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Trump, die Zölle und die Wirklichkeit

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Henrik Böhme
9. März 2018

Strafzölle! Handelskrieg! Keine schönen Töne, die da gerade über den Atlantik fliegen. Die Zölle werden die US-Stahlindustrie nicht retten und die europäische nicht untergehen lassen, meint Henrik Böhme.

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Stahlfabrik in Mariupol, Ukraine
Bild: Alexander Khudoteply/AFP/Getty Images

Vielleicht musste es einfach raus aus ihm, nachdem das Personal-Chaos im Weißen Haus mal wieder die Schlagzeilen bestimmte. Wenn ich die Probleme in meinem eigenen Laden schon nicht in den Griff bekomme, dann vielleicht doch der Befreiungsschlag mit den Strafzöllen. Und so konnte er das Wasser nicht mehr halten, der Präsident. Nach einem Treffen mit Vertretern der Stahlbranche, bei dem man sich nochmal austauschen wollte über das Für und Wider von Strafzöllen, ließ Donald Trump die Katze aus dem Sack.

Nun hat er die Strafzölle also eingeführt, auf alle Stahl- und Aluminium-Importe in die Vereinigten Staaten - mit ein paar Ausnahmen. Mit mittlerweile gewohnt großer Geste umgeben von Stahlarbeitern aus dem Rust Belt unterschrieb Trump das entsprechende Dekret. Dort, im "Rostgürtel" im Nordosten der USA, schlug einst das Herz der US-Stahlindustrie. Eben dort haben viele für Trump gestimmt.

In fünfzehn Tagen tritt das Dekret in Kraft. Zeit nun für die Europäische Union, die Liste mit den Gegensanktionen ist ja fertig. Nun denn, auf in den Handelskrieg!

Anti-Globalist vs. Welthandel

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Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Die Aufregung diesseits des Atlantiks ist groß. Von Millionen-Einbußen für möglicherweise betroffene Unternehmen ist die Rede. Tausende Arbeitsplätze in Europa seien gefährdet. Unfair sei es, was der Präsident, der sich doch für fairen Handel einsetzt, da mache. Das alles sei ein Verstoß gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Und so weiter und so fort. Die üblichen Reflexe halt. Nicht nur aus Deutschland, auch aus der Europäischen Union war dergleichen zu hören, auch aus Kanada (das erstaunt nicht, gehen doch 85 Prozent der kanadischen Stahlexporte ins Nachbarland) , oder aus Brasilien (ebenfalls ein wichtiger Lieferant).

Donald Trump ficht das vorerst alles nicht an. Er hat, wen kann das überraschen, nur den heimischen Markt im Sinn, weil er ein Anti-Globalist ist. Zehn geschlossene US-Stahlwerke in den letzten 20 Jahren und Tausende, die ihren Job verloren haben - das ist es, was ihn interessiert. In einer Zeit, in der die Weltstahlproduktion um knapp 130 Prozent zugenommen hat. Antreiber ist vor allem China, das im Rohstahlsegment aufgrund der gigantischen Kapazitäten im eigenen Land für ein dramatisches Überangebot auf dem Weltmarkt gesorgt hat. Im Reich der Mitte wird knapp die Hälfte des weltweiten Stahls produziert. 

Verwerfungen sind möglich

Nun hätte man freilich reagieren können in "good old america", man hätte sich spezialisieren können auf besondere Stähle beispielsweise, man hätte die Stahlkonzerne umbauen können zu Industriekonzernen (in Deutschland versucht das gerade mit einigem Erfolg Thyssenkrupp). Hat man aber nicht. Das freilich kann man Trump nicht vorwerfen - und der Präsident hat ja auch (fast entschuldigend) gesagt, er sei nicht sauer auf die anderen Länder, die hätten eben einfach nur die besseren Deals gemacht. Und das werde er, der selbsternannte Dealmaker, nun ändern.    

Zu einem Deal gehören allerdings immer wenigstens zwei, in Zeiten des globalen Handels sogar noch mehr. Man kann also davon ausgehen, dass Trumps protektionistisches Eingreifen zu Verwerfungen führen wird. Denn diejenigen, die nun mit Strafzöllen bedroht sind, werden sich andere Märkte suchen. Es könnte also durchaus eine neue Stahlschwemme aus China auf Europa zukommen. Und ob sein Plan aufgeht, Tausende Jobs in den Stahlwerken zu Hause zu schaffen, ist noch lange nicht klar. Womöglich kommen die zu verhängenden Sanktionen als Boomerang zurück und verteuern die Produkte in den USA.

Die Sache mit den Solar-Paneelen

Nun könnte also die Stunde der multilateralen Organisationen schlagen, der WTO oder der G20. Dort, bei den zwanzig führenden Industrie- und Schwellenländern, gibt es seit dem G20-Gipfel von 2016 eine Arbeitsgruppe, die sich mit den Überkapazitäten im Stahlmarkt beschäftigt. Der Erfolg ist überschaubar, die Chinesen haben ihre Produktion ein bisschen heruntergefahren, mehr aber auch nicht. Und die Welthandelsorganisation? Nun, ein Papiertiger ersten Ranges, der seit einer gefühlten Ewigkeit versucht, ein Welthandelsabkommen auf die Beine zu stellen. Sicher können die von den Strafzöllen betroffenen Länder nun in Genf am Sitz der WTO Beschwerde einreichen. Aber das wird einen Donald Trump nicht jucken, der die WTO sowieso für eine dieser überflüssigen, teuren, ineffizienten Einrichtungen hält.

Vielleicht könnte der Präsident aber nochmal seine Berater fragen, wie das war vor zwei Jahren, als die Europäer (auf Grundlage der WTO-Regeln) ein Anti-Dumping-Verfahren gegen die Chinesen gestartet haben, weil deren Solarmodule die europäischen Hersteller reihenweise in den Ruin getrieben hatten. Am Ende verhängte die EU auch Strafzölle. Genützt hat das den europäischen Herstellern nicht wirklich. Keine der insolventen Firmen ist danach wie Phönix aus der Asche wieder auferstanden. Und auch seinen Vorvorgänger im Amt, George W. Bush, könnte Trump nach den Erfolgsaussichten fragen: Bush hatte 2002 Strafzölle auf Stahlimporte von bis zu 30 Prozent verhängt. Die Sache ging komplett nach hinten los - Tausende US-Stahlarbeiter verloren ihren Job.       

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Henrik Böhme Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Auto- und Finanzbranche@Henrik58