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Politik

Krise im Kongo: "Deutschland kann viel tun"

Dirke Köpp
11. Oktober 2016

Der politische Dialog im Kongo ist an einem toten Punkt. Alles dreht sich um den Termin für die Präsidentenwahl und die Zukunft von Staatschef Joseph Kabila. Viele Akteure wünschen sich mehr Engagement von Deutschland.

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Kongo Proteste gegen Joseph Kabila
Bild: Reuters/K. Katombe

Dialog, Dialog, Dialog - egal, welches Radio man derzeit in der Demokratischen Republik Kongo hört, immer sind die aktuelle politische Krise und der Dialog zu ihrer Beilegung das Hauptthema. Alle hoffen auf einen Durchbruch. Doch auch mehr als einen Monat nach Beginn des Dialogs zwischen Regierung und Teilen der Opposition sind viele Punkte noch offen. Und das, obwohl die Uhr tickt: Die Amtszeit von Präsident Joseph Kabilas endet offiziell am 19. Dezember. Wahlen sollen aber erst im Dezember 2018 stattfinden, wie die Wahlkommission Anfang Oktober angekündigt hatte. Schneller sei es nicht möglich, alle Wähler zu registrieren und dann die Wahl vorzubereiten.

Diesen Plan lehnt die Opposition um die beiden einflussreichsten Oppositionspolitiker des Landes, Etienne Tshisekedi und Moise Katumbi, allerdings ab. Die Mitglieder der sogenannten "Sammlung" ("Rassemblement") haben bereits angekündigt, Präsident Kabila am 19. Oktober zunächst die gelbe und am 19. Dezember dann die rote Karte zu zeigen. Diese Ankündigungen sorgen in der kongolesischen Bevölkerung für Sorge, denn bei gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften am 19. und 20. September sind nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 53 Menschen ums Leben gekommen, Menschenrechtsorganisationen sprechen von noch viel mehr Opfern.

Demokratische Republik Kongo - Ausschreitungen in Kinshasa
Keine dritte Amtszeit für Kabila - so die Forderung der Demonstranten.Bild: Getty Images/AFP/E. Soteras

Ohne Wahlmaterial keine Wahl

Die Oppositionellen des "Rassemblement", die sich dem von der Afrikanischen Union vermittelten Dialog verweigern, sehen in der Verschiebung der Wahl einen Versuch Joseph Kabilas Amtszeit zu verlängern; denn offiziell verbietet die kongolesische Verfassung ein drittes Mandat.

Ein Ausweg aus der Krise ist derzeit nicht in Sicht. Daher taucht im Gespräch mit Akteuren aus Politik und Zivilgesellschaft immer öfter auch das Wort Deutschland auf. "Deutschland kann viel tun", unterstreicht etwa Abbé Donatien Nsholé, Vertreter der katholischen Kirche, die sich aus dem Dialog zurückgezogen hat. "Eine der Herausforderungen - um nur diese eine zu nennen -, ist das fehlende Geld. Mit genug Geld wäre es zum Beispiel möglich, mehrere Kits mit Wahlmaterial zum gleichen Zeitpunkt zu bekommen." Am Wahlmaterial hat sich die Krise entzündet - ohne dieses Material kann die Registrierung der Wähler nicht beginnen. Regierung und Wahlkommission aber unterstreichen immer wieder, dass der Staat die Kosten dafür nicht tragen könne. Erst vor Kurzem hat die Registrierung der Wähler begonnen - sie soll - der Kongo hat mehr als 75 Millionen Einwohner - noch bis Ende Juli 2017 dauern. Erst dann könne man beginnen, die Wahl vorzubereiten.

Abbé Donatien Nsholé
Abbé Donatien NsholéBild: DW/D. Köpp

"Wer keine Wahlen abhalten möchte, wird sich nicht beeilen, das nötige Geld dafür zu suchen", meint Abbé Nsholé. Und hier kommt Deutschland ins Spiel: "Wer aber möchte, dass die Wahlen so schnell wie möglich abgehalten werden, der kann in dieser Hinsicht dazu beitragen." Dafür bedürfe es keiner expliziten Einladung an Deutschland und andere Partner, findet Nsholé: "Sie kennen die Probleme hier und wissen, was sie tun können." 

