Mercedes baut jetzt Autos in Russland
3. April 2019Weite Teile der Werkhalle 40 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt sind noch unbenutzt, die Maschinen sind neu. Einzelteile wie Kotflügel und Motoren stapeln sich in den angrenzenden Lagerhallen, unverpackt in dickem Plastik. Die neue Fabrik wird eingerahmt von Birkenwäldern und Kiefern, die Sonne scheint.
Über 1000 Facharbeiter sollen in diesem neuen Mercedes-Werk bei Moskau die neue E-Klasse bauen. Derzeit sind es gerade 500. Wie viele Autos hier pro Jahr vom Band laufen werden steht noch nicht fest - das, hängt von der Nachfrage ab. Potentiell können es bis zu 25.000 sein.
Der Präsident zeigt sich erfreut
Russlands Präsident Wladimir Putin höchstpersönlich ist zur Werkseröffnung gekommen. Allerdings lässt er die anderen Gäste erst einmal warten - satte zwei Stunden lang. Dann aber erscheint er doch und versichert den Anwesenden, welch großer Popularität sich die Autos mit dem Stern in seinem Reich erfreuen.
Dann lobte er Daimler für das Engagement und die Investition. Immerhin haben die Schwaben 250 Millionen Euro in das Werk gesteckt. Putin ließ die Gelegenheit nicht ungenutzt, für den russischen Markt zu werben. Im vergangenen Jahr habe Russland 15 Prozent mehr Autos exportiert als im Vorjahr. Mit anderen Worten: Der Präsident wünscht sich aus Deutschland und dem Westen weitere Investitionen in die russische Industrie.
Der Minister sieht einen Leuchtturm
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lobte den Produktionsstandort Russland: "Vor 20 Jahren haben wir vor allem über die Rohstoffe dieses Landes gesprochen. Jetzt sprechen wir von den Rohstoffen und der Industrie", so Altmaier bei der Eröffnung. Er lobte die Qualifikation russischer Facharbeiter und nannte das Daimler-Werk ein Leuchtturmprojekt in den deutsch-russischen Beziehungen.
"Natürlich müssen wir auch unsere politischen Probleme lösen," sagte der Minister, nannte aber den Konflikt in der Ukraine nicht bei Namen. Am Rande der Veranstaltung hat der Minister dem Vernehmen nach Zeit gefunden um mit Putin über eben diese politischen Differenzen zu sprechen. Ein erfolgreiches Russland, so versicherte er dem Präsidenten sowie den etwa 200 anwesenden Gästen aus Politik und Wirtschaft, sei im Interesse Deutschlands..
Mercedes‘ russische Vergangenheit
Schließlich erinnerte Konzernchef Dieter Zetsche daran, dass der erste Benz bereits 1894 in das damals zaristische Russland geliefert wurde. Seit sechs Jahren sei Daimler der erfolgreichste "Premium"-Hersteller in Russland. Der Absatz hätte sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt.
Russland ist für die Stuttgarter tatsächlich ein wichtiger Absatzmarkt. Fast 38.000 Fahrzeuge verkauften sie 2018, das waren drei Prozent mehr als im Jahr davor. Auch für 2019 erwarten die Schwaben ein leichtes Plus - für den gesamten Markt.
Auf Russland verlassen
Das früher einmal formulierte Ziel, Russland zum größten Absatzmarkt in Europa zu machen, liegt in weiter Ferne. Vor allem gibt es immer wieder Negativschlagzeilen - von nicht ausgelasteten Produktionsanlagen etwa. Und die Schwierigkeiten, die durch Sanktionsmaßnahmen gegen Russlandsind auch nicht zu unterschätzen. Das aber ficht Daimler offenbar nicht an.
"Wir wollen dort produzieren, wo unsere Kunden sind," sagte er bei der Zeremonie. Er stellte in Aussicht, dass in Zukunft auch SUVs von Daimler in Russland hergestellt werden könnten. Zetsche bedankte sich bei Präsident Putin und dessen Regierung für die Hilfe, bürokratische Hürden schnell zu nehmen. Das Werk ist in eineinhalb Jahren hochgezogen worden. "Wir können uns hier in Russland auf unsere Partner verlassen," sagte der scheidende Daimler-Chef.