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Besser arbeiten in Deutschland

Sabine Kinkartz3. April 2013

Seit einem Jahr gibt es in Deutschland ein Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Zum Jubiläum bekam Bildungsministerin Wanka Beifall von der Wirtschaft.

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Magdeburg (Sachsen-Anhalt): Die italienische Biologin Maria Rosa Spina, Biochemiker Sanjoy Roychowdhury aus Indien und Prof. Dr. Gerald Wolf (l-r) arbeiten gemeinsam im Labor des Instituts für Neurobiologie an der Otto-von Guericke-Universität Magdeburg.
Bild: picture-alliance/dpa

Es kommt nicht so oft vor, dass sich Politik und Wirtschaft einig sind. Eine Ausnahme macht das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, das seit einem Jahr in Kraft ist. In Deutschland lebende Zuwanderer, die bislang unterhalb ihrer Qualifikation beschäftigt sind, oder an einer Einreise interessierte Ausländer haben damit erstmals einen Rechtsanspruch darauf, binnen drei Monaten nach Antragstellung ihre Qualifikation prüfen zu lassen. "Die rechtlichen Stellschrauben sind richtig bedient worden", meint lobend Peter Clever, Mitglied in der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

"Das Gesetz hat eine entscheidende Wegmarke in Deutschland gesetzt und es zeigt Wirkung", sagt Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). Es sei ein Signal an die Migranten, dass es nicht darum gehe, wo nachgeholfen werden müsse, sondern darum, dass mit der beruflichen Qualifikation auch die Lebensleistung anerkannt werde. "Es ist auch ein Signal, dass sie gewollt sind, dass wir diese Einwanderung wollen, dass wir sie brauchen, dass wir auch Arbeit haben für viele von denjenigen, die bei uns leben oder eventuell noch zu uns kommen."

Zu hohe Erwartungen?

Schätzungsweise 30.000 Anträge auf Anerkennung der ausländischen Berufsausbildung sind seit dem Inkrafttreten des Gesetzes eingegangen. Die Erwartungen lagen vor einem Jahr allerdings deutlich höher. So hatte das Statistische Bundesamt die Zahl der bereits in Deutschland lebenden Migranten, die unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten oder arbeitslos sind, mit 300.000 angegeben. Bildungsministerin Wanka lässt sich aber nicht beirren. "Da sind auch Leute dabei, die vielleicht über 20 Jahre in Deutschland sind und sich eine ganz andere Existenz aufgebaut haben. Die werden sicherlich auch in den nächsten Jahren keinen Antrag stellen."

An der JAGD auf FACHKRAEFTE beteiligen sich aus gehobener Position auf der Plattform eines Hubwagens Bundesarbeitsministerin Ursula von der LEYEN, Bundeswirtschaftsministetr Philipp ROESLER ( links neben v.d. Leyen) und der Vorstandsvorsitzende der Agentur fuer Arbeit, Frank-Juergen WEISE, rechts; die Aktion mit dem Riesenposter an der Front der Komischen Oper Unter den Linden sowie unterstuetzende Internetportale sollen helfen, den bis 2020 bestehenden Mangel an Fachpersonal von ca. 3 Millionen in den Griff zu bekommen.
Auf der Suche nach Fachkräften begeben sich deutsche Politiker hoch hinausBild: picture-alliance/dpa

Gesundheitsberufe vorne

Zwei Drittel der seit April 2012 gestellten Anträge kamen aus den Gesundheitsberufen, also beispielsweise von Ärzten, Apothekern, Krankenpflegern, Physiotherapeuten oder Hebammen, wobei Ärzte und Krankenpfleger besonders stark vertreten waren. In den kaufmännischen Ausbildungsberufen, sowie Metall- und Elektronikberufen gingen rund 4000 Anträge auf Anerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikation ein. Bei zwei Dritteln der insgesamt 30.000 Anträge wurde eine volle Gleichwertigkeit mit einem deutschen Referenzberuf festgestellt. 30 Prozent erhielten eine teilweise Gleichwertigkeit bescheinigt und lediglich vier Prozent der Anträge wurden abgelehnt.

Knut Diekmann, Bildungsexperte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, spricht von einem guten Start für das Gesetz und blickt optimistisch in die Zukunft. "Das Marketing muss erst seine Kraft entfalten. Das bedeutet auch insbesondere, dass die Migrationsgemeinschaften in Deutschland dafür werben müssen und die Betriebe selber diese Gleichwertigkeitsbescheinigungen kennen müssen, um dann ihre eigenen Arbeitnehmer auch darauf anzusprechen."

Auf der anderen Seite müsse aber jeder auch für sich entscheiden, ob er den Aufwand, der mit einer solchen Einzelfallprüfung einhergehe, auf sich nehmen wolle. Bis zu 600 Euro kann die Prüfung der beruflichen Qualifikation kosten. Zuschüsse durch die Bundesagentur für Arbeit sind möglich; vor allem, wenn nachgewiesen wird, dass die Anerkennung nötig ist, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können.

Bundesländer tun sich schwer

Schwierigkeiten gibt es noch in Berufen, für deren Anerkennung nicht der Bund, sondern die Bundesländer zuständig sind. Davon betroffen sind beispielsweise Lehrer, Erzieher und Ingenieure. Bislang gibt es erst in fünf der 16 Länder entsprechende Regelungen. 

Ein langer Flur im Kreisverwaltungsreferat München.
Mentalitätswechsel in den Ämtern gefordertBild: Tilo Mahn

Sachsen-Anhalts Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) räumt ein, dass die Umsetzung komplizierter sei, als zunächst gedacht. In Deutschland gebe es auf Landesebene insgesamt 1000 Anerkennungsstellen. "In vielen Bereichen haben die Kammern oder im ärztlichen Bereich das Gesundheitsministerium durchaus auch einen großen Ehrgeiz, nicht vorschnell die Kontrolle aus der Hand zu geben." Das sei nicht böse gemeint und mangelnder guter Wille sei nirgendwo festzustellen. "Aber da sind zum Teil lange gewachsene Traditionen und Denkmuster zu überwinden."

Arbeitgebervertreter Peter Clever geht noch einen Schritt weiter. In Deutschland müsse sich ein grundsätzlicher Mentalitätswechsel vollziehen hin zu einer Willkommenskultur vollziehen. Daran hapere es in vielen Bereichen, vor allem auch in den Ämtern. "Wir haben unsere Behörden über Jahrzehnte in eine Abschottungskultur hineinentwickelt. Man hat gesagt, haltet uns die Leute vom Hals, die wollen alle nur in unsere Sozialsysteme einwandern. Jetzt müssen wir deutlich machen, dass wir Fachkräfte benötigen, die wir umwerben müssen."

Damit wolle er nicht sagen, dass in den Ausländerämtern alle unfreundlich seien. "Die sind gebeten worden, nicht allzu freundlich zu sein", so Clever.