Stachel im Fleisch der Autobauer
22. Februar 2018Wenn sich in Sachen Diesel die Gemüter erhitzen, steckt oft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dahinter. Seien es drohende Fahrverbote in Städten oder die Messung zu hoher Stickoxidwerte von Dieselfahrzeugen, wohl kaum ein anderer Umwelt- und Verbraucherschutzverband sorgt mit Klagen und Pressemitteilungen für so viel Wirbel. Im Dauerstreit mit BMW über Abgasmanipulationen handelte sich die DUH allerdings zuletzt eine Klatsche ein: Das Kraftfahrt-Bundesamt entlastete den Münchner Autobauer von den Vorwürfen.
Kritiker stoßen sich vor allem an den Abmahngebühren, mit denen sich die Umwelthilfe finanziert. Anerkannte Verbraucherschutzverbände erhalten solche Gebühren von Unternehmen, wenn sie ihnen einen Verstoß gegen Umweltvorschriften nachweisen. "Es ist wie ein Kreuzzug, den die DUH führt", sagt ein ranghoher Manager eines Autobauers. Als "Umwelt-Taliban" werden sie bei einem anderen Hersteller tituliert.
"Öffentliche Aufgabe"
Diese Vorwürfe hält Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch für unberechtigt. Die Umwelthilfe sei parteipolitisch unabhängig, als gemeinnützig anerkannt und ein zur Durchsetzung von Verbraucher- und Umweltinteressen klageberechtigter Verein. Er nehme eine öffentliche Aufgabe wahr. Die Kosten der Verfahren und der Tests sowie die von der DUH durchgeführte Verbraucherberatung zehrten die Einnahmen aus Abmahngebühren und die im Wiederholungsfall zu zahlenden Vertragsstrafen auf.
Zuletzt entfielen rund 30 Prozent der Einnahmen von gut acht Millionen Euro auf Abmahngebühren und Vertragsstrafen. Dabei beschränkt sich die Umwelthilfe nicht auf die Autobauer. "Wir haben in den letzten Jahren durch unsere ökologische Marktüberwachung durchgesetzt, dass Waschmaschinen, Fernsehgeräte, Trockner, Raumkühlgeräte oder Lampen bezüglich ihrer Energieeffizienz korrekt gekennzeichnet werden." Der Verein reklamiert für sich, durch Messungen des Quecksilbergehalts von Energiesparlampen oder den realen Abgasemissionen von Motoren Umweltverstöße aufgedeckt zu haben.
Die Abmahner
Von den insgesamt rund 90 hauptamtlichen Mitarbeitern der Umwelthilfe durchforsten sieben bundesweit Werbeaussagen und Angebote von Unternehmen auf mögliche Verstöße. Dabei findet das Team wöchentlich etwa 30 Fälle, die Abmahnungen nach sich ziehen. Etwa acht Fälle pro Woche landen vor Gericht. Jedes Jahr führt der Verein insgesamt rund 1500 Verfahren verschiedener Art, mehr als 1000 davon werden außergerichtlich beigelegt.
Mit Abmahnungen und Konventionalstrafen nimmt die Umwelthilfe jedes Jahr Millionen ein - 2016 waren es 2,46 Millionen Euro und damit geringfügig weniger als 2015 mit 2,47 Millionen. Im Jahr davor lagen die Einnahmen bei 2,32 Millionen und davor 1,79 Millionen, die die DUH unter "Verbraucherschutz" beziehungsweise "ökologische Marktüberwachung" in ihren Jahresberichten ausweist. Auch die Zahl der Abmahnungen und Gerichtsverfahren steigt. 2014 seien 386 Fälle vor Gericht gelandet, 2015 seien es 438 gewesen und 2016 insgesamt 491. Der Anteil der Verfahren gegen die Automobilindustrie sei dabei rückläufig, betont die DUH. Die Zunahme der Prozesse insgesamt begründet sie mit zahlreichen Musterverfahren zur Kennzeichnung des Energieverbrauchs bei Immobilienanzeigen.
Projektzuschüsse und private Stiftungen
Den größten Anteil (38 Prozent) an den Einnahmen haben Projektzuschüsse, die den Angaben zufolge etwa zur Hälfte aus öffentlichen Quellen kommen, vorwiegend vom Bund und der EU. Die andere Hälfte werde von privaten Stiftungen bereitgestellt. 2015 beliefen sich die Projektzuschüsse auf gut drei Millionen Euro. Auch durch Spenden finanziert sich der Verein.
Öffentliche Aufmerksamkeit für ihre Aktionen erhält die Umwelthilfe seit über 30 Jahren. In den 1980er Jahren machte sie bei der Durchsetzung des Katalysators für Benzin-Pkw von sich reden. Ende der 1990er Jahre folgte eine Kampagne für die Einführung schwefelarmer Kraftstoffe, später setzte sich die DUH für den Partikelfilter ein. "Seit 2007 machen wir auf die bis heute ungelösten Probleme beim Dieselabgasgift Stickoxid aufmerksam", sagt Resch. Doch erst durch die Aufdeckung des Dieselskandals bei VW durch die amerikanischen Umweltbehörden vor zwei Jahren sei dadurch eine öffentliche Debatte entstanden.