Schwer zu vermitteln
Am Toten Meer ist der tiefste Punkt der Erdoberfläche. Der Vergleich mit der politischen Situation in der Region drängt sich auf. Diese Analogie hat auch der deutsche Außenminister auf der letzten Station seiner Reise genutzt: Finster sieht die Lage in den Ländern des Nahen und Mittleren Osten aus, besonders düster in Syrien.
Zwei Regionalmächte könnten entscheidend dazu beitragen, dass sich diese Situation ändert: Iran und Saudi-Arabien - beide keine Musterbeispiele für Demokratie und Einhaltung der Menschenrechte. Wenn Frank-Walter Steinmeier diese beiden Länder direkt nacheinander besucht, die sich so spinnefeind sind, dass man mit einer Linienmaschine diese Tour nicht unternehmen könnte, dann darf man vermuten, dass er sich bemüht zu vermitteln. Dass er versucht, Teheran und Riad dazu zu bringen, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, um eine Lösung für Syrien zu erarbeiten.
Aber einer der häufigsten Sätze, die Steinmeier bei seinen Statements benutzt, lautet: "Wir sind nicht hier, um zu vermitteln." Fragt man nach, was er dann hier will, heißt es: "Ausloten dessen, was möglich sein könnte." Hinschauen, wo Brücken gebaut werden könnten und dieses Wissen weitergeben an die, die zuständig sind für die Vermittlung. Wer soll das sein? "Staffan de Mistura, der UN-Sonderbeauftragte." Doch wieviel Rückhalt genießt der?
Es ist sicher richtig, dass Deutschland in der Region keiner der großen Player ist. Dass die Bundeswehr nicht das Instrument ist, mit dem sich Druck bei Verhandlungen aufbauen ließe. Dass Deutschland gut beraten ist, sich außenpolitisch im Konzert mit der Europäischen Union zu bewegen. Dass es mit der Vermittlung in der Ukraine reichlich beansprucht ist. Dass die USA und Russland im Nahen und Mittleren Osten eigene Interessen verfolgen - mit sehr viel mehr Macht.
Trotzdem: Wenn der deutsche Außenminister zum Abschluss seiner Reise davon spricht, dass entscheidend ist, dass es Staaten und Persönlichkeiten geben müsse, die bereit seien, Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen, gilt das auch für ihn. Vermitteln dauert. Eine Lösung für Syrien dauert lange, die Menschen werden weiter zu Tausenden fliehen. Auch nach Deutschland werden noch mehr als die eine Million in diesem Jahr kommen. Der Vermittler kann da schnell zum Schuldigen erklärt werden. Ein Vermittler kann scheitern.
Nennen wir es doch anders, statt Vermitteln vielleicht Makeln - schließlich hat Deutschland in der Region doch das Image des ehrlichen Maklers. Nennen wir es mit dem Außenminister Ausloten oder Brückenbauen, nennen wir es Gespräche führen.
Ich würde es gern Handeln nennen.
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