Vergebliche Reisediplomatie
19. Oktober 2015"Wir sind nicht hier, um zu vermitteln." So oder ähnlich formuliert der deutsche Außenminister diesen Satz immer wieder auf dieser Reise. Genau dieser Schluss aber liegt nahe bei der Reise an den Golf, auf der Frank-Walter Steinmeier die beiden großen regionalen Gegenspieler Iran und Saudi Arabien besucht. Der Krieg in Syrien dominiert alle Gespräche. "Wir wünschen uns, dass der Iran eine konstruktive Rolle in der internationalen Gemeinschaft und gegenüber seinen Nachbarn spielt", sagt Steinmeier in einer Rede in Teheran. Zwei Tage später hieß der entsprechende Satz: "Wir bitten Saudi-Arabien um Unterstützung dabei, eine politische Lösung für Syrien zu finden."
Iran: vom Paria zum Partner?
Zwölf Jahre war kein deutscher Außenminister mehr im Iran. Steinmeier wurde empfangen wie ein Star. Erst das Atomabkommen öffnet Iran wieder die Türen zur globalen Bühne, und das Land zeigt deutlich, dass es wieder ein Rolle spielen will. Aber Steinmeier macht deutlich, dass es kein umstandsloses Anknüpfen an die guten, alten Beziehungen geben kann. "Jetzt ist die Frage, ob der Iran seine Verpflichtungen erfüllt." Er habe bei seinen Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass der Iran das tun wolle, aber: "Ergebnisse erwarte ich nicht vor Ende Januar." Und selbst dann könne man nicht zur Tagesordnung übergehen: Auch die feindliche Haltung des Landes gegenüber Israel und besonders Teherans Unterstützung von Syriens Machthaber Baschar al-Assad stehen als Hindernisse im Weg.
"Ich bitte den Iran, Einfluss auf Assad zu nehmen, um erste Schritte einer Deeskalation zu gehen", sagt Steinmeier beim gemeinsamen Auftritt mit seinem iranischen Amtskollegen Zarif. Der aber nimmt seinen Verbündeten Assad in Schutz. "Das syrische Volk muss entscheiden", lautet die Formel, auf die sich Zarif zurückzieht. An die gewünschte konstruktive Rolle gegenüber dem Nachbarn Saudi-Arabien ist derzeit nicht zu denken. Das Unglück von Mekka mit den vielen Toten, darunter viele Iraner, belastet das traditionell schlechte Verhältnis noch weiter. Zarif wiederholt den Vorwurf, die saudische Regierung habe die Tragödie provoziert oder zumindest gebilligt.
Saudi-Arabien: die andere große Regionalmacht
Diesen Vorwurf kann die saudische Regierung als Hüterin der Heiligen Stätten nicht akzeptieren. Entsprechend ist die Bereitschaft, sich zur Syrien-Frage mit dem Iran an einen Tisch zu setzen, von gering auf null gesunken. Offiziell sagt der saudische Außenminister Abel al-Jubeir, man würde selbstverständlich mit dem Iran zusammenarbeiten, stellt dann aber Bedingungen: "Iran muss sich aus Syrien zurückziehen, muss seine Unterstützung für Assad aufgeben und auch die Hisbollah-Kämpfer aus Syrien abziehen."
"Strategische Geduld" nennt Frank-Walter Steinmeier als eines seiner wichtigsten diplomatischen Grundlagen. Diese aber ist nicht mehr angebracht, was den Umgang mit den Flüchtlingen angeht. Da erwartet er mehr von den Golfstaaten. Zwar könne niemand einem Staat vorschreiben, wieviele Flüchtlinge er aufnehme. Aber helfen könne man auch anders: "Kuwait ist da besonders hervorzuheben, mit seiner großen finanziellen Unterstützung für die Flüchtlinge, die in den Lagern in Jordanien leben."
Hinter dem Schlagschatten Syrien
Syrien hat alles andere überschattet bei diesem Besuch. Die Fortschritte, die Saudi-Arabien bei der Berufsbildung von Frauen macht. Die Hoffnungen der jungen Iraner auf die Öffnung ihres Landes, die deutlich wird beim Auftritt Steinmeiers an der Universität. 6500 Iranerinnen und Iraner studieren in Deutschland. "Berg und Berg kommen nicht zusammen, aber Mensch und Mensch", zitiert der deutsche Außenminister ein iranisches Sprichwort.