Madonna, Queen of Pop - für immer jung?
15. August 2023Als erste Frau, die es in der männerdominierten Popszene zu Weltruhm brachte, hat Madonna an ihrem 65. Geburtstag ein großes popkulturelles Erbe zu feiern. Mit mehr als 300 Millionen verkauften Tonträgern und einem Vermögen, das auf rund 775 Millionen Euro geschätzt wird, ist die US-Amerikanerin eine der erfolgreichsten Frauen aller Zeiten im Musikbusiness. Elfmal war sie im jährlichen Ranking des Wirtschaftsmagazins "Forbes" die Nummer 1 der bestbezahlen Frauen im Musikgeschäft. Sie hat sieben Grammys gewonnen und war sensationelle 28 Mal nominiert.
Neben ihrer Arbeit als Musikerin ist Madonna Unternehmerin, Autorin, Regisseurin, Produzentin und Designerin. Und auch wenn ihre Schauspielkarriere keinen leichten Start hatte, gewann sie in der Rolle der Evita in der Verfilmung des gleichnamigen Musicals 1997 immerhin einen Golden Globe.
Tabus brechen
Madonna Louise Ciccone wurde am 16. August 1958 in Bay City im US-Bundesstaat Michigan geboren. Ihren musikalischen Durchbruch hatte sie in den frühen 1980er-Jahren, auch dank ihrer rebellischen Haltung und ihrem selbstbewussten und freizügigen Umgang mit Sexualität. Madonna stand für Tabubruch und für das Überschreiten von Grenzen. Scheinbar völlig angstfrei provozierte sie mit Songs wie "Papa Don't Preach" über eine Teenager-Schwangerschaft oder mit Videos wie "Like A Prayer", in dem Kreuze brannten und Jesus von einem Schwarzen dargestellt wurde.
Im Laufe ihrer Karriere begeisterte und überraschte Madonna immer wieder mit ihrer Vielseitigkeit und ihrer Fähigkeit, sich in Sachen Musik, Stil und Identität stets neu zu erfinden. Die Welt hat sie als provokante Rebellin in löchrigen Netzstrümpfen und fingerlosen Handschuhen erlebt, als Sexbombe im Jean-Paul-Gaultier-Korsett und sogar als spirituell Suchende, die 2004 den hebräischen Namen Esther annahm und die Kabbala und jüdische Mystik erforschte.
Heute ist Madonna Mutter von sechs Kindern: Lourdes (26), Rocco (22), David (17), Mercy (17) und den Zwillingen Stella und Estere (10). Sie machte Schlagzeilen mit ihren beiden Ehen mit US-Schauspieler Sean Penn (1985-1989) und dem britischen Filmregisseur Guy Ritchie (2000-2008). Die Liebe zur Provokation hat die Entertainerin nie verloren, wie ihr Buch "Sex" (1992) zeigt: ein Softporno-Bildband, unter anderem mit Darstellungen sadomasochistischer Phantasien. Sie kann aber auch anders: 2003 veröffentliche sie "The English Roses", ein Kinderbuch mit moralisch erhobenem Zeigefinger. Es wurde eins der bestverkauften Kinderbücher aller Zeiten; die Erlöse daraus spendete Madonna an Kinderhilfsorganisationen. Überhaupt ist Madonna seit vielen Jahren engagiert in Sachen humanitärer Hilfe, unter anderem mit ihren eigenen Hilfsorganisationen "Ray of Light Foundation" und "Raising Malawi".
Madonna und das Alter
Trotz all ihrer Lebensleistungen scheint in letzter Zeit vor allem Madonnas Beziehung zur plastischen Chirurgie im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Trauriger Höhepunkt war die Grammy-Verleihung 2023: Madonna sagte die Performance von Sam Smith und der deutschen Transgender-Sängerin Kim Petras an und hielt dabei eine Rede über die Kraft der Rebellion. Ein historischer Moment, da Petras als erste öffentliche Transgender-Person einen Grammy gewann. Es war jedoch Madonnas verändertes Gesicht, das in den Tagen danach Gesprächsthema Nummer eins war.
Die Medien und die Fans wollten wissen: Was hat der Popstar gemacht? Laut dem Schönheitschirurgen Michael Horn aus Chicago hat Madonna wohl neben plastischer Chirurgie und einer Nasenkorrektur "über die Jahre zu viel Filler verwendet, was ihr Gesicht so voll macht und ihre natürliche und schöne Knochenstruktur überdeckt". Gegenüber der britischen Boulevardzeitung "The Daily Mail" ergänzte er: "Was am stärksten auffällt, ist die drastische Veränderung ihrer Gesichtsform in Richtung eines V."