Deutschland ist im Kongo hoch angesehen

Anders als die ehemalige Kolonialmacht Belgien - mit der die kongolesische Regierung nach harscher Kritik aus dem Außenministerium derzeit im diplomatischen Tauziehen ist - oder Frankreich genießt Deutschland im Kongo hohes Ansehen. Bei der Wahl im Jahr 2006, aus der Joseph Kabila als Sieger hervorging, hatte Deutschland eine führende Rolle innerhalb der internationalen Gemeinschaft eingenommen und sich auch finanziell stark engagiert.

In diesen Tagen ist der Afrika-Beauftragte des Auswärtigen Amtes, Georg Schmidt, in Kinshasa, um sich ein Bild der Situation zu machen und Gespräche mit verschiedenen Akteuren zu führen. "Es wäre gut, wenn er alle wichtigen Akteure trifft und allen zuhört und dann Impulse gibt für die Diskussion", wünscht sich der Abgeordnete Stanley Mbayo Pelesa, der in der Regierungskoalition sitzt. Deutschland habe Gewicht in Europa, "und die deutsche Kultur ist solide: Wenn Deutschland sich für etwas engagiert, dann tut es das, um auch tatsächlich eine Lösung zu finden", ist er überzeugt.

Hoffen auf eine friedliche Lösung

Kongo Senator Moise Nyarugabo
Senator Nyarugabo wünscht sich Unterstützung aus DeutschlandBild: DW/D. Köpp

Moise Nyarugabo, Senator und Teilnehmer des Dialogs auf Seiten der Opposition, wünscht sich zwei Dinge: "Dass er die Opposition um die Politiker Tshisekedi und Katumbi dazu bringt, am Dialog teilzunehmen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen." Und dass Deutschland sich wie schon 2006 wieder finanziell engagiere. "Wir müssen alle Vorbereitungen finanzieren können - ohne Ausnahme", so Nyarugabo. "Sonst können wir nicht einmal die von der CENI genannte Frist halten. Aber wenn wir mehr Geld hätten, könnten wir die Frist sogar verkürzen. Dafür müsste man allerdings die Mittel verdoppeln."

Georges Kapiamba, Präsident der kongolesischen Vereinigung für den Zugang zu Justiz (ACAJ) betont, Georg Schmidt solle seinen Aufenthalt nutzen, um öffentlich Menschenrechtsverletzungen und die Repression von individuellen Freiheitsrechten zu verurteilen. "Er sollte auch darauf dringen, dass die kongolesische Verfassung respektiert wird, um so bald wie möglich unter friedlichen Bedingungen zu wählen und somit einen politischen Wechsel zu erlauben und den Nachfolger von Präsident Kabila zu benennen."

Georg Schmidt Regionalbeauftragter des Auswärtigen Amtes für Subsahara-Afrika
Kann Georg Schmidt etwas bewirken?Bild: DW/M. Kanta

Friedlich - auch dieses Wort hört man in diesen Tagen immer wieder. Wer genug Geld hat, versucht, seine Familie außer Landes zu bringen, bevor es im Dezember wieder zu Protest und Repression kommt. Der Abgeordnete Pelesa hat daher noch eine weitere Botschaft an den Afrika-Beauftragten Georg Schmidt: "Er sollte sich immer bewusst sein, dass der Kongo neun Nachbarländer hat. Ein instabiler Kongo bringt zehn Länder Zentralafrikas ins Schwanken. Das ist ein Pulverfass. Das muss man mit ganz viel Fingerspitzengefühl behandeln." Allerdings hat er dann auch noch eine Nachricht, die vielen in der Opposition sicher so nicht schmecken würde: "Besser man arrangiert sich mehr schlecht als recht, als eine perfekte Lösung zu suchen, die alles zum Explodieren bringt."