Kremlkritiker Nawalny rechnete mit Tod in Haft
12. Oktober 2024Wie aus Auszügen der Memoiren hervorgeht, die das US-amerikanische Magazin "The New Yorker" veröffentlichte, rechnete Alexej Nawalny nicht mit Hilfe und Beistand. "Es wird niemand zum Verabschieden da sein", notierte er.
Tod in einem Lager in der Arktis
Der prominenteste Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin war am 16. Februar 2024 in einem russischen Straflager in der Arktis gestorben, wo er eine 19-jährige Haftstrafe verbüßen sollte. Nawalnys Anhänger und zahlreiche westliche Politiker machen die russische Führung und Präsident Wladimir Putin für den Tod des Oppositionellen verantwortlich.
Das neue Buch mit dem Titel "Patriot" stützt sich auf Tagebucheinträge Nawalnys aus der Haft und der Zeit davor. Veröffentlicht wird das Buch mit den Lebenserinnerungen am 22. Oktober. In einem Eintrag vom 17. Januar 2022 schreibt Nawalny: "Das Einzige, was wir fürchten sollten, ist, dass wir unsere Heimat aufgeben, um sie von einer Bande von Lügnern, Dieben und Heuchlern ausplündern zu lassen."
In einem Eintrag vom 1. Juli 2022 fasst Nawalny einen typischen Tagesablauf zusammen: Aufwachen um 6 Uhr, Frühstück um 06:20 Uhr und Arbeitsbeginn um 06:40 Uhr. "Bei der Arbeit sitzt man sieben Stunden an der Nähmaschine auf einem Hocker unter Kniehöhe", erläutert er. "Nach der Arbeit sitzt man einige Stunden auf einer Holzbank unter einem Porträt Putins. Das nennen sie 'disziplinarische Tätigkeit'."
Trotz des Giftanschlages Rückkehr nach Russland
Mit dem Schreiben seiner Memoiren hatte der Kremlkritiker nach einem Giftanschlag im Jahr 2020 begonnen, in dessen Folge er mehrere Monate lang in einem Krankenhaus in Berlin behandelt wurde. Im Jahr darauf kehrte Nawalny nach Russland zurück, wo er festgenommen und zu der langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.
Der letzte vom "The New Yorker" vorveröffentlichte Tagebucheintrag stammt vom 17. Januar 2024. Darin beantwortet Alexej Nawalny die Frage von Mitinsassen und Gefängniswärtern, warum er nach Russland zurückgekehrt sei. "Ich wollte mein Land nicht aufgeben oder es verraten. Wenn unsere Überzeugungen etwas bedeuten sollen, muss man bereit sein, für sie einzustehen und, wenn nötig, Opfer zu bringen."
Im Juni waren die Witwe Nawalnys, Julia Nawalnaja und die "Stiftung gegen Korruption" in Berlin mit dem "Freedom of Speech Award 2024", dem diesjährigen Preis für Presse und Meinungsfreiheit der Deutschen Welle, ausgezeichnet worden.
haz/pg (afp, "New Yorker")