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Grüne: Maghreb-Staaten sind nicht sicher

11. Juni 2016

Vertreter von Union und SPD haben die Grünen gewarnt, die Einstufung zu Algerien, Tunesien und Marokko im Bundesrat zu verhindern. Insbesondere Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann wird in die Zange genommen.

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Flüchtlinge aus Marokko (Archivfoto: Getty)
Flüchtlinge aus Marokko (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/F. Senna

Vokabeln wie Wortbruch machen in Baden-Württemberg die Runde. Dort ist wegen des Vorhabens der Bundesregierung, die Maghreb-Staaten per Gesetz als sichere Herkunftsländer einzustufen, ein handfester Krach in der erst wenige Wochen alten grün-schwarzen Koalition entbrannt. CDU-Innenminister Thomas Strobl erinnerte den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nochmals an den Koalitionsvertrag. In dem Papier haben Grüne und CDU festgelegt, dass die Landesregierung die "Ausweitung der sicheren Herkunftsländer" unterstützen wird, "falls die entsprechenden hohen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen".

Kretschmann hat aber nach wie vor Bedenken. Strobl betonte in Stuttgart: "Ich halte Verlässlichkeit für ein hohes Gut in der Politik. Ich gehe davon aus, Herr Kretschmann sieht das genauso." Die Menschenrechtslage in Tunesien, Marokko und Algerien habe sich seit den Koalitionsverhandlungen nicht verändert, unterstrich der CDU-Politiker.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der "Passauer Neuen Presse", sollte Kretschmann durch den "Fundi-Druck" einknicken und nicht zu seiner Zusage stehen, "macht er sich total unglaubwürdig".

Winfried Kretschmann (r.) und Thomas Strobl mit dem Koalitionsvertrag (Foto: dpa)
Da sind sie sich noch einig: Ministerpräsident Kretschmann (r.) und CDU-Landeschef Strobl präsentieren Anfang Mai in Stuttgart den KoalitionsvertragBild: picture-alliance/dpa/B.Weißbrod

Nein oder Enthaltung angekündigt

Die Bundesregierung will die Maghreb-Staaten als "sicher" erklären, um Asylbewerber von dort schneller in ihre Heimat zurückschicken zu können. Der Bundestag hat das Vorhaben gebilligt, am kommenden Freitag stimmt der Bundesrat darüber ab. Dort sind Union und SPD auf die Stimmen von mindestens drei der zehn Länder mit grüner Regierungsbeteiligung angewiesen.

Mehrere dieser Bundesländer haben ein Nein oder die Enthaltung angekündigt. So wird sich Sachsen-Anhalt nach den Worten seiner grünen Umweltministerin Claudia Dalbert voraussichtlich enthalten. Das schwarz-grün regierte Hessen tendiert "im Streitfall" in die selbe Richtung. Die schleswig-holsteinische Regierungskoalition aus SPD, Grünen und SSW will mit Nein stimmen.

Gabriel mahnt - Bundesgrüne sind dagegen

Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel setzt dennoch nach eigener Aussage auf ein Ja des Bundesrats. Die Einstufung als sicheres Herkunftsland bedeute ja nicht, dass das Recht auf Asyl für Menschen aus diesen Staaten wegfalle, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Nur müssen die Betroffenen belegen, dass sie wirklich politisch verfolgt werden", machte der SPD-Chef deutlich. Gabriel wies darauf hin, dass die Anerkennungsquote für Menschen aus diesen Staaten äußerst gering sei, "zum Teil liegt sie unter einem Prozent".

Die Grünen im Bund rechnen damit, dass das Gesetz im Bundesrat scheitern wird. "Dafür gibt es nach jetzigem Stand in der Länderkammer keine Mehrheit", sagte der Politische Bundesgeschäftsführer Michal Kellner dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Ähnlich äußerten sich Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt und der religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck. Sie verwiesen abermals auf Menschenrechtsverletzungen in den drei Ländern gegen Journalisten, Blogger, Frauen und Homosexuelle.

2014 waren Bosnien-Herzegowina, Serbien und Mazedonien von der Bundesregierung zu sicheren Herkunftsländern erklärt worden. Damals stimmte Kretschmann für das Gesetz, obwohl die große Mehrheit der Grünen dagegen war. Im vergangenen Jahr wurden Albanien, Montenegro und das Kosovo als "sicher" eingestuft.

se/kle (dpa, afp, kna)