Merkel zieht Kohleverhandlungen an sich
5. Januar 2019Bundeskanzlerin Angela Merkel will den Kohleausstieg laut einem "Spiegel"-Bericht zur Chefsache machen. Wie das Magazin schreibt, zog sie die Verhandlungen an sich und berief für Mitte Januar ein Spitzentreffen ein. Dazu geladen sind die vier Ministerpräsidenten, in deren Ländern Braunkohle gefördert wird, die zuständigen Bundesminister und die vier Vorsitzenden der Strukturwandelkommission.
Die von der Regierung eingesetzte Kommission soll einen Plan für den Kohleausstieg vorbereiten - einschließlich eines Enddatums für die Kohleverstromung. Das bedeutet: Sie muss Perspektiven für die betroffenen Regionen entwickeln, um den Wegfall zehntausender Arbeitsplätze abzufedern.
Regierungschefs traten auf die Bremse
Nach Angaben des Bundesverbands Braunkohle sind in den Revieren im Rheinland, in der Lausitz, in Mitteldeutschland und in Helmstedt zusammen knapp 21.000 Menschen beschäftigt. Dazu zählen auch die Mitarbeiter in Braunkohlekraftwerken. Die Zahl der indirekt von der Braunkohle abhängigen Arbeitsplätze gibt der Branchenverband mit rund 70.000 an.
Schon Ende November hätte die Kohlekommission ihre Ergebnisse präsentieren sollen, doch die Ministerpräsidenten von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen drangen auf eine Verschiebung. Es geht um viel Geld: für den Aufbau neuer Infrastruktur, für Forschungsinstitute oder etwa eine Batteriezellfertigung.
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer verlangte in einem Interview der Funke-Mediengruppe, noch im Januar müsse ein Programm beschlossen werden, wie im Osten neue, gut bezahlte Arbeitsplätze entstehen können - "und zwar, bevor der Ausstieg aus der Braunkohle kommt".
Umweltlobby gibt Entwarnung
Merkel konnte mit dem Fortschritt in der Strukturwandelkommission kaum zufrieden sein. Und die Kanzlerin weiß: Das Thema ist ein heißes Eisen, zumal im Herbst in Brandenburg und Sachsen ein neuer Landtag gewählt wird.
Umweltexperten gaben freilich schon im vergangenen Jahr Entwarnung: Laut einer Studie des Freiburger Öko-Instituts sind mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Braunkohlebergbau älter als 50 Jahre. Ein Großteil von ihnen würde daher ohnehin bis 2030 in den Ruhestand gehen, so die Forscher.
Der Bundesverband Braunkohle indes hatte den Schlussfolgerungen der Studie damals vehement widersprochen: Die Folgen eines vorzeitigen Kohleausstiegs auf andere Unternehmen und Branchen seien nicht genügend berücksichtigt worden.
jj/ml (dpa, afp, rtr, DEBRIV, öko-institut)