EU wehrt sich gegen Trumps Stahlzölle
2. März 2018"Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden", erklärte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel. Seine Behörde werde bereits in den kommenden Tagen einen Vorschlag machen - im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO. "Die EU wird entschieden und angemessen reagieren, um ihre Interessen zu verteidigen", so Juncker weiter.
Konkrete Angaben zu den möglichen Vergeltungsmaßnahmen machte der Chef der Europäischen Kommission nicht. EU-Experten arbeiten allerdings bereits seit Monaten an einer Liste mit US-Produkten, die als Reaktion auf Abschottungsmaßnahmen mit zusätzlichen Zöllen belegt werden könnten. Zu ihnen könnten unter anderem Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder, aber auch in den USA angebaute Kartoffeln oder Tomaten zählen. Neben Sanktionen dürfte die EU auch mit einer Klage bei der WTO reagieren, wie Handelskommissarin Cecilia Malmström signalisierte.
Trump - so hart wie Stahl
US-Präsident Donald Trump hatte am Donnerstag wieder einmal deutlich gemacht, dass er seine "America-First"-Politik beim Welthandel wohl weiterhin konsequent durchzieht. So kündigte er an, auf Stahleinfuhren künftig einen Strafzoll von 25 Prozent erheben zu wollen. Bei Aluminium-Importen soll ein Strafzoll von zehn Prozent gelten. Es gehe darum, die heimische Produktion vor ausländischer Billigkonkurrenz zu schützen, sagte Trump bei einem Treffen mit Branchenvertretern im Weißen Haus. "Wir werden neue Jobs bekommen und pulsierende Unternehmen", so der Präsident unter dem Beifall der eingeladenen Unternehmer.
Die US-Börsen gingen nach Trump Ankündigung weiter auf Talfahrt - aus Angst vor weitreichenden Handelskonflikten. Der Leitindex Dow Jones schloss am Donnerstagabend mit einem Minus von fast 1,7 Prozent bei 24.608 Punkten. Zuvor hatten schon Spekulationen auf raschere Zinserhöhungen die Wall Street beunruhigt. Am Freitag startete der deutsche Aktienmarkt ebenfalls mit Verlusten von mehr als einem Prozent in den Handelstag und folgte damit der Wall Street und den schwächelnden asiatischen Börsen.
Begehrter US-Absatzmarkt
Der europäische Stahlverband Eurofer erwartet, dass die US-Strafzölle zu einem drastischen Rückgang der EU-Exporte führen. Man gehe von einem Minus von 50 Prozent oder mehr aus, hieß es in einer ersten Reaktion. Derzeit haben die Ausfuhren ein Volumen von rund fünf Millionen Tonnen pro Jahr.
Scharfe Kritik an Trumps Kurs übte auch die deutsche Metallbranche: Die USA verstießen mit den angekündigten Zöllen eindeutig gegen die WTO-Regeln, erklärte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff. Die EU müsse "konsequent mit den Instrumenten dagegen vorgehen, die die WTO hierfür bereitstellt".
Nach Einschätzung des DIHK bedroht US-Präsident Donald Trump mit seiner angekündigten Verhängung von Strafzöllen gegen Stahl- und Aluminium-Importeure das gesamte Welthandelssystem. "Letztlich könnte das zweifelhafte Berufen auf eine Klausel für die nationale Sicherheit in der WTO das gesamte Welthandelssystem erschüttern", kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, am Freitag die US-Pläne. "Die Gefahr ist groß, dass andere folgen und das WTO-System zum Nachteil aller weiter aushöhlt", warnte er. Die hoch-internationalisierte deutsche Wirtschaft sei wie kaum eine andere in der Welt auf offene Märkte und ein funktionierendes Welthandelssystem angewiesen.
"Die Entscheidung des US-Präsidenten, in der nächsten Woche weitreichende Strafzölle zu verhängen, verunsichert die deutschen Unternehmen erheblich", sagte Wansleben. Trump mache mit seiner Androhung von Zöllen ernst mit dem, was er bereits bei seinem Amtsantritt angedroht hatte. "Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium kosten die deutsche Wirtschaft Millionen." Damit werde der Marktzugang in die USA erschwert. Betroffen seien aber auch die US-Verbraucher, die mit höheren Preisen rechnen müssten. "Die EU sollte sich gerade jetzt gegen diese Entwicklung stemmen", forderte Wansleben. Es gelte aber auch, die Gesprächskanäle nach Washington offen zu haben. "Gemeinsam mit internationalen Partnern sollte die EU bei der WTO und mit eigenen Maßnahmen mit Augenmaß nun gegen die US-Entscheidung vorgehen."
Geringes deutsches Handelsvolumen
Die deutschen Stahlexporte in die Vereinigen Staaten nahmen zwischen 2011 und 2017 laut Washingtoner Handelsministerium zwar um etwa 40 Prozent zu. Deutschland rangiert aber unter den Ländern, die Stahl in die USA einführen, nur an achter Stelle.
Darauf weist auch Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Behrenberg Bank; hin: "Handelskrieg ist ein zu großes Wort, aber es ist ein Scharmützel. Die EU wird zurückschlagen - aber versuchen, das nicht eskalieren zu lassen. Die direkten Folgen für die Konjunktur sind ausgesprochen gering. Denn so groß ist das gegenseitige Handelsvolumen mit Stahl und Aluminium nicht.
Allerdings ist die Gefahr groß, dass das Geschäftklima auf beiden Seiten des Atlantiks leidet, weil nun ein neuer Unsicherheitsfaktor entstanden ist. Die Stimmung in der Wirtschaft könnte deshalb von 'euphorisch' auf 'gut' sinken."
wa/se/tko (dpa, afp, rtr)