Truppe in Belarus. Die Söldner seien führungslos und das Schicksal der Gruppe als starker Kampfeinheit mit politischen Ambitionen sei fraglich. Sowohl Russlands Präsident Wladimir Putin als auch Lukaschenko seien daran interessiert, Wagner möglichst klein zu halten. 

Auch weil die EU und die NATO die Grenze zu Belarus dichtmachen könnten. Dass sich die Beziehungen zu den europäischen Nachbarländern dramatisch verschlechtert haben, sei für Lukaschenko "ungünstig", so Klaskowskij. Der belarussische Machthaber werde daher versuchen, Wagner loszuwerden. 

…um die EU zu provozieren 

"Auf die Wagner-Truppe wartet nichts Gutes", sagt Walerij Sachaschtschik, ein Parteigänger der im Exil lebenden belarussischen Oppositionspolitikerin und früheren Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja. Auch er glaubt, dass ein Teil der Söldner in Belarus bleiben könnte. Seine Erklärung: "Weil Russland ein Interesse an Provokationen an der EU-Grenze und an Sabotageakten in der Ukraine hat". Die Frage der Finanzierung dürfte dabei jedoch die Wichtigste sein.

Die "Verbannung" nach Belarus sei lediglich eine temporäre Lösung für "das Wagner-Problem der russischen Führung" gewesen, bilanziert Grigorij Nischnikow vom Finnischen Institut für internationale Beziehungen. Es gebe "weder ein taktisches noch ein strategisches Ziel, sie in Belarus zu halten". Lukaschenko habe keine Möglichkeit, die Truppe an der Stelle von Prigoschin zu führen und strebe das auch nicht an, so Nischnikow. Seine Prognose: Bis Jahresende werde die Wagner-Truppe die Republik Belarus verlassen.

Davon ist auch Aleksander Klaskowskij überzeugt: "Diese Leute haben sich schon einmal gegen Putin gestellt. Er traut ihnen nicht." Daher würden sie ziemlich sicher aufgeteilt werden: "Einige kehren zurück ins zivile Leben, einige gehen nach Afrika".

Dieser Artikel wurde am 25.08.2023 veröffentlicht und zuletzt am 27.08.2023 aktualisiert. 

Polen und Litauen wollen ihre Grenzen stärken