Kommt die Feuerwehr demnächst mit der Straßenbahn? Weil sie mit ihrem dieselgetriebenen Löschfahrzeug nicht mehr in die Wohnviertel fahren dürfen? Oder wollen wir Verhältnisse wie seinerzeit in der DDR haben? Dort entschieden einst Polit-Bürokraten darüber, wie sich das Volk fortzubewegen habe. Der sozialistische Staatsbürger brauche keine individuelle Mobilität - Bus und Bahn mögen genügen. So bremste man die traditionsreichen Autobauer in Zwickau und Eisenach aus.
Soweit könnte es heute wieder kommen, in der Verbotsrepublik Deutschland. Die Gegner des Individualverkehrs machen mobil. Ihr Feind ist das Auto. Mit einer Debatte um Feinstäube, die an Hysterie nicht zu überbieten ist. 100.000 Dieseltote! Verpestete Innenstädte! Das Auto als Massenmörder! Eine Kampagne, die ihr Ziel nicht verfehlt. Reihenweise erlassen Gerichte Fahrverbote, weil Grenzwerte überschritten werden. Brüssel hingegen ordnet immer neue, noch niedrigere Grenzwerte an. Für Autos jedenfalls. Aber das ist nur der Anfang.
Die Sache mit dem Staub
Die Debatte hat sich komplett vom Boden der Realität gelöst. Niemand fragt mehr danach, ob die Messstationen überhaupt in der richtigen Höhe und an der richtigen Stelle messen. Die Dinger stehen in jeder Stadt anders. Mal auf dem Grünstreifen, mal an der Hauswand, mal sind sie der Sonneneinstrahlung ausgesetzt, mal nicht. Das verwirrt selbst die Kanzlerin, die wahlweise mal Klima- und mal Autokanzlerin war, jetzt aber genauso trickst wie die Autohersteller. Sie kündigt an, Gesetze so zu verändern, dass doch keine Fahrverbote nötig werden. Um einen Tag später zu verkünden, man schraube nicht an Grenzwerten herum, die seien schließlich europäisches Recht.
Dieses, nennen wir es freundlich: Missverständnis illustriert nur zu gut, dass eigentlich keiner mehr weiß, wohin die Reise gehen soll. Vielleicht helfen, auch wenn wir im postfaktischen Zeitalter leben, ein paar Fakten. Mit dem Staub - dieser falschen Materie am falschen Ort - zum Beispiel ist das so eine Sache. Zwischen fünf und 300 Tonnen davon fallen jeden Tag auf die Erde. Der wird unter anderem vom Wind und der Sonne aufgewirbelt. Das macht Feinstaubmessungen so verdammt kompliziert. Jetzt kommen die Autos ins Spiel. Die Feinstaubemissionen im Straßenverkehr kommen nur zum kleinen Teil aus dem Auspuff, sie entstehen zu 85 Prozent durch den Abrieb von Reifen und Bremsen. (Deswegen: Auch Fahrräder erzeugen Feinstaub.)
Und die Autos (auch aufgrund strengerer Grenzwerte, richtig) pusten immer weniger Gase in die Luft. Nie war die Luft in unseren Städten so gut wie heute! Rechtfertigt das, den Feldzug gegen das Auto - besser: den Feldzug gegen die individuelle Mobilität - ungebremst fortzuführen? Denn über eines muss man sich im Klaren sein: Die Dieselfahrverbote sind nur der Anfang. Ist erst der Diesel besiegt, wird es dem Verbrennungsmotor grundsätzlich an den Kragen gehen. Dann den Rauchern, und zwar endgültig. Irgendwann kommen die Kaminbesitzer dran. So ein Holzofen, meist anzutreffen in den schicken Wohnungen der Wohlstandsgeneration, verursacht Unmengen von Feinstaub, erst recht, wenn man das falsche Holz verbrennt. Und was machen wir bloß, wenn das nächste Mal der Sahara-Sand über Mittelmeer geweht kommt? Feinstaubalarm hoch zehn! Stellt die Deutsche Umwelthilfe dann Verbotsschilder an der Landesgrenze auf? Saharastaub verboten!?
Die "saubere" Lösung
Aber klar: Die Lösung des Problems ist ja längst gefunden - das Elektroauto! Leise, sauber, umweltfreundlich. Zwar nur was für Besserverdiener, aber egal. Blöd nur, dass die elektrischen Wunderdinger so eine bescheidene Ökobilanz haben. Nehmen wir nur das allerneueste, gerade vom Daimler-Konzern vorgestellte Elektroauto, den EQC. Der erste vollelektrische Mercedes, zu haben ab dem kommenden Jahr für erschwingliche 70.000 Euro in der Basisversion. Die Batterie wiegt sagenhafte 650 Kilogramm. Blöd nur, dass allein bei der Produktion einer einzigen dieser Monsterzellen zwölf bis 16 Tonnen CO² anfallen. Plus die rund sieben Tonnen, die sowieso bei der Produktion eines jedes einzelnen Autos entstehen. Da lacht der Fahrer eines jeden fossil angetriebenen Autos: Mit so einer Kohlendioxid-Bilanz kann er locker 200.000 Kilometer fahren!
Um es klar zu sagen: Die Autokonzerne haben sich durch ihre Tricksereien selbst in die Lage gebracht, in der sie heute sind. So wurden aus Hätschelkindern der Politik die Prügelknaben. Aber: Wenn es gar nicht mehr nur ums Auto geht, sondern nur noch darum, was als nächstes verboten werden kann, dann geht es an die Substanz. Dann geht es an die Freiheit des Einzelnen. Um eines der Grundrechte unserer demokratischen Ordnung. Das muss jedem klar sein, der Fahrverbote gut findet.