Kunst und Kommerz
12. Juni 2002Kultur kostet: Insgesamt gaben deutsche Unternehmen nach Angaben des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Jahr 2000 knapp 350 Millionen Euro für Kunst- und Kulturförderung aus. Dazu kamen laut der Meinungsforschungsgruppe Emnid etwa 50 Millionen Euro durch Spenden sowie rund 125 Millionen Euro aus Stiftungen. Die deutsche Wirtschaft übernahm damit etwa 5 Prozent des deutschen Kultur-Budgets. Die restlichen 95 Prozent flossen aus öffentlichen Kassen.
Das steigende Kunst-Interesse deutscher Firmen ist nicht uneigennützig: Unternehmen haben das Kultursponsoring entdeckt, weil sie damit Zielgruppen ansprechen, die sie sonst nicht erreichen würden, erklärt Susanne Litzl vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft e.V. im Gespräch mit DW-WORLD.
Nachlassende Berührungsängste
Es gibt darum mehr und mehr Beispiele für Kultursponsoring. In den Hamburger Deichtorhallen findet derzeit die Ausstellung "Art & Economy" statt, die vom Münchener Siemens-Konzern gefördert wird. Diese Ausstellung zeigt, wie sich die traditionellen Berührungsängste zwischen Kultur und Wirtschaft langsam auflösen. Während sich Künstler früher wenig für Themen aus der Wirtschafts- und Finanzwelt interessierten, verarbeiten sie diese mittlerweile offensiv in ihren Arbeiten. So ging die Pariser Künstler-Gruppe Accés Local in mehrere Betriebe und beobachtete dort die Arbeitsgewohnheiten der Mitarbeiter. Die Künstler wollten die scheinbar unproduktiven Momente innerhalb eines Unternehmens thematisieren. Das Ergebnis präsentieren die Künstler in einer Collage aus dokumentarischen Aufzeichnungen wie Fotos, Ton- und Videoaufnahmen, Graphiken und Zeichnungen.
Ein Stück weit mitbestimmen
Für Kultur-Projekte wie das in Hamburg gibt der Siemens-Konzern über seine Abteilung "Siemens Arts Program" (S.A.P.) jährlich etwa 2 Millionen Euro aus. Imageverbesserung ist dabei ein zweitrangiges Motiv, sagt der S.A.P.-Leiter Michael Roßnagl. "Wir sehen uns als Arbeiter. Wir möchten uns eigentlich nicht schmücken mit diesem Engagement, sondern die gesellschaftliche Entwicklung ein Stück mit bestimmen, uns in Kunst und Kultur einmischen, wie wir uns in Forschung und Bildung einmischen", so Roßnagl. Der Unternehmer ist selbst musisch veranlagt: Als studierter Musiker war er früher Orchester-Geschäftsführer. Und Roßnagl fügt hinzu: "Das muss ein Technologieunternehmen wie Siemens einfach interessieren."
Blick auf den Preis
Siemens-Chef Heinrich von Pierer geht mit gutem Beispiel voran. An den Wänden seines Büros hängen ein Kunstwerk von Emil Schumacher, eine Arbeit des asiatischen Malers Fujio Akai und ein Bild des Amerikaners Philip Smith. Von Pierer möchte seinen Besuchern damit symbolisieren, dass er einem global operierenden Konzern vorsteht, erklärt Roßnagl. Der Preis habe bei der Auswahl der Büro-Kunst ebenfalls eine Rolle gespielt: "Der Marktwert der Bilder liegt jeweils im unteren einstelligen Euro-Bereich. Wir wollen schließlich keine Sammlung aufbauen."
Selbst wenn dem Konzern sein Mäzenatentum keinen zusätzlichen Geschäftserfolg einbringt, so hat es doch einen großen Vorteil: Man kann immer sagen, man habe wenigstens etwas Gutes getan. (mas)