Landtagswahl in der SPD-Hochburg Brandenburg
21. September 2024Warum ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) wichtig für Brandenburg? Weil das an Polen grenzende Bundesland seit dem Jahr der Deutschen Einheit 1990 ununterbrochen von ihr regiert wird. Und laut Umfragen darf die SPD hoffen, ihre Koalition mit der Christlich-Demokratischen Union (CDU) und den Grünen nach der Landtagswahl am 22. September fortsetzen zu können.
Zwar könnte die Alternative für Deutschland (AfD) der SPD den Rang als stärkste politische Kraft ablaufen, aber mit der vom Verfassungsschutz beobachteten und in einigen Bundesländern als "gesichert rechtsextrem" eigestuften Partei will niemand eine Koalition eingehen.
Enges Rennen zwischen AfD und SPD
In Umfragen liefern sich AfD und SPD ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Beide können im günstigsten Fall mit Ergebnissen über 25 Prozent rechnen. Deutlich dahinter rangieren die Christdemokraten (CDU) und das Wahlbündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das sich laut Prognosen im Bereich der 15-Prozent-Marke bewegt.
Grüne und Linke müssen um den Wiedereinzug ins Potsdamer Landesparlament bangen, weil sie an der Fünf-Prozent-Sperrminorität scheitern könnten. Die auf Bundesebene mitregierenden Freien Demokraten (FDP) spielen schon lange keine Rolle mehr, sind seit 2014 nicht mehr im Landtag vertreten.
Drei Ministerpräsidenten in 34 Jahren
Für die SPD geht es also darum, ihre Bastion Brandenburg zu verteidigen. Regierungschef Dietmar Woidke strebt seine vierte Amtszeit an. Damit würde er seine beiden Vorgänger Manfred Stolpe und Matthias Platzeck überholen, die jeweils dreimal erfolgreich waren.
Die personelle und parteipolitische Kontinuität in Brandenburg ist einzigartig in den ostdeutschen Bundesländern: drei Ministerpräsidenten in 34 Jahren, alle von derselben Partei. Und kein Import aus dem Westen, wie es vor allem in Sachsen und Thüringen nach der Wiedervereinigung Deutschlands üblich war. Auch das ist ein Alleinstellungsmerkmal in einem Land, das zu mehr als einem Drittel von Wäldern bedeckt ist.
Berliner ziehen ins Umland
Die üppige Natur ist überhaupt ein Pfund, mit dem Brandenburg wuchern kann: seenreiche Landschaften, Biosphärenreservate wie der Spreewald, das Oderbruch an der deutsch-polnischen Grenze. Kein Wunder, dass es seit dem Fall der Berliner Mauer 1989 immer mehr Menschen aus der deutschen Hauptstadt dauerhaft ins Umland zieht.
Mit knapp 2,6 Millionen Einwohnern liegt Brandenburg im Vergleich der 16 Bundesländer auf Platz zehn und ist mit durchschnittlich 87 Menschen pro Quadratkilometer nach Mecklenburg-Vorpommern deutschlandweit am dünnsten besiedelt. Knapp zwölf Prozent der Menschen haben einen Migrationshintergrund, bundesweit trifft das auf fast 30 Prozent zu.
Brandenburgs Einwohnerzahl verändert sich kaum
Während die anderen ostdeutschen Bundesländer vor allem aus wirtschaftlichen Gründen hunderttausende Einwohner verloren haben, ist die Bevölkerungszahl in Brandenburg fast unverändert geblieben. Das liegt viel an der Nähe zu Berlin. Die Anziehungskraft der deutschen Hauptstadt strahlt vor allem auf den sogenannten Speckgürtel mit guter Verkehrsanbindung in die benachbarte Metropole aus. Zum Speckgürtel gehören Ortschaften, die unmittelbar an Berlin angrenzen.
Dazu gehört der 2020 eröffnete internationale Flughafen Berlin-Brandenburg (BER). Er ist benannt nach dem ersten SPD-Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt und hinter Frankfurt/Main und München der drittgrößte in Deutschland.
Elon Musk schafft bei Tesla 7000 neue Jobs
In unmittelbarer Nähe werden seit 2022 Elektroautos der Marke Tesla produziert. Am Standort Grünheide befindet sich die erste Fabrik des US-amerikanischen Unternehmers Elon Musk in Europa. Mit rund 7000 Beschäftigten aus 50 Ländern avancierte Tesla in kurzer Zeit zum größten privaten Arbeitgeber Brandenburgs.
Tesla profitiert auch von der vielfältigen Wissenschafts- und Forschungslandschaft. Wie im benachbarten Berlin gibt es zahlreiche Universitäten, deren Studentinnen und Studenten aus aller Welt kommen. Besonders international ist mit einem Anteil von rund 30 Prozent ausländischen Studierenden die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder. Sie liegt direkt am Grenzfluss zwischen Deutschland und Polen.
Highlights: Sanssouci und Barberini-Museum
Die mit 20.000 Studierenden größte Uni befindet sich in der Landeshauptstadt Potsdam. Geistesleben und Erscheinungsbild wurden über Jahrhunderte von Preußischen Könige geprägt, darunter Friedrich der Große. Touristenmagnete sind die zahlreichen Schlösser und Gärten, allen voran der Park Sanssouci. Aber auch das von Hasso Plattner, Mitbegründer des global erfolgreichen IT-Unternehmens SAP, privat finanzierte Museum Barberini.
Weltgeschichte wurde im Juli und August 1945 im Schloss Cecilienhof geschrieben, als sich dort die Siegermächte des kurz zuvor beendeten Zweiten Weltkriegs trafen. Auf der Potsdamer Konferenz einigten sich die USA, Großbritannien und die Sowjetunion darauf, Deutschland und Berlin in vier Besatzungszonen aufzuteilen. Diese Ära endete erst 45 Jahre später mit der Deutschen Einheit.
Spione auf der Glienicker Brücke
In den Jahrzehnten der Teilung wurde die Glienicker Brücke zwischen Potsdam und West-Berlin zum Symbol des Kalten Kriegs zwischen den verfeindeten politischen Lagern. Hier wurden gefangene Spione ausgetauscht. Der Regisseur Steven Spielberg hat auf dieser Grundlage den 2015 in die Kinos gekommenen Film "Bridge of Spies" gedreht.
An der Produktion war maßgeblich Europas größtes Filmstudio im Potsdamer Stadtteil Babelsberg beteiligt. Hier stand Marlene Dietrich 1929 im Klassiker "Der blaue Engel" vor der Kamera. Schon zwei Jahre früher hatte Fritz Lang an diesem Ort seinen expressionistischen Stummfilm "Metropolis" produziert. Und seit 2017 entstehen in Babelsberg große Teile der in über 60 Länder verkauften Krimiserie "Babylon Berlin".
Endet am 22. September eine Tradition?
Deutsche Welterfolge aus der Filmbranche kommen also seit fast 100 Jahren aus Potsdam. Nur ein Beispiel dafür, was das Land Brandenburg kulturell und wirtschaftlich zu bieten hat. Vieles hat eine lange Tradition. Das gilt auch für die Politik, die seit über 30 Jahren von der SPD dominiert wird. Ob das so bleibt, entscheidet sich bei der Wahl am 22. September.