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Zum Tod von Manfred Thierry Mugler

Maria John Sánchez mit KNA | Sabrina Cooper
24. Januar 2022

Er war einer der Superstars der Modewelt. Manfred Thierry Mugler kleidete Pop-Ikonen wie Lady Gaga ein - mit einer unverwechselbaren Ästhetik.

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Porträt des französischen Modeschöpfer Thierry in schwarz-weiß
Mugler war ein Allround-Künster: mit seiner Mode, seinen Parfüms und Fotografien feierte er großen ErfolgBild: Britta Pedersen/picture alliance/dpa

Er war ein Designer, der es liebte zu experimentieren - am liebsten mit unkonventionellen Materialen wie Autoreifen, Metall, Latex und Vinyl.  Heraus kamen extravagante Modeschöpfungen, die Manfred Thierry Mugler - vor allem in den 1980er und 1990er Jahren - berühmt machten. Viele Outfits haben heute Ikonen-Status, darunter sein Motorrad-Korsett mit antennenmäßig angebrachten Rückspiegeln. Auch seine insektenartigen Kleider-Kreationen schrieben Modegeschichte (siehe Bildergalerie). Mugler spielte in einer Liga mit anderen großen französischen Modeschöpfern wie Jean Paul Gaultier, Claude Montana und Yves Saint Laurent.

Österreichische Wurzeln in Frankreich

Manfred Thierry Mugler wurde 1948 in Straßburg geboren. Seine Eltern stammten aus der österreichischen Stadt Linz, aus der sie während des Zweiten Weltkriegs in den Elsass gezogen waren. Seine Mutter war, wie Mugler selbst beschrieb, "eine Künstlerin, Komödiantin und Tragikerin, eine Diva und ein Superstar." Mit breiten Schultern, 175 Zentimeter groß und mit flammend rotem Haar stach sie heraus und machte einen starken Eindruck auf Mugler während seiner prägenden Jahre. 

In Muglers Jugend spielte auch die Musik eine entscheidende Rolle: Er hörte Komponisten wie Mozart und Beethoven. Als er neun Jahre alt war, begann er klassischen Tanz zu lernen. Er war 14 Jahre alt, als er seinen ersten Vertrag als Tänzer bei der Opéra national du Rhin unterschrieb. 

Das Ballett und seine Kostüme erlaubten es ihm, ein Verständnis für Anatomie, Bewegung und die Funktionalität von Stoffen zu entwickeln. "Der Tanz hat mir eine Menge über Körpersprache beigebracht. Die Bedeutung der Schultern, wie man den Kopf halten, wie man laufen und die Beine platzieren sollte. Diese Empfindungen haben mir dabei geholfen, einen wesentlichen Modestil zu kreieren, der sowohl funktionell als auch raffiniert ist. Mode ist wie eine tägliche, persönliche Perfomance", sagte Mugler einmal. 

Ein Model in einem Kleid von Mugler, das mit glänzenden Schuppen verziert ist, in der Mitte ein rüstungsartiges Mieder. Auf dem Kopf trägt sie große türkisfarbene Federn.
Mugler sorgte - wie hier 1997 in Paris - mit extravaganten Schöpfungen für AufmerksamkeitBild: Thomas Coex/dpa/picture alliance

Paris als Zufluchtsort

Er tanzte sechs Jahre professionell bei verschiedenen Balletten, inklusive in Aufführungen von "Schwanensee". Während seines Studiums an der École nationale supérieure des Arts Décoratifs in Straßburg begann er, seine eigenen Kleidungsstücke zu entwerfen. 

Paris wurde für Manfred Thierry Mugler zu einem Zufluchtsort in jungen Jahren, und obwohl er anfangs dorthin zog, um bei Tanzkompanien vorzutanzen, fokussierte er sich schnell auf seine Arbeit als Designer. Er erkannte, dass er mit Mode seinen Lebensunterhalt verdienen konnte, als französische Marken wie Dorothée Bis und Cacharel seine Entwürfe kauften. Nach verschiedenen Mode-Jobs und Aufenthalten in London, Amsterdam, Mailand und Barcelona, gründete er sein prägendes Label in Paris im Jahr 1973, das die Aufmerksamkeit von Warenhäusern aus London und New York auf sich zog. Mugler hat seine Verbindungen zum Tanz und Theater nie vergessen.

Modekritiker ziehen oft Parallelen zwischen Richard Wagners Opern und Muglers Kollektionen. "Aus Wagners Opern trieben Samtumhänge mit enormen Stehkragen, lederne, militärische Schulterpatronengurte über Hosen, enge Jacken und hohe Stiefel herüber", schrieb ein Journalist über Muglers Kollektion aus dem Jahr 1983. Wie Muglers Modeshows zeigen Wagners Opern starke, weibliche Charaktere mit einer entscheidenden Rolle, von der cleveren Kriegerin Brünnhilde aus "Der Ring der Nibelungen" bis zur leidenschaftlichen Prinzessin in "Tristan und Isolde". 

Frauen als glamouröse Superheldinnen

Mugler hat im Laufe der Jahrzehnte eine beeindruckende Reihe an Pop-Ikonen eingekleidet - darunter Celine Dion, Lady Gaga, Beyoncé und und zuletzt Kim Kardashian und Cardi B. 

Cardi B in einem roten Pailettenkleid von Mugler mit vielen roten Federn rund um ihren Kopf herum
Cardi B auf der Eröffnung der Retrospektive "Couturissime" in Paris, die Mugler gewidmet istBild: Ampilhac Mireille/ABACA/picture alliance

Er gestaltete Demi Moores unvergessliches schwarzes Kleid für den Film "Ein unmoralisches Angebot" (1993), Soulsängerin Diana Ross und ihre Tochter, Tracee Ellis Ross, liefen für Mugler über den Laufsteg. Die Vintage-Ästhetik seiner Kleider mit den anschmiegsame Konturen, den oft kantigen Schultern und betont enger Taille sind sein Markenzeichen. Über seine femininen Entwürfe sagt er: "Die Mugler-Frau ist eine Gewinnerin, die das Kommando über ihr Aussehen und ihr Leben hat. Sie ist frei und selbstsicher. Sie hat Spaß."

Künstlerischer Allrounder

Mugler, der auch Kostüme für den Berliner Friedrichstadtpalast und den Cirque du Soleil entwarf, war nicht nur Modeschöpfer. Er interessierte sich auch für Film und Fotografie und drehte 1992 mit dem Sänger George Michael den Clip "Too Funky", für den er Supermodels wie Linda Evangelista und Nadja Auermann versammelte. 

Der Designer arbeitete auch mit prominenten Fotografen wie Herb Ritts, Peter Lindbergh und Helmut Newton zusammen. Im Jahr 1976 fotografierte Newton eine Werbekampagne für Mugler. Genervt von den ständigen Eingriffen des Designers, sagte Newton zu ihm: "Wenn du so sicher darüber bist, was du willst, warum machst du es nicht selbst?" Mugler übernahm dann tatsächlich das Zepter und fotografierte seine Kampagnen selbst. 

Ein großen kommerziellen Erfolg feierte der Franzose auch mit seinem Damenparfüm "Angel", das 1992 auf den Markt kam und zeitweise als meistverkaufter Duft sogar Chanel N° 5 vom Treppchen stieß. 

Rückzug und Imagewandel

2002 verschwand Mugler von der Bildfläche und unterzog sich bis zu seiner Rückkehr zu seinem Unternehmen im Jahr 2013 zahlreichen optischen Veränderungen. Der Grund für die vielen Schönheitsoperationen sei ein Unfall in einem Fitnessstudio gewesen, der sein Gesicht zerschlagen habe, erklärte er im Jahr 2017 gegenüber dem französischen Magazin "Numéro Homme". Auf Fragen nach seinem aktuellen Projekt antwortete er zuletzt mit: "My Body". 

Dies war nicht die einzige Veränderung: ab 2007 nutzte er wieder seinen deutschen Vornamen Manfred, den er in der Vergangenheit aus strategischen Gründen aufgegeben hatte, und zog nach Berlin.

In den letzten Jahren wurde sein künstlerisches Werk in der hochgelobten Retrospektive "Thierry Mugler: Couturissime" gewürdigt. 2019 wurde sie im Musée des beaux-arts de Montréal gezeigt, 2020 folgte eine Show in der Kunsthalle München, nun ist sie im Musée des Arts Décoratifs in Paris ausgestellt. Sie würdigt Muglers Kreationen, die von Kleidungsstücken über Illustrationen, Fotos und Videos reichen und zeigen, wie sich Mugler schon früh die verschiedensten Bereiche zu eigen gemacht hat und ganz nebenbei die Modewelt revolutionierte. Im Alter von 73 Jahren ist Manfred Thierry Mugler nun gestorben. 

Maria John Sánchez Autorin