Kritik an Chinas Umgang mit WHO-Mission
14. Februar 2021Experten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beklagen nach ihrer Rückkehr aus Wuhan, dass sie während ihres mehrwöchigen Aufenthalts in China keinen ausreichenden Zugang zu "Rohdaten" über das Infektionsgeschehen vor Ort gehabt hätten. Der Leiter der WHO-Mission zur Untersuchung des Ursprungs der Corona-Pandemie, Peter Ben Embarek, sagte, "wir brauchen mehr Daten", um mögliche frühe Corona-Fälle ausfindig zu machen". Er habe die chinesischen Behörden deshalb um weitere Daten gebeten und hoffe, diese auch zu bekommen. Trotz der deutlich verspäteten Untersuchung in Wuhan gebe es noch "eine Menge zu lernen, eine Menge zu entdecken".
Nachuntersuchungen zu 72.000 Infektionserkrankungen
Sein Team hätte gerne die Daten aus Wuhan zu Krankheitsfällen wie Lungenentzündung, Grippe und Fieber zwischen Oktober und Dezember 2019 untersucht, bei denen es sich möglicherweise bereits um COVID-19 gehandelt habe, sagte Embarek. Dabei geht es um 72.000 Fälle, von denen chinesische Experten aber nur 92 nachträglich auf das Virus untersuchten. Diese Tests fielen allesamt negativ aus.
China hatte eine unabhängige internationale Untersuchung zum Ursprung des Virus, die beim Kampf gegen diese und kommende Pandemien helfen sollte, zunächst verweigert. Erst mit einem Jahr Verspätung stimmte die Regierung in Peking der WHO-Mission zu. Die WHO-Expertengruppe hatte dann vor Ort nur wenig Zeit, da sie nach ihrem Eintreffen in Wuhan zunächst 14 Tage in Quarantäne musste.
Es gebe in seinem Team eine Mischung aus Frustration und der "realistischen" Einschätzung, was "in welchem Zeitrahmen machbar ist", sagte Embarek nun mit Blick auf die Tage in Wuhan. Zwar gehen die Experten nach ihrer Untersuchung weiter davon aus, dass das neuartige Coronavirus von Fledermäusen über ein weiteres Tier als Zwischenwirt auf den Menschen übertragen wurde. Doch wann und wo das genau geschehen sein könnte, ließ sich nach ihren Angaben nicht klären.
Embareks britischer Kollege John Watson lobte allerdings die Bereitschaft der chinesischen Kollegen, in allen Details über ihre Arbeit und Methoden zu berichten. Auch nach den Worten Watsons ist es immer noch möglich, deutlich mehr als bisher über die frühen Stadien der Pandemie zu lernen. Mit einer vollständigen Aufklärung sei aber nicht mehr zu rechnen, schränkte er ein.
USA kritisieren chinesische Unterstützung der WHO-Mission
Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, forderte Peking auf, alle Daten über die "ersten Tage des Corona-Ausbruchs" offenzulegen. Washington habe "ernste Bedenken" über die Art und Weise, wie die WHO-Untersuchung in Wuhan gelaufen sei. Sullivan erinnerte daran, dass US-Präsident Joe Biden den Austritt der USA aus der WHO wieder rückgängig gemacht habe. Umso wichtiger aber sei es deshalb, die "Glaubwürdigkeit" der Weltgesundheitsorganisation zu schützen.
Die zehn internationalen Experten, die im Auftrag der WHO in China waren, besuchten in Wuhan mehrere Krankenhäuser, Institute, Labore und auch den Huanan-Tiermarkt, wo erste erfasste Infektionen mit dem Virus aufgetreten waren. Es gab in Wuhan aber auch Ansteckungen, die nicht mit diesem Markt in Zusammenhang gebracht werden konnten.
Die Suche nach der Herkunft des Erregers gilt als politisch heikel, da China befürchtet, als Schuldiger für die Pandemie angeprangert werden zu können. Peking weist jede Verantwortung für den Ausbruch der Seuche von sich und bringt auch andere Verbreitungsmöglichkeiten als deren Bginn von Wuhan aus ins Spiel.
qu/bru (afp, dpa, rtr)