Kampf gegen Kritiker
Die Queen of Pop schüttelte die kritischen Kommentare zunächst mit dem Tweet eines Selfies ab, begleitet von den Worten: "Schaut, wie süß ich jetzt aussehe, wo die Schwellung von der OP nachgelassen hat. Lol." Bis dahin hatte sie das Thema nicht öffentlich gemacht - außer einmal im Jahr 2012, als sie in einem Interview mit dem "Daily Mirror" sagte: "Ich bin sicherlich nicht gegen Schönheitschirurgie - aber ich bin dagegen, darüber sprechen zu müssen."
Aber Madonna fand auch scharfe Worte, als sie bei Instagram postete: "Wieder einmal stehe ich im Fokus von Altersdiskriminierung und Misogynie, die unsere Welt durchdringen. Eine Welt, die sich weigert, eine Frau über 45 zu feiern und sie bestrafen möchte, wenn sie weiterhin willensstark, fleißig und abenteuerlustig sein will."
Sie habe sich nie für die kreativen Entscheidungen entschuldigt, die sie getroffen habe, auch nicht dafür, wie sie aussehe oder sich kleide, schrieb Madonna und ließ wissen: "Und ich werde jetzt nicht damit anfangen. Seit Beginn meiner Karriere wurde ich von den Medien erniedrigt, aber ich verstehe, dass das alles ein Test ist und ich freue mich, eine Wegbereiterin zu sein, damit die Frauen, die nach mir kommen, es in den kommenden Jahren leichter haben." Sie schloss ihren Beitrag mit der Feststellung, dass sie sich auf viele Jahre "subversiven Verhaltens", "Grenzüberschreitungen" und "Widerstand gegen das Patriarchat" freue.
Aber ist der zwanghafte Versuch, jung zu bleiben, wirklich eine ermutigende Botschaft für Frauen? Viele Kritiker sehen darin eher eine Entsprechung dessen, was Männer - und die Gesellschaft im Allgemeinen - von Frauen und besonders von weiblichen Stars erwarten. Aber Madonna hat sich ohnehin nie davor gescheut, mit diesen Codes zu spielen.
Der Mythos vom "würdigen Altern"
Jedenfalls ist es im Grunde unmöglich, diese Erwartungen zu erfüllen, ohne sie überhaupt sichtbar zu machen. Nach Ansicht der Schönheitsreporterin Jessica DeFino ärgerten sich die Leute über Madonnas neues Gesicht, weil es "in gewisser Weise die Wahrheit ans Licht brachte: dass Anti-Aging ein unmenschliches Ziel ist. Und der Versuch, Anti-Aging zu erreichen - oder 'in Würde zu altern', wie auch immer man es nennen will -, erfordert tatsächlich unglaublich viel Aufwand", sagte DeFino gegenüber dem "Glamour"-Magazin.
In ähnlicher Weise argumentiert Belinda Luscombe vom "TIME"-Magazin in ihrem Artikel "Madonnas Gesicht und der Mythos vom Altern in Würde", dass das Konzept des "anmutigen Alterns" pure Fiktion sei: "Eine häufige Kritik, wenn Frauen zu viel vom Filler/Botox/Operations-Cocktail trinken, lautet, man solle 'in Würde altern'. Ein Ratschlag, der ungefähr so nützlich ist, wie wenn man unerfahrenen Eisläufern rät, sie sollten einfach mühelos gleiten."
Weiter schreibt Luscombe: "Niemand gleitet elegant über das Eis oder altert ohne große Anstrengung und die Unterstützung erfahrener Profis. Es ist nicht so, dass ältere weibliche Prominente, die nicht so aussehen wie Madonna, weithin gelobt werden. Niemand lobt ganz normal aussehende Frauen."
Gesundheitsprobleme
Inzwischen beschäftigt sich die Queen of Pop mit wichtigeren Themen. Ende Juni wurde der Star wegen einer schweren bakteriellen Infektion ins Krankenhaus eingeliefert. Madonna musste die Nordamerika-Etappe ihrer Welttournee "Celebration", eine Hommage an ihre mehr als vier Jahrzehnte lange Karriere, verschieben. Dies ist nicht das erste gesundheitliche Problem, das Madonna in den letzten Jahren hatte. 2020 unterzog sie sich einer Hüftoperation, nachdem sie sich auf ihrer "Madame X"-Tour eine Verletzung zugezogen hatte.
Aber die Queen of Pop scheint nicht vorzuhaben, den Fuß vom Gas zu nehmen. "Ich konzentriere mich jetzt auf meine Gesundheit und darauf, stärker zu werden, und ich versichere euch, ich werde so schnell wie möglich wieder bei euch sein!", schrieb sie in einem Instagram-Post nach ihrer Gesundheitskrise.
Ihre Europatournee soll im Oktober 2023 beginnen, auch vier Auftritte in Deutschland stehen auf dem Terminkalender.
Adaption aus dem Englischen: Philipp Jedicke.