Lam hält Militäreinsatz Chinas für möglich
8. Oktober 2019Das Kostüm wie stets tadellos, allerdings in einer sehr unaufgeräumten politischen Situation hat Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam eine weitere Pressekonferenz gegeben und dabei erstmals ausgesprochen, was seit Wochen als Gefahr in der Luft hängt: Sie könne es nicht ausschließen, dass das chinesische Militär in den Konflikt in der Sonderverwaltungszone eingreifen werde, wenn die Situation angesichts der anhaltenden Proteste weiter eskaliert. Allerdings sei sie weiterhin "fest davon überzeugt, dass wir alleine eine Lösung" finden sollten, fügte die 62-jährige Politikerin hinzu. Doch wie soll eine solche Lösung aussehen, wenn Lam zugleich bekräftigt, dass die zunehmend gewalttätigen Aktionen in der Metropole nicht mehr länger als Demokratiebewegung gewertet werden könnten?
Masken vor dem Gesicht
Lam hat in den vergangenen Tagen abermals keine glückliche Hand bewiesen, als sie mit einem Vermummungsverbot auf altes Kolonialrecht zurückgriff und damit die Opposition quasi provozierte. Denn eigentlich waren für das vergangene Wochenende keine Kundgebungen vorgesehen. Jenes Vermummungsverbot aber führte dazu, dass abermals tausende Menschen auf die Straßen strömten. Etliche waren mit Masken unterwegs. Andere verdeckten mit medizinischem Mundschutz ihr Gesicht, so wie es viele bisweilen machen, wenn sie erkältet sind. Der Obrigkeit wollten sie damit signalisieren: Ihr könnt uns nicht einschüchtern.
Tatsächlich aber werden die Proteste immer mehr von Gewalt begleitet - Proteste, die ihren Anfang nahmen, als Lam versuchte, ein Gesetz zur Auslieferung von Verdächtigen an China durchzusetzen. Ein Dialog zwischen Lam und der Opposition scheint kaum noch denkbar. Und so wie die Demonstranten mehr Demokratie in Hongkong fordern, so stellt sich inzwischen auch die Frage: Wieviel Macht hat Carrie Lam eigentlich noch? Oder kommen die Anweisungen schon lange aus Peking? Die Ereignisse der nächsten Wochen werden darauf eine Antwort bieten.
ml/AR (rtr, afp, AP)