Die Diskussion war absehbar: Sollen wir dieses Jahr auf den Weihnachtsmarkt gehen? Familien reden sich am Küchentisch in Rage. Im Trend liegt ein mehrheitliches Nein der Mütter. "Muss dieses Jahr nicht sein, zu gefährlich und mit den Kindern schon gar nicht!" Männer - ob Väter oder nicht - bleiben eher rational-gelassen und warten mit Erfahrungswerten auf: Nie ist es sicherer, glauben sie zu wissen, als unmittelbar nach einem Anschlag.
Gespräche wie diese zeigen eines: Das Abstrakte des Terrors wird nun offenbar. Er frisst sich als Angst in unsere Herzen und Gedanken. Kann ich noch zu einem Rock-Konzert gehen oder ins Fußballstadion? Was ist mit unseren Schulen und Kindergärten? Ist Bahnfahren noch sicher? Und bald ist ja schon wieder Karneval. Die Angst ist begründet. Doch bevor sie sich zur Paranoia auswächst, müssen wir einmal durchatmen: Ja, der Feind ist unsichtbar, er marschiert nicht vor aller Augen auf. Er ist erst wahrnehmbar, wenn es schon zu spät ist, wenn die Verletzten von den Toten getrennt werden. Aber: Welche Konsequenzen ziehen wir aus diesem Befund?
Professionellen Schutz verstärken
Unabdingbar ist der Ausbau der Sicherheitsstandards. Wir fanden es jahrelang völlig in Ordnung, unsere Polizei kaputt zu sparen. Priorität hatte die Kostenentlastung. Stellen wurden gestrichen und dafür Überstunden angehäuft. Polizeibeamte gelten als besonders frustrierter Berufsstand. Vor allem die polizeiliche Technik hat allenfalls den Charme vergangener Zeiten, ist aber alles andere als modern. Natürlich können uniformierte Polizisten nicht alles verhindern, was Selbstmord-Kommandos planen. Doch mehr Präsenz im öffentlichen Raum verschafft uns mehr Sicherheit. Ein paar aufmerksame Augen mehr sehen auch mehr.
Das gilt auch für Verfassungsschutz und Geheimdienste. Es ist ein Irrglaube, wir könnten in Deutschland nach sieben Jahrzehnten Frieden und 25 Jahre nach dem Niedergang des Kommunismus ohne diese Dienste auskommen. Wer, wenn nicht die Genannten, sollen denn das Wissen sammeln, um geplante Attentate aufzudecken und zu verhindern? Gleich mehrere geplante Anschläge in Deutschland wurden in den vergangenen Jahren mit Hilfe fremder Geheimdienste aufgedeckt. Das spricht nicht für die eigene Kompetenz. Es sollte unser eigener Anspruch sein, über islamistische Aktivitäten bei uns selbst im Bilde zu sein.
Prioritäten setzen: Fahndung im Netz stärken
Sich ein Bild zu machen, heißt auch, das Netz zu kontrollieren. Datenschutz aber ist in Deutschland eine heilige Kuh. Briten, Amerikanern und auch Franzosen ist das in dem Ausmaß fremd und völlig suspekt. In Zeiten terroristischer Gefährdung müssen Prioritäten gesetzt werden. Schutz für Leib und Leben ist höher zu bewerten als der Schutz persönlicher Daten. Es gibt keine Sicherheit ohne Einschränkungen beim Datenschutz. Wir sollten uns da nichts vormachen. Nicht alle Freiheitsrechte können im Leben am Rande des Ausnahmezustandes garantiert werden. Oder sollen wir empört sein, wenn uns französische Sicherheitskräfte Hinweise geben auf Anschläge in Deutschland, die mit Mitteln gewonnen wurden, die für deutsche Behörden ungesetzlich wären?
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