Nun ist es also offiziell: Amerika hat die Europäische Union, Kanada und Mexiko mit bereits angekündigten Strafzöllen auf Stahl und Aluminium belegt. Wie zu erwarten war, hat Donald Trump dem Druck seiner einstmals befreundeten Handelspartner nicht nachgegeben. Auch schlug er die Ratschläge seines eigenen Verteidigungsministeriums sowie der amerikanischen Autoindustrie in den Wind und erntete damit Kopfschütteln in vielen Regierungen der Welt.
Die Europäer sind gerechtfertigterweise sauer darüber und haben jedes Recht, mit eigenen Einfuhrzölle auf amerikanische Produkte von Whiskey bis Harley-Davidson Motorrädern zu antworten. Doch gemeinsam mit einer Stimme gegen Trump anzugehen, ist keine leichte Aufgabe für die oft zerstrittene EU, denn ihre 28 Mitgliedsstaaten sind oft zurückhaltend in ihrem Bestreben und wollen es nach Möglichkeit jedem recht machen. Mexiko dagegen ist bereit Zähne zu zeigen, indem es angekündigt hat, eigene Strafzölle auf ausgewählte US-Produkte zu erheben.
Und dennoch: Der US-Präsident scheint bereit, die Kampfansage anzunehmen, obwohl niemand ernsthaft glauben kann, dass ein Handelskrieg zu gewinnen ist. Aber was im Kreuzfeuer von Tweets, politischem Aufschrei und kleinlichem Herumgeheule unterzugehen droht, ist die Tatsache, dass die USA durchaus das Recht haben, eine Veränderung der globalen Handelsbeziehungen zu fordern - auch wenn sie dies unter dem Vorwand angeblicher nationaler Sicherheitsinteressen tun.
Für mich, der ich in Detroit aufgewachsen bin, aber seit vielen Jahren in Europa lebe, wird immer klarer, dass jede Seite sich jetzt zurücknehmen sollte, um allmählich damit zu beginnen, an einer fairen und konstruktiven Lösung zu arbeiten.
Willkürliche Einmischung
Leider scheint auch immer klarer zu werden, dass die amerikanische Regierung ihre Taktik der Einschüchterung von vermeintlich schwächeren Partner in der Welt - also praktisch jedem anderen Land gegenüber - auch in Zukunft anwenden wird.
Unter Geschäftspartnern war Donald Trump von jeher für seine Drohgebärden und sein seltsames Gehabe bekannt. Doch jetzt ist sein rüdes Verhalten drauf und dran, die Politik seiner Regierung zu prägen, und dabei unterschiedslos jahrzehntelange Kooperationsbeziehungen mit anderen Ländern ad acta zu legen.
Viele hatten geglaubt, dass Deregulierung der eigentliche Markenkern Trumpscher Politik ist, was seine Steuerreform und das Zurechtstutzen von Finanzmarktgesetzen aus der Obama-Zeit scheinbar erkennen ließen. Doch bei der internationalen Handelspolitik schaut der US-Präsident offensichtlich ganz besonders genau hin und scheut nicht davor zurück, selbst die Chefs von Großunternehmen zu behandeln wie unmündige Kinder.
Doch im Getöse seiner nationalen Interessenspolitik überhört er dabei die wahren Opfer seiner Strafzölle - die eigenen Unternehmen. Im Vorfeld der aktuellen Entscheidung war von ihnen vielfach zu hören, dass die Einsätze bei diesem Poker-Spiel zu hoch seien. Nun können sie nur noch darauf hoffen, dass die Strafzölle bloß ein einmaliger Einsatz mit hohem Risiko waren und nicht zu einem Handelskrieg mit ungewissem Ausgang für alle und jeden führen.
Sicherlich sind positive Zeitungsberichte über vermeintlich gesicherte amerikanische Jobs Labsal für die Seele des Präsidenten. Aber sie bedeuten gar nichts, solange er mit seiner sprunghaften Politik den Unternehmern ständig unangenehme Überraschungen bereitet.
Denn eines ist klar: Was Unternehmen noch mehr hassen als Zölle und Steuern, ist Ungewissheit, weil genau das zum echten Wachstumskiller werden kann. Plötzliche Veränderungen in den globalen Wertschöpfungsketten zwingen die Firmen, nach teuren Auswegen zu suchen. Die dabei entstehenden Kosten bei Kapitalbeschaffung und Produktion werden unweigerlich bei den Kunden auf der ganzen Welt als höhere Preise landen.
Wer im Glashaus sitzt…
Machen wir uns nichts vor: Zölle hat es schon immer gegeben und wird es auch weiterhin geben. Was die Zölle auf Stahl und Aluminium betrifft, so verwundert allerdings ihre Willkürlichkeit. Die EU glaubt, sie hätten wenig mit wirtschaftlicher Vernunft zu tun und noch weniger mit beiderseitig konstruktivem Verhandeln. Und Trump denkt wahrscheinlich, dass er damit sein Wahlversprechen vom "America First" glänzend an seine Wählerschaft in den übrig gebliebenen industriellen Regionen der USA verkaufen kann.
In der Tat: Eine Studie des deutschen Ifo-Instituts hat kürzlich herausgefunden, dass es wirklich ein Ungleichgewicht im Handel zwischen den USA und Europa gibt und amerikanische Importzölle allgemein niedriger sind als die der EU. Es ist also auch ein Körnchen Wahrheit in Trumps Argumentation, und sein wiederholt bemühtes Beispiel von Importzöllen auf Autos, die in der EU zehn Prozent betragen und in den USA nur 2,5 Prozent, ist keine Mär. In anderen Fällen liegen die Dinge allerdings umgekehrt.
Trotz aller Zahlen und Fakten scheint die Sachlage jedoch im Moment so zu sein, dass sich beide Seiten verrannt haben und keiner in der Lage ist, eine praktikable Lösung des Handelsstreits vorzuschlagen, bei der Gesichtswahrung mit Jobsicherung und freiem Handelsverkehr einhergeht.
Die Europäer wollen nun ihrerseits Strafzölle verhängen und die Welthandelsorganisation einschalten, worauf Trump wahrscheinlich noch sturer reagieren wird. Dabei ist es eigentlich egal, ob die Maßnahmen zu Recht getroffen wurden oder gegen internationales Handelsrecht verstoßen. Ganz sicher steht China schon bereit, die entstehenden Handelslücken zu füllen.
Was bleibt, ist ein fader Nachgeschmack und ein lang anhaltender Schaden für die transatlantischen Beziehungen. Um jedoch beim globalen Handel an der Spitze zu bleiben, müssen alle Seiten - die USA, die Nafta-Länder Kanada und Mexiko sowie die Europäische Union - ganz schnell realistische Erwartungen und konstruktive Beiträge auf den Verhandlungstisch bringen. Stahlharte Nerven sind dabei natürlich auch gefragt, Es ist wichtig, Vertrauen wieder zugewinnen. Denn ohne ein vertrauensvolles Miteinander in der Handelspolitik sieht die Welt bald ziemlich düster aus.
